Verlockung
mich sacht hinter sich schob.
Der silberne Faden, der aus meinem rechten Bein zu wachsen schien, blieb an mir haften. Wie all die anderen reichte auch meiner zu der Kreatur hin. Ein kurzer Blick auf Night genügte; auch aus ihm wucherte ein solcher Faden. Natürlich hatte ich den Dämon längst erkannt. Genau dieses Ding hatte ich damals nachts im Flur getroffen, als mir niemand hatte Glauben schenken wollen. Nun verstand ich auch, warum die Veparis sich nicht hatten rufen lassen. Sie hatten es gewusst. Sie hatten gewusst, dass er die Schutzzauber gebrochen hatte und der Angriff bevorstand. Nur was waren das für Fäden?!
Night erklärte in einem fast geräuschlosen Wispern: „Ein Mytha.“
Meine Augen weiteten sich vor Schreck; natürlich hatte ich es im Grunde gewusst. Allerdings wog die Bedeutung viel schwerer, war es erst einmal ausgesprochen Es war kein Traum, keine Einbildung und nun ließ sich auch nichts mehr schön reden. Der Dämon war hier und würde nun sein Werk beenden. Er war gekommen, die Schule zu zerstören! Was sollten wir tun?! Wir konnten nicht unbemerkt in das Gebäude gelangen, denn die einzig offene Tür, war diese hier und die führte unweigerlich an dem Dämon vorbei. Plötzlich ruckte das Geschöpf in die Höhe, als hätte es etwas entdeckt, das es in pure Aufregung versetzte. Der Kopf wandte sich erwartungsvoll in unsere Richtung.
Ohne von dem Dämon wegzusehen, sagte Night nur ein Wort zu mir: „Lauf!“
Ich zögerte keine Sekunde, wandte mich um und rannte so schnell ich nur konnte. Night war nach wenigen Schritten vor mir, nahm mich an der Hand und zerrte mich förmlich hinter sich her.
„Komm, beeil dich“, trieb er mich an.
Ich spürte die kühle Nachtluft um mich herum. Vor allem aber fühlte ich das Wesen in meinem Nacken. Es war viel zu schnell und holte in rasantem Tempo auf. Dabei schien es sich keine große Mühe zu geben. Es war vielmehr, als würde es sich einen Spaß aus dieser Jagd machen, denn Gewinner und Verlierer standen von Anfang an fest.
„Ich bleib gleich stehen, du rennst weiter, machst einen Bogen um uns und rennst zur Schule zurück, klar?! Du musst Hilfe holen!“
Ich sah ihn entsetzt an und schüttelte vehement den Kopf, als die Bedeutung seiner Worte endlich zu mir durchgedrungen war: „Nein, das geht nicht. Ich kann dich hier nicht alleine zurücklassen, das Ding wird dich umbringen.“
„Wir haben keine Wahl, er ist viel schneller als wir. Wenn er wollte, hätte er uns bereits eingeholt, es ist nur eine Frage der Zeit, bis er das Spiel beendet und sich auf uns stürzt. Du läufst jetzt weiter“, erklärte er, blieb stehen und gab mir einen sanften Schubs, um mich anzutreiben. „Los, beeil dich!“
Vollkommen überrumpelt hastete ich ein paar Schritte an ihm vorbei. In meinem Kopf überschlugen sich die Gedanken und Gefühle. Ich konnte ihn unmöglich hier lassen, andererseits brauchten wir Hilfe. Ich rannte weiter, als mir plötzlich etwas die Beine wegriss. Ich sah den Boden auf mich zurasen; kurz darauf spürte ich ein schmerzhaftes Ziehen an meinem Bein. Etwas wand sich mit stahlharter Kraft um mein Fußgelenk. Ich betrachtete es und stellte fest, dass sich eine Art Ranke wie eine Fessel, darum schlang. Der Dämon wollte mich an der Flucht hindern und hatte es wohl auch geschafft. Wer sollte uns nun zur Hilfe kommen?! Niemand wusste wo wir waren und in welcher Gefahr wir schwebten. Mein Herz hämmerte wie von Sinnen gegen meinen Brustkorb. Der Dämon ging währenddessen in Lauerstellung, legte den Kopf schief, starrte uns an und gab seltsame Zischlaute von sich, die so unmenschlich waren, dass sie eine Gänsehaut über meinen Körper jagten.
Ohne ein weiteres Zeichen, war das Ding plötzlich in die Luft gesprungen, um sofort, wie eine Kanonenkugel in Richtung Boden zu schießen. Es war offensichtlich wen er im Visier hatte, doch Night gelang es in letzter Sekunde nach rechts auszuweichen. Er landete unsanft im feuchten Gras, doch immerhin blieb er unverletzt.
Der Dämon sprang ihm jedoch nach, hob den Arm und stieß mit den Krallen nach ihm. Night rollte sich beiseite und warf gleichzeitig einen grellen Blitz nach dem Ding. Er traf das Ungetüm tatsächlich und schleuderte es einige Meter weiter in den Dreck. Es fauchte wütend, änderte dann aber die Tonlage und plötzlich zerriss ein ohrenbetäubendes Geräusch die Nacht. Es tat so entsetzlich weh, dass ich glaubte mein gesamter Kopf würde zerspringen. Ich sank zu Boden und begann
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