Verlogene Schoenheit - Vom falschen Glanz und eitlen Wahn
doch sogar die könnte man liften.
Manchmal sieht eine operierte Frau wie eine Karikatur aus
Damit bin ich bei der Crux der Schönheiligkeit, die jedem ersichtlich ist. Nicht jeder Eingriff, jede Nachbesserung gelingt so, dass es im Ergebnis weitgehend natürlich aussieht. Und die wenigsten gelingen perfekt, wie wir an der Galerie der Schlauchbootlippen, die uns jede Woche in den Medien entgegenprangen, unschwer erkennen können. Es kommt auch vor, dass die Gesamtkomposition nicht mehr stimmt. Zum Beispiel, wenn sich eine Frau Augenlider, Nase, Wangen, Zähne, Hals und Busen behandeln lässt. Jedes Teil für sich ist zwar gut gearbeitet, doch das Gesamtbild ergibt keine Harmonie; es passt nicht mehr zusammen – manchmal wie bei einer Karikatur. Und ich fühle mich beim Anblicken einer solchen Disharmonie unwillkürlich an den bösen Witz vom Herrgottschnitzer von Oberammergau erinnert, von dem ein Tourist hartnäckig noch etwas mehr Schmerz im Gesichtsausdruck des Gekreuzigten verlangt. Der Handwerker greift zum Schnitzmesser, arbeitet nach und nach, bis er entsetzt das Werkzeug in die Ecke schmeißt und ruft: »Sakra! Jetzt lacht er!«
Ich möchte mich weiß Gott nicht über die Opfer solcher Verunstaltungen lustig machen. Ich verstehe auch, dass diese gebrandmarkten Frauen alles, was mit Schönheitsoperationen zu tun hat, weit und entsetzt von sich weisen. Wer möchte schon zugeben, dass man für solchen Pfusch, den man nun stets mit sich herumträgt, einen dilettantischen Arzt teuer bezahlt hat? Auch das ist ein Aspekt der Schönheiligkeit, ein trauriger, ja beinahe tragischer.
Bisweilen bringen prominente Frauen den Mut auf, über ihre Nachbesserungen zu sprechen, zum Beispiel schwören Ex-Model
Linda Evangelista, die Sängerin Anastacia oder »Sex in the City«-Star Kim Cattrall auf die glättende Wirkung des Nervengifts Botulinumtoxin Typ A, kurz Botox genannt. Courtney Fox, Jahrgang 1964, die mit der »Scream«-Trilogie und als »Monica« in der TV-Serie »Friends« ein Hollywoodstar wurde, sagte, dass ihr Botox in Stirn und andere Gesichtspartien gespritzt wurde, um ihre Haupt zu glätten und letztendlich ihr Aussehen zu verjüngen. Das wiederum fordere ihr Beruf; nur so könne sie gute Rollen ergattern. Courtney Fox wörtlich in einem Interview des amerikanischen Frauenmagazins »Marie Claire«: »Ich denke, Botox ist fantastisch und schrecklich zu gleich. Sie haben da einen Stoff erfunden, der verhindert, dass du ärgerlich aussiehst. Doch ich bin Schauspielerin und muss mein Gesicht bewegen können. Wenn die Leute nicht mal mehr ihre Augenbrauen heben können, ist das doch gruselig.«
Courtney Fox spricht damit ein Dilemma an, das viele Schauspielerinnen ihres Alters haben. Spritzt sie Botox, sieht sie gut aus, kann aber vor der Kamera nicht mehr so agieren, wie es die Rolle, die sie aufgrund ihres jugendlichen Aussehens bekommen hat, erfordert. Dazu muss man wissen, dass Botox Drüsen und Muskeln lähmt. Dadurch wird die Haut wieder glatt und straff. Man darf es aber nur sehr sparsam verwenden. Überdosierungen werden sofort bestraft und können zu einer wächsernen Gesichtsstarre führen. Die Gesichtsmuskulatur ist das größte Kapital einer ambitionierten Schauspielerin. Mit ihr kann sie Freude, Leidenschaft, Trauer, Verzweiflung ausdrücken. Nach zu viel Botox funktioniert das nicht mehr; das Gesicht der Schauspielerin wird praktisch ausdruckslos. Diese maskenhaften Gesichter mit einem Lächeln, das wir eingemeißelt anmutet, kann man auf vielen Promipartys beobachten.
Hollywood-Regisseur Martin Scorsese beklagte sich bitter, dass er schon seit Jahren kaum mehr eine Schauspielerin finde, die vor der Kamera richtig wütend aussehen kann. Sein australischer Kollege? Baz Luhrmann (»Moulin Mouge«) bestätigte in einem Interview mit der »Süddeutschen Zeitung«: »Sie können ihre Gesichter nicht mehr richtig bewegen.«
Auch bei uns in Deutschland ist Botox ein beliebtes Verjüngungsmittel – bei Frauen und Männern. Bei Schauspielern, in der Showund
TV-Branche genauso wie bei Akteuren in Wirtschaft und Politik. Wer im Licht der Öffentlichkeit steht, möchte gern eine glatte Fassade zeigen. Ich kann nur ausdrücklich vor den Gefahren warnen. Es mag noch angehen, Stirnfalten zu straffen, wenn sich das auf ein oder zwei Mal im Jahr beschränkt. Doch Botox in der Mundregion oder in der Augenpartie ist sehr gefährlich. Und wer sich mit Botox seine Lippen behandeln lässt, sieht furchtbar aus.
Das
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