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Verlogene Schoenheit - Vom falschen Glanz und eitlen Wahn

Titel: Verlogene Schoenheit - Vom falschen Glanz und eitlen Wahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Mang
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Eingriffe schon vorgenommen, nach entsprechender Vorbereitung mit den Eltern und einem Psychologen. Allerdings müssen die Patienten in einem solchen Fall mindestens sechzehn Jahre alt sein. Bei jungen Frauen ab achtzehn sind ästhetische Operationen bei Brustdeformationen (zu groß, zu klein, asymmetrisch, nach innen gewachsene Brustwarzen etc.) durchaus vertretbar. Wir operieren auch bei Mädchen ab achtzehn die sogenannten »Reiterhosen«. So nennt man das genetisch bedingte, vererbte Phänomen eines zu breiten Gesäßes und dicker Oberschenkel bei einer superschlanken Taille, wo keine Diät hilft.
    Solche Eingriffe dienen nicht nur dem ästhetischen Bild, sondern in erster Linie dem körperlichen und seelischen Wohlbefinden der jungen Menschen; mit dem grassierenden Schönheitswahn haben sie nichts zu tun. Schönheits-OPs sind dann gerechtfertigt, wenn jemand unter seinem Aussehen leidet, aber nicht, wenn jemand mit einem Starfoto zu mir kommt und sagt: So will ich auch sein. Die schicke ich sofort nach Hause. Statt mit dem Skalpell sollte man dieses Problem besser mit einer psychotherapeutischen Behandlung angehen.
    Doch zunächst haben wir das große Problem der Verführung: Da stehen Mädchen in der Pubertät nackt vor dem Spiegel und vergleichen sich mit dem weiblichen Pop-Idol auf dem Zeitschriften-Cover. Bei diesem Vergleich kann man nur verlieren. Den Star als Menschen, der morgens verschlafen und ungekämmt aufsteht, bekommt niemand seiner Fans zu Gesicht. Für das Shooting wird die Frau stundenlang frisiert, geschminkt, und nachträglich werden die Fotos am Computer mit Bildbearbeitungsprogrammen auf perfekte
Schönheit gestylt – eine Illusion, gegen die niemand bestehen kann. Dann sagen sich die jungen weiblichen Fans, dass sie zu dick, zu plump sind, die Hüften zu viel Babyspeck haben, die Brüste zu klein, die Lippen zu schmal sind. Überdies vergleichen sie sich nicht selten mit Frauen, die schon haben nachhelfen lassen – beim Schönheitschirurgen. Sie zeigen ihnen, was alles machbar ist. Hier bekommt auch eine Chiara Ohoven, die selbst Hand an sich und ihre Oberlippe legt, eine fragwürdige Vorbildfunktion. Der Psychologe spricht von Gruppendruck durch Rollenvorbilder. Und dieses fragwürdige Vorbild zeigt: aufgespritzte Lippen, abgesaugtes Fett, vergrößerte Brüste, schmalere und dünnere Hüften – nichts ist unmöglich.
    Bereits im Jahr 2000 ergab die Milhofer-Studie der Universität Bremen: »In unserer Gesellschaft besteht ein unphysiologisches Schönheitsideal. Bevorzugt wird ein sehr dünner, schlanker Körper, die übliche Modellkleidergröße beträgt 34 bis 36, die Durchschnittskleidergröße liegt aber bei 40 bis 42. Zusätzlich wird dieses Schönheitsideal, insbesondere durch die Werbung, mit den Attributen erfolgreich, begehrt, sexuell attraktiv, glücklich und gut gelaunt verbunden. Diese Werbung spricht gerade junge Mädchen an.« Aus dieser Studie geht zweifelsfrei hervor:
    • Mädchen haben viel häufiger als gleichaltrige Jungen ein negatives Bild von ihrem Körper.
    • 63 Prozent der Dreizehn- bis Vierzehnjährigen würden gern besser aussehen, 56 Prozent wären gern wesentlich dünner.
    • Über 60 Prozent der Dreizehn- bis Vierzehnjährigen quälen sich mit einem »Makel« an ihrem Körper, über den sie nicht sprechen möchten.

Der Trend geht dahin, den eigenen Körper passend zu machen
    Der Medienforscher und Psychologe Uwe Schönrade (Köln) glaubt, dass erfolgreiche TV-Formate wie »Germany’s Next Topmodel« den Heranwachsenden vermitteln, wie sich normale junge Mädchen in Zeitraffer zu traumhaft schönen Models verwandeln. Pubertierende Mädchen seien sehr empfänglich für das im Fernsehen inszenierte
Idealbild mit perfekten Proportionen. »Das kann bei jungen Frauen bewirken, dass sie bereitwilliger zur Schönheits-OP laufen. … So eine Casting-Sendung kann fördern, dass der Körper als Eintrittskarte in ein erfolgreiches Leben gesehen wird.« Ein medizinischer Eingriff erscheint vielen Mädchen als naheliegende Möglichkeit, wie auch sie so eine Verwandlung schnell und ohne große Mühen schaffen. Schnell mal eben etwas Fett absaugen – das ist ja fast so wie der Gang zum Friseur oder zur Kosmetikerin.
    »Der Trend geht dahin, den eigenen Körper passend zu machen«, sagt die Kölner Psychologin Gerhild von Müller. Die modernen Vor-Bilder für junge, minderjährige Mädchen sind die jungen, gängigen Beautys und Stars, die von der Trendwelle nach oben

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