Verlockung
auch ganz schön, sich mit einer Leidensgenossin austauschen zu können.“
Was sollte das?! Warum war sie so freundlich und vertraute mir diese Dinge an?! Sie konnte doch nicht wirklich annehmen, dass wir etwas wie Freundinnen werden könnten… Allerdings war sie wirklich nett und wenn diese Sache mit Night nicht wäre, hätte ich mir durchaus eine Freundschaft mit ihr vorstellen können… Nein, so leicht durfte ich mich nicht einwickeln lassen.
Darum nickte ich nur vage und erwiderte vorsichtig: „Ja, das wäre sicher nett.“
„Das ist schön. Ich muss jetzt weiter, ich hoffe wir sehen uns bald wieder“, damit schritt sie grazil eine der Treppen hoch, wandte sich um und sagte: „Danke nochmal für vorhin“ und eilte davon.
Den Nachmittag verbachte ich grübelnd im Bett. Ich wurde aus Faith einfach nicht schlau. Wie man es auch drehte und wendete sie war hinter Night her, das hatte sie mir unverblümt ins Gesicht gesagt. Wie sollte ich gegen sie nur ankommen?! Wir waren keine Konkurrentinnen… Dafür musste man doch wenigstens in derselben Liga spielen, was bei uns absolut nicht der Fall war…
„Na, bläst du noch immer Trübsal?“, fragte Thunder, die ins Zimmer gekommen war.
„Lass mich einfach in Ruhe.“
„Jetzt komm schon. Es gibt noch so viele andere Jungs, muss es gerade er sein?“, fragte sie und setzte sich zu mir aufs Bett.
„Du verstehst das nicht.“
„Ich verstehe nur, dass du in Selbstmitleid versinkst.“
„Und wenn schon.“
Sie rüttelte mich barsch an der Schulter. „Wenn du dich schon so sehr in ihn verliebt hast, dann bekomm jetzt deinen Hintern hoch und gib nicht kampflos auf. Du hast immerhin auch Chancen. Er mag dich, sonst hätte er dir nicht schon so oft geholfen und Zeit mit dir verbracht. Von daher ist nichts verloren. Streng dich an und mach dieses Weib platt.“
Ich war zunächst erstaunt über diese aufmunternden Worte, seufzte dann aber entmutigt: „Was soll ich denn tun?“
„Du musst endlich den Kampf aufnehmen. Die erste Regel ist dabei, seinen Feind zu studieren, du musst ihn in und auswendig kennen. Finde die Schwachstellen und mache sie dir zu nutzen. Du bist im Krieg, also streng dich an. Außerdem, “ fügte Thunder mit einem Augenzwinkern hinzu: „Vergiss eines nie. Sobald ihre Schule wieder instand gesetzt ist, wird sie von hier verschwinden.“
Damit hatte sie wohl Recht. Ich versuchte ein Lächeln und fühlte mich tatsächlich etwas zuversichtlicher als zuvor. „Danke, ich werde nicht aufgeben.“
Sie lachte: „Kein Problem, aber als Dankeschön bekomme ich dafür eurer erstgeborenes Kind.“
Mein Blick verdüsterte sich: „Sehr witzig.“ Ich riss das Kopfkissen hervor und warf es nach ihr. Thunder wich aus und kicherte: „Was denn, wollt ihr etwa keine?!“
Am nächsten Morgen hatte ich mir einen ersten Schlachtplan zurechtgelegt. Ich wollte gleich am Nachmittag erste Informationen einholen. Zu mindestens war es ein gutes Gefühl etwas tun zu können, ob es mir nun weiterhalf oder nicht.
Auf dem Weg zum Frühstück war ich jedenfalls um einiges zuversichtlicher.
„Hast du die Hausaufgaben für Trankkunde gemacht?“, fragte Thunder Shadow. Die verdrehte genervt die Augen. „Wenn du schon so fragst, weiß ich verflucht genau, worauf du hinaus willst.“
„Ach komm schon, ich lass dich dafür Mathematische Magie abschreiben.“
„Als ob du mir damit einen Gefallen tun würdest.“
„Gabriela, kann ich bei dir abschreiben?“, fragte Thunder mich mit großen, bettelnden Augen.
Ich wollte gerade etwas erwidern, als ich eine Bewegung neben uns wahrnahm. Ich blickte zur Seite, doch der Flur war leer. In diesem Moment kreischte Shadow auf; ihr Gesicht verfinsterte sich schlagartig, sie holte mit dem Fuß aus und trat zu. Ein braunes Wesen flog schlitternd über dem Boden, prallte gegen eine Wand und blieb liegen.
„Was ist das?“, fragte ich und betrachtete das seltsame Ding, als wir uns darum aufgebaut hatten. Es war vielleicht vierzig Zentimeter groß, hatte eine braune Farbe und einen runden Kopf mit spitzen kleinen Ohren. Es öffnete die schwarzen Augen und blickte uns an. Seine kurzen stämmigen Arme ruderten, da es wohl versuchte wieder auf die stummeligen Beine zu kommen. Leider war der Bauch so dick, dass es ein ziemlich schweres Unterfangen war.
„Ein Baumgeist“, sagte Thunder und kniff ihm in den speckigen Arm.
„Dieses verfluchte Mistvieh ist mir unter den Rock gekrochen und hat mich ins Bein
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