Verlogene Schoenheit - Vom falschen Glanz und eitlen Wahn
gespült werden. In den USA ist es mittlerweile üblich geworden, dass sich Jugendliche nach ihrem jeweiligen Vorbild operieren lassen. Da kommt ein junges Mädchen zum Arzt und sagt, sie wolle aussehen wie Britney Spears. Ein paar Jahren später kommt sie wieder und meint, dass ihr großes Vorbild nun so was von out sei und sie jetzt doch lieber aussehen wolle wie Paris Hilton. Einige Ärzte machen dieses Spiel mit, das heißt, junge Frauen werden zu Stammkundinnen, die sich in regelmäßigen Abständen zurechtschnitzen lassen. Sie bekommen das ja auch von einigen Stars vorgelebt, die so leichtfertig über ihre Schönheitsoperationen plappern – als hätten sie ein altes Pflaster entfernt und ein neues auf die Haut geklebt. Hier wäre beispielsweise Kerry Katona zu nennen, die ehemalige Sängerin der populären Band »Atomic Kitten«. Die dreifache Mutter berichtet mit Begeisterung, wie sie sich Fett absaugen und die Brust vergrößern ließ. Wörtlich wird sie im englischen »Ok!«-Magazin zitiert: »Ich würde mir jetzt noch gern Fett an meinen Beinen absaugen lassen. Ich bin süchtig danach.«
Ich kenne den Fall eines vierzehnjährigen Mädchens, das sich die Brust vergrößern lassen wollten und das auch einen Arzt fand, der den Eingriff machte, weil er eine gewisse Notwendigkeit sah: Die Patientin hatte unterschiedlich große Brüste; so wurde in die kleinere ein Implantat eingesetzt. Einige Jahre später kam sie wieder zum Arzt. Nun litt sie an zu großen Brüsten. Beide wurden also verkleinert und das Implantat entfernt. Solche Folgeeingriffe sind
bei Jugendlichen häufiger notwendig. Zudem tragen diese Patienten besondere Risiken. Die Narben wachsen noch und werden im Lauf der Zeit größer. Es kann dazu kommen, dass sich um das Implantat eine Narbe im Gewebe bildet; dadurch wird die Brust verhärtet und verformt. Ein neuerlicher Eingriff ist vonnöten. Daher sollte generell gelten: keine Brustoperation unter achtzehn, Nasenkorrekturen und Fettabsaugen erst ab sechzehn.
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach forderte bereits ein Verbot von Schönheitsoperationen für Minderjährige und begründete das mit dem »verirrten Schönheitsideal« schon bei Kindern. Es gehe nur darum, »den Körper operativ so zu stylen, dass man dem Schönheitsideal der Modebranche entspricht«, so Lauterbach im NDR. Kinder würden schon sehr früh darauf vorbereitet, eine Idealfigur zu entwickeln, und träumten davon, Model zu werden. Ein gesetzliches Verbot für Schönheits-OPs bei Kindern und Jugendlichen sei seiner Ansicht nach unumgänglich, weil es zu wenig Selbstbeschränkung der Ärzte gebe. Dabei gehe es nicht um medizinisch notwendige Eingriffe, sondern um echte Schönheitskorrekturen wie Brustvergrößerung, Brustverkleinerung und Fettabsaugen.
Die CDU-Bundestagsabgeordnete Gitta Connemann sagte im Deutschlandradio Kultur, dass es bei Mädchen bereits eine Brustvergrößerung als Belohnung zum bestandenen Abitur gebe, wie das in den USA üblich sei, oder ein Satz praller Lippen zum sechzehnten Geburtstag. Wenn ich an die TV-Sendung »The Swan« denke, bei der in Deutschland und in den USA junge Frauen mit allen Mitteln vom »hässlichen Entlein« zum »schönen Schwan« gestylt und operiert wurden, stehe ich voll auf der Seite der Bundesärztekammer, die »dem unerträglichen Medienhype um den Schönheitskult eine Wertediskussion entgegensetzen« möchte. Man kann niemanden zu einem Star operieren. Diese Diskussion muss aber nicht nur in den Sprechstunden beim Arzt, sondern auch in der Schule, in der Familie und den Medien verstärkt stattfinden.
Aber nicht nur Kinder und Jugendliche werden zu unsinnigen Schönheitsoperationen verführt. Junge Erwachsene sind dafür ebenso empfänglich. »Ich wäre gern so schön wie Angelina Jolie«, hört man häufig von jungen Frauen, während junge Männer gern
die Bauchmuskeln von Brad Pitt hätten. Die ISAPS, International Society of Aesthetic Plastic Surgery, befragte weltweit 20 000 plastische Chirurgen in 84 Ländern zum Thema: In welchem Maß beeinflussen Stars, für welche Eingriffe sich Patienten entscheiden? Trotz aller kulturellen Unterschiede und Geschmacksrichtungen kann man sagen, dass Angelina Jolie und Brad Pitt das berühmteste Paar und somit die beliebtesten Vorbilder sind. Die Eingriffe, die am meisten von Stars beeinflusst werden, sind bei Frauen ganz klar Brüste und Lippen, gefolgt von Po, Nase und Bauch. Jede der einzelnen Kategorien hat ihr Vorbild –
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