Verlogene Schoenheit - Vom falschen Glanz und eitlen Wahn
der ewigen Jugend. Ein Stich in den Finger, ein Tropfen der magischen Essenz – und schon glätten sich die Falten, der Po gehorcht nicht mehr den Gesetzen der Schwerkraft, und der Busen wirkt wie von einem
Wonderbra gehalten. Der Wunsch, ewig jung zu bleiben oder das Altwerden so weit wie möglich hinauszuzögern, beschäftigt uns seit Menschengedenken. »Und noch immer spukt in unseren Köpfen das Bild vom Alter als jener Lebensphase, die von brutalem Abbau geprägt ist, von einem Defizit an körperlichen, geistigen, sozialen und wirtschaftlichen Möglichkeiten«, sagte 2003 der Zukunftsforscher Andreas Giger in einem Artikel der Ulmer »Südwest-Presse«.
Doch allmählich entwickeln wir uns zu einer beweglichen Gesellschaft, die von den Fähigkeiten der Erfahrenen profitiert. Das ist nicht nur ein Trend, sondern auch eine Notwendigkeit. Bei vielen Umfragen stellte sich heraus, dass gerade von Älteren ein Blick für das Wesentliche, die Fähigkeit, mit Krisen umzugehen, Menschenkenntnis, Gelassenheit und Überzeugungskraft erwartet wird. Laut Andreas Giger könnte sich die Gesellschaft nach und nach von ihrem Jugendwahn verabschieden und sich einem neuen Wert zuwenden: dem der Reife. Diese innere Ruhe verkörpere, wonach wir uns alle sehnen – nach der Kunst, ein zufriedenes Leben zu führen.
Das kommende Zeitalter gehört den fitten, attraktiven Alten und der Anti-Aging-Chirurgie
Zu dieser Zufriedenheit gehört auch die Harmonie von innerer und äußerer Attraktivität, der synchrone Zusammenklang von innerer und äußerer Vitalität. Das wird besonders älteren, oder besser gesagt: nicht mehr ganz jungen, Menschen klar, die über große Antriebskraft, körperliche Fitness und wirtschaftliches Selbstbewusstsein verfügen. Letzteres ist vorhanden wie noch nie zuvor. Über 2200 Milliarden Euro an Vermögen befinden sich hierzulande in den Händen der über 50-Jährigen, Tendenz steigend. Angesichts dieser Zahl kommt ein Harald Schmidt, Jahrgang 1957, ins Sinnieren: »Die Industrie zerbricht sich immer noch den Kopf, wie sie das 26. Deo an 20-Jährige verscherbelt, die mindestens genauso bauchfrei wie mittellos sind.« Das neue Zeitalter gehört also den Alten. Frank Schirrmacher hat sich in seinem Buch »Das Methusalem-Komplott« mit den Konsequenzen der Überalterung unserer Gesellschaft
befasst. Er kommt zu dem Schluss, dass wir zwar immer älter, aber im Alter auch geistig vitaler werden. Eine vernünftige Schönheitschirurgie passt den äußeren Prozess dem inneren an und wird somit Teil der modernen Gesellschaft.
Unsere Großmütter waren bereits mit vierzig alt oder fühlten sich zumindest so. Heute stehen Frauen über fünfzig mitten im Leben – und im Beruf. Auch die Wechseljahre sind heute kein Schicksal mehr, sondern eine neue Chance. Was liegt also näher, als sich in diesen Zeiten gut zu fühlen und auch so auszusehen? Die RIAH-Studie (Role Identity and Health in German Women) aus dem Jahr 2002 ergab, dass sich von 1761 befragten Frauen viele mit über fünfundfünfzig besser fühlen als so manche Powerfrau mit fünfundzwanzig. Frauen über fünfzig möchten das auch nach außen kommunizieren; sie wollen attraktiv aussehen. Und in einer Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK), an der 1800 Menschen zwischen fünfzig und neunundsiebzig teilnahmen, wurde festgestellt, dass immer mehr »Golden Girls« und »Silver Boys« eine hedonistische Lebensweise bevorzugen. Nach dem Motto »Ich mach mir lieber ein schönes Leben, statt nur zu sparen« wird heutzutage von der Generation »50 plus« ganz bewusst Geld für Luxusgüter ausgegeben – und dazu zählen eben auch Schönheitsoperationen. Das Geld ist ja da und der Wunsch nach Zufriedenheit auch.
Etwa 60 Prozent der »50-plus«-Generation würden sich unter das Messer des Schönheitschirurgen begeben beziehungsweise haben zumindest schon einmal mit dem Gedanken gespielt, etwas korrigieren zu lassen, weil sie sich körperlich fit fühlen und ihr Aussehen an ihr gefühltes Alter anpassen möchten. Dabei geht es nicht darum, künstlich jung auszusehen, sondern freundlicher und frischer zu wirken. Durch eine Schönheitsoperation möchten die meisten Senioren ihre Lebensqualität verbessern, sich neue Lebensräume und Chancen eröffnen.
Für mich ist das genauso natürlich und selbstverständlich wie die Notwendigkeit von Zahnersatz und Zahnimplantaten im Alter oder von künstlichen Hüft- und Kniegelenken. Solche medizinischen Hilfsmaßnahmen
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