Verlockung
annähernd fertig werden wollte.
Ganz ruhig, sagte ich zu mir. Mach eine Aufgabe nach der anderen. Dann klappt es schon. Ich widmete mich also der ersten. Leider kam ich nicht mal mit der Aufgabenstellung zurecht. Immer wieder las ich diese durch. Die Worte wollten aber nicht zu meinem Hirn gelangen. Ich war einfach viel zu müde. Mir war, als wäre ich in Watte gepackt, besonders mein Kopf. Dazu kam noch, dass alle um mich herum, wie wild drauflos schrieben. Sie rechneten, zeichneten und tippten Zahlenreihen in ihre Taschenrechner. Vorsichtig linste ich zu meiner Sitznachbarin hinüber. Auch sie war tief in ihre Arbeit versunken. Was sie schrieb, konnte ich nicht erkennen, aber es hätte ohnehin nichts genützt. Es gab A und B Klausuren. So hatte jeder Sitznachbar andere Aufgaben.
Mit einem Seufzen wandte ich mich wieder meiner eigenen Arbeit zu. Ich musste mich nur besser konzentrieren und mich daran erinnern, was ich mit meinen Freundinnen so eifrig geübt hatte. Noch einmal las ich die Aufgabe durch. Allmählich glaubte ich zu wissen, was zu tun war. Endlich konnte ich mich an der Rechnung versuchen.
Ich kam nur langsam voran, aber immerhin... Als es klingelte war ich noch nicht ganz fertig, hatte aber bis auf zwei Aufgaben alles geschafft. Ich hatte keine Ahnung, ob ich richtig gerechnet hatte. In meinem Zustand war es jedoch durchaus eine Leistung, dass ich überhaupt so weit gekommen war.
„Und wie ist es gelaufen?“, fragte Thunder nach der Stunde, als wir uns wieder getroffen hatten.
„Keine Ahnung. Ich bin eigentlich nur froh, dass es vorbei ist.“
„Du siehst echt fertig aus“, stellte sie fest. „Vielleicht wärst du doch lieber im Bett geblieben.“
Ich winkte ab, konnte aber ein Gähnen nicht unterdrücken. „Es geht schon. Das Schlimmste ist ja nun überstanden.“
„Na, da wäre ich mir nicht so sicher. Du musst Night noch erwischen, um ihm dein Geschenk zu geben. Glaub mir, an solchen Tagen ist er besonders schwer zu finden. Aber vielleicht machst du es auch einfach wie die anderen und wirfst es ihm in den Spind. Dann hast du es hinter dir.“
Das würde ich auf gar keinen Fall. Immerhin wollte ich sehen, ob sie ihm gefielen. Vielleicht würde er sich sogar richtig darüber freuen. Ich musste lächeln, als ich die Szene vor meinen Augen ablaufen sah.
„Meine Güte?! Was grinst du denn so?“, wollte Thunder wissen. „Sieht irgendwie gruselig aus.“
Ich stieß sie nur rüde mit dem Ellbogen in die Seite. „Sehr witzig.“
„Ein Penny für deine Gedanken“, neckte sie mich weiter. Zum Glück waren wir am nächsten Klassenzimmer angekommen, so dass Thunder endlich Ruhe gab. Wir hatten nun Geschichte. Eine besonders schwere Prüfung für mich. Unter normalen Umständen war es schon eine Kunst sich wach zu halten. Nun aber, war es kaum zu verhindern, dass mir ständig die Augen zufielen. Als es klingelte, hätte ich nicht mit Sicherheit sagen können, ob ich nicht doch eingenickt war.
Nach dem Mittagessen sank meine Laune immer tiefer. Stets hatte ich die Augen offen gehalten und sogar zu suchen begonnen. Nicht einmal an seinem Lieblingsplatz war Night zu finden gewesen. Es war mir ein Rätsel wo er sich herumtrieb und ich schleppte weiterhin die Pralinen mit mir herum. Allerdings kam ich mir von Minute zu Minute blöder dabei vor. Vielleicht sollte ich sie wirklich einfach in seinen Schrank werfen… Irgendetwas hielt mich aber davon ab. Immerhin hatte ich mir so viel Mühe gegeben, da konnte man doch verstehen, dass ich wenigstens ein Dankeschön hören wollte. Nur, wenn das so weiterging wäre Valentinstag vorbei ohne, dass er sein Geschenk bekommen hätte. Aber es blieb ja noch ein wenig Zeit…
Beim Abendessen hatte ich überhaupt keinen Appetit mehr. Frustriert blickte ich auf die Brote vor mir und konnte doch nichts essen. Das hatte sich ja wirklich gelohnt. Mitten in der Nacht aufstehen, sich abmühen und todmüde durch eine Klausur zu quälen. Alles umsonst.
„Jetzt lass den Kopf nicht hängen“, versuchte Céleste mich aufzumuntern. „Vielleicht findest du ihn ja noch.“
„Zur Not, schmeiß die Sachen eben in den Spind“, meinte Thunder.
Inzwischen blieb mir wohl kaum etwas anderes übrig. Außerdem hatte ich keine Idee mehr wo ich ihn noch suchen sollte. Es widerstrebte mir zwar, aber es war anscheinend die einzige Möglichkeit, die mir blieb.
„Ok, anders geht es nicht. Ich geh dann mal, Hunger hab ich sowieso keinen mehr.“
Die drei
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