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Verlogene Schoenheit - Vom falschen Glanz und eitlen Wahn

Titel: Verlogene Schoenheit - Vom falschen Glanz und eitlen Wahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Mang
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Physik, Mathematik und Chemie, aber in Sprachen war ich nie der große Held. Das ist bis heute so geblieben. Ich mühte mich also mit Latein ab, und als mit vierzehn noch Griechisch dazukam, hatte ich katastrophal schlechte Noten. In den Naturwissenschaften lauter Einser, aber die Sprachen machten mir Stress.
    Ab meinem vierzehnten Lebensjahr arbeitete ich regelmäßig in den Ferien. Ich war jeweils zwei Monate im Sommer Bademeister am Bodensee, anfangs im Lindenhofbad, später im Strandbad. So lernte ich auch mit sechzehn meine erste Freundin kennen, eine Birgitt aus Essen. Es war eine wunderbare Romanze, nicht mit Handy, SMS oder Internet, sondern ein süßer Flirt mit Händchenhalten, Spaziergängen, Kino- und Eisdielenbesuchen. Wir haben uns an der Natur und am Leben gefreut – und nicht diese Probleme gewälzt, die Jugendliche heute haben.
    Zu diesem Zeitpunkt war mir schon klar, dass ich Medizin studieren wollte. Besonders interessierte mich das Gebiet der wiederherstellenden Chirurgie, der Transplantation, der Gesichtschirurgie. Deswegen habe ich auch in der Schule in Kunst Gesichter und Körper gezeichnet, habe Tonfiguren modelliert, Gesichter mit langen und kurzen Nasen, abstehenden Ohren, Frauenkörper mit großen oder kleinen Brüsten. Meine Mutter ist an diesen Modellen fast verzweifelt, weil ich jede Woche eine andere Büste mit nach Hause brachte. Damals habe ich den Wunsch geäußert, Chirurg zu werden. Das Thema Schönheitschirurgie war noch nicht bekannt, lediglich Professor Ivo Pitanguy, der Nestor der Schönheitschirurgie aus Rio de Janeiro, publizierte bereits in den sechziger Jahren zu ästhetischen Operationen. Es war schwierig, an diese Schriften zu kommen. In Zeitungen habe ich ab und zu spärliche Meldungen über Professor Pitanguy gelesen. Und ich wollte ihn sofort nach dem Abitur in Brasilien besuchen.

Mein Vater fuhr Opel Rekord; zu einem Opel Kapitän hat es nicht gereicht
    Meine Kindheit und Jugend war nicht von einer Medizinerfamilie geprägt. Meistens ist es auch nicht gut, wenn man einem Elternteil oder beiden Eltern nacheifert. Ich habe mein Leben selbst in die Hand genommen und mich durch meine Ferienjobs finanziell über Wasser gehalten. Zu Hause wurde ich streng erzogen. Ich wurde kurz gehalten; es war schon viel, wenn ich am Kiosk einen Kaugummi bekommen habe. Kinder, die über zu viel Geld verfügen, haben oft nicht den Ansporn, selbst etwas zu schaffen. Ich war mit meinen Eltern im Zelturlaub in Italien. Wir sind mit dem Vater in die Jugendherberge gefahren, gingen zum Bergwandern und haben auf dem Matratzenlager geschlafen. Das war wunderschön, und ich möchte diese Zeit nicht missen. Ich habe versucht, auch meine Kinder mit dosierter Strenge zu erziehen. Aber ich habe natürlich nicht die Vorbildfunktion, die mein Vater hatte. Ich war mit meinen Kindern nie in der Jugendherberge oder im Zeltlager, dafür war meine Zeit leider immer zu knapp. Wenn wir mal gemeinsam unterwegs sind, logieren wir in 5-Sterne-Hotels, und ich fahre gern schicke Autos. Mein Vater hatte immer nur einen Opel Rekord oder Opel P 4, zu einem Opel Kapitän hat es nie gereicht, obwohl das damals sein Traumauto war.
    Ich habe versucht, meinen Nachwuchs nach dem Leistungsprinzip zu erziehen. Sowohl meine Tochter als auch mein Sohn haben ein Einser-Abitur gemacht. Mein Sohn studiert meinen Alternativ-Traumberuf Architektur in München, meine Tochter, nach anfänglichem Medizinstudium, jetzt Kommunikationswissenschaften ebenfalls in München mit dem Ziel, vielleicht meinen Klinikkonzern zu übernehmen; zumindest strebt sie den Vorstand für Marketing-Medizinmanagement an.
    Die Zeit auf dem Gymnasium war für mich Megastress, das muss ich sagen. Ich war in einer sehr braven Klasse mit 20 Schülern und hatte nur einen Freund, Christian Lutz. Die anderen hatten Anlagen zum verklemmten Spießer – so sah ich das zumindest damals. Sie verkrümelten sich ausschließlich hinter ihre Bücher. Auch ich
musste viel lernen, denn das Abitur war für mich Pflicht, um studieren zu können. So habe ich mich in den beiden letzten Jahren extrem angestrengt, damit ich ein Einser-Abitur schaffe; der Numerus clausus für Medizin lag bei einem Notendurchschnitt von 1,6.
    Während meiner gesamten Schulzeit kompensierte ich den Lernstress am Nachmittag mit Sport, täglich drei bis vier Stunden. Ich hatte Oberschenkel wie ein Zehnkämpfer, brachte es im Tennis zum Allgäuer Jugendmeister und war in der bayerischen Jugendauswahl.

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