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Verlogene Schoenheit - Vom falschen Glanz und eitlen Wahn

Titel: Verlogene Schoenheit - Vom falschen Glanz und eitlen Wahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Mang
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in München die »bella carrozzeria« der Baronin Renate von Holzschuher, die rund zehn Jahre lang Gespielin von Prinz Johannes von Thurn und Taxis war. Ihre Rundungen waren angenehm ausladend, ihre Oberweite eine garantiert freitragende Konstruktion, üppig und frech nach oben gereckt. Ihr Busen präsentierte sich von Natur aus so perfekt, dass heutzutage die Neider tuscheln würden, die Baronin habe sich die Brust richten lassen. Der liebe Gott hatte die blonde Schönheit beglückt, und das wiederum machte den Prinzen so glücklich.
    Mein großer brasilianischer Kollege und väterlicher Freund Ivo Pitanguy, der als Schönheitschirurg Weltruf genießt und mich regelmäßig in der Bodenseeklinik besucht, hatte schon viele Hollywoodstars unter dem Messer. Seine Karriere begann einst in einer ganz normalen Unfallklinik in Rio de Janeiro, und noch heute arbeitet er einen Tag in der Woche in diesem Haus. Neben den, an Wunder grenzenden, Reparaturen, die verunglückten Patienten ihr Selbstwertgefühl zurückgaben, wurde Pitanguy der berühmteste Körperschneider des Erdballs. Damals rechneten sich die Grazien im »Forever-good-looking-Biotop« von Kalifornien – schon die perfekte Schönheit vor Augen, aber noch um Lichtjahre von den blonden, silikon-geklonten Beach-Beauties von heute entfernt – als
Erste die Möglichkeit aus, auf dem Umweg über den Unfalldoktor dem Herrgott etwas nachzuhelfen. Mit Wünschen nach einer schöneren Nase, weniger Falten, einem größeren oder kleineren Busen. Das Po-Design kam erst viel später.

Für mich ist ein reifes Frauengesicht schön. Natürliche Klarheit ist in
    Jeder Mensch, der sich unbeobachtet im Spiegel betrachtet, verzieht oder reckt sein Gesicht so, wie er glaubt, am vorteilhaftesten auszusehen. Doch Selbsteinschätzung und Fremdurteil klaffen weit auseinander. Oft jagen Patienten einem Ideal nach, ohne die eigene Persönlichkeit zu berücksichtigen. Doch kann nicht auch ein reifes Frauengesicht ausgesprochen interessant und eben darum schön sein? Es heißt, dass man um die dreißig (noch) das Gesicht hat, das einem von der Natur gegeben wurde. Mit vierzig hat man dann das Gesicht, das man sich selbst verdient hat. Lassen Sie mich hierzu Wilhelm Schmid, einen bayrisch-schwäbischen Landsmann von mir, zitieren. Ich schätze ihn als Lebenskunstphilosophen sehr. Er schrieb: »Man macht das Leben zunichte, wenn man es ewig haben will, so wie man eine Lust zunichte macht, wenn man sie immer genießen will. Alle Lust will Ewigkeit, aber die Ewigkeit ist ihr Tod.«
    Wenn sich nun aber die Überzeugung – oder die Einbildung? – festgefressen hat, dass die Falten zu tief, die Nase zu groß, zu schief, zu höckerig ist, der Busen zu klein oder zu groß, entwickelt sich eine bedrückende Unzufriedenheit. Ein Rucksack voller Komplexe drückt auf die Psyche, ob nun berechtigt oder nicht. Des Menschen Wille ist bekanntlich sein Himmelreich, und bei solchen Störfaktoren helfe ich gern. Ich sträube mich allerdings, wenn Eingriffe verlangt werden, die das Typische einer Frau oder eines Mannes verändern und ihren Auftritt verfremden, nur weil der Trend es verlangt. Die Riesenwelle der Schlauchbootlippen ebbt glücklicherweise ja etwas ab. Zu mir in die Bodenseeklinik kommen Patienten aus der ganzen Welt, die wieder normal aussehen wollen: keine aufgespritzten Lippen, Mininasen, keine Megabrüste. Es war in meinen Augen
ein groteskes Kulturvergehen, dass man so etwas überhaupt zugelassen hat, dass Menschen auf so unzulässige Weise lächerlich gemacht wurden. Viele meiner Kollegen machen eben alles und um jeden Preis – ohne Rücksicht auf die gebotene medizinische Sorgfaltspflicht.
    Es war für mich ein Schock, als die Begum Inaara, die frühere Gabriele Prinzessin zu Leiningen, davor Dr. Gabriele Thyssen, eigentlich von Haus aus mit der strahlenden Schönheit einer Grace Kelly ausgestattet, eines Tages mit deutlich vergrößerten Lippen auftrat, was ihr Antlitz sehr veränderte. Nachdem ihre Ehe mit dem Ismaelitenführer Prinz Karim Aga Khan gescheitert ist, gewinnt ihr Gesicht das frühere Leuchten zurück. Hoffentlich ganz.
    Unberechenbar ist die Natur besonders dann, wenn man zu sehr an ihr herumdoktert, wie das Beispiel Michael Jackson zeigt. Und die Sucht nach pfirsichglatter Haut führt bei Damen im Lebensabschnitt des Hoch- und Spätsommers oftmals zu Katastrophen. Es gibt so viele Medizin-Gaukler, die das Schönheitswunder versprechen, aber wegen der vielen Mängelrügen

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