Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Verlogene Schoenheit - Vom falschen Glanz und eitlen Wahn

Titel: Verlogene Schoenheit - Vom falschen Glanz und eitlen Wahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Mang
Vom Netzwerk:
zeigte. Oder war es eine Puppe? Kein Lächeln, keine Regung, keine Falte. Es wirkte glatt, starr und plastisch wie aus dem Wachsfiguren-Kabinett der Madame Tussaud. Eine Maske. Angeblich ist der Mann, der sie trägt, Jahrgang 1950. Er heißt Dr. Fredric Brandt und ist Dermatologe von Beruf. Mir erscheint er fast als »Zombie«, eine Ausgeburt von künstlicher Schönheit, die so abgrundtief hässlich wirken kann. Wenn schon der Arzt wie ein Zombie aussieht, wie sollen dann erst seine Patienten aussehen? Die Haare sind transplantiert, das Gesicht ist gestrafft, alles ist vollgepumpt – eine optische Katastrophe. Wenn schon die US-Schönheitsärzte so aussehen, ist es kein Wunder, dass auch ihre Patientinnen und Patienten immer unechter wirken.
    »König des Kollagens« wird Fredric Brandt gern in US-Zeitungen und Magazinen genannt. Und er ist ein ausgesprochener Fan von Botox, das er bei seinen Behandlungen massenhaft einsetzt – am liebsten bei sich selbst. »Ich verwende eine Menge; ich liebe es«, sagt Brandt. »Manchmal spritze ich mir sechs, sieben Ampullen.« Dann sieht man eben so aus, wie er aussieht. Und wenn er das noch schön findet, tun mir seine Patientinnen sehr leid. Brandt praktiziert in New York und Miami. In seiner New Yorker Praxis hat er sieben Behandlungsräume, und er schwirrt von einem zum anderen, von einer Patientin zur nächsten. »10 minutes, 10 years«, lautet sein Slogan. Er verspricht, dass seine Behandlung sofort zehn Jahre jünger mache. Er selbst sei das beste Beispiel für seine medizinische Kunst, wie er es tatsächlich ausdrückt.

Seine künstliche Schönheit ist schockierend hässlich
    Die Journalistin Britta Stuff schrieb über ihn: »Dr. Fredric Brandt hatte in seinem ganzen Leben noch keine einzige Falte. Seine Haut spannt sich über hohe Wangen, glatt und weiß wie ein unberührtes Schneefeld. Er sieht aus wie jemand, der nie geraucht oder gelacht hat, wie jemand, der nie in der Sonne war oder auch nur ein einziges Mal die Stirn gerunzelt hat. Inzwischen wäre das auch gar nicht mehr möglich. Dr. Brandt ist ein lebendes Werbeplakat für seine Praxis … Nicht dementiert hat er bislang, dass zu seinen Klienten Madonna, Michelle Pfeiffer, Lenny Kravitz, Naomi Campbell, Liz Hurley, Stephanie Seymour gehören. Eine Bestätigung hierfür gibt es jedoch nicht, denn über die Stars spricht man hier nicht. Dr. Fredric Brandt ist, und das sagt er mit Stolz, weltweit der größte Abnehmer von Botox, einem Nervengift, das man in Gesichtsmuskeln spritzt, um sie zu lähmen. ›Botox-Baron‹ nennen ihn die Zeitungen, manche sprechen von ihm als neuem Michelangelo, wenn sie schreiben, dass er statt Stein Fleisch bearbeite. Manche nennen ihn aber auch schlicht ›Dr. Horror‹. Fredric Brandt. 59 Jahre alt. Faltenfrei. Mimikfrei. Alterslos. Der perfekte Darsteller für ›Das Bildnis des Dorian Gray‹.«
    Brandt gilt als Erfinder des neuen »New York Baby Face«, auch »Y-Gesicht« genannt. Ein Autor der amerikanischen »Vogue« erklärt den Ursprung dieser neuen Schönheitsmode so: »Die Zeitschriften sind inzwischen voller Teenager, die, so dünn sie auch sein mögen, immer noch Babyspeck im Gesicht haben. Danach suchen die Frauen in ihren Vierzigern: Babyspeck!« Frauen um vierzig produzieren, so Brandt, immer weniger Östrogen. Als Folge verschwinde auch der letzte verbliebene Babyspeck, der das Gesicht voller, dynamischer und wesentlich jünger aussehen lasse. Inzwischen laufen jede Menge Damen zwischen vierzig und siebzig mit ziemlich ähnlichen Gesichtern durch Big Apple, Hollywood, Miami oder sonst wo. Alle haben ausdrucksvolle bis schlauchige Lippen, eine straffe Stirn, und alle haben diese an sich ganz süßen Puttenbäckchen, die bei jungen Mädchen hinreißend, bei reiferen Damen aber im besten Fall seltsam wirken.

    Viele von ihnen waren bei Fredric Brandt, der nicht mit dem Skalpell, sondern ausschließlich mit der Spritze arbeitet. Gern klappt er seine Ohren um und sagt: »Schauen Sie. Da sind keine Narben.« Brandt spritzt Botox, das er zärtlich »the bo« nennt, und injiziert jede Menge Füllstoffe ins Gesicht. Zahlreiche Kunden kommen alle paar Wochen. Die sehen dann noch im Sarg faltenfrei aus – wie vermutlich auch Fredric Brandt. Er sei eben eine andere Art von Künstler, sagt er sanft. Alles, was er seiner Kundschaft spritzt, probiert er vorher an sich selber aus.
    Die Journalistin Britta Stuff beobachtet bei ihrem Besuch, wie Brandt einen 48-jährigen

Weitere Kostenlose Bücher