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Verloren

Verloren

Titel: Verloren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Taylor
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    »Wo bist du gerade?«, will er wissen.
    »Im Taxi. Auf dem Weg zu Santarellis Party.« Wir haben heute Morgen schon telefoniert – er meldet sich öfter als sonst, so als würde er spüren, dass etwas nicht stimmt mit mir, was mein schlechtes Gewissen nicht unbedingt kleiner macht –, deshalb weiß er von der Einladung des Galeristen.
    »Ich dachte, du wolltest nicht hingehen«, sagt er erstaunt. »Du hattest doch heute schon so viele Termine, du solltest dich lieber ausruhen. Bestimmt bist du todmüde.«
    Nur mit Mühe kann ich eine gereizte Antwort unterdrücken. Es stimmt, heute Morgen wollte ich noch absagen. Aber das war ja auch, bevor Lorenzo – er hat mir angeboten, ihn beim Vornamen zu nennen – extra noch mal angerufen hat, um sich zu vergewissern, dass ich komme. Und natürlich hat er recht – ich habe heute den ganzen Nachmittag die Galerien besucht, die ich noch auf meiner Liste hatte, und bin deshalb jetzt ganz schön kaputt. Aber es stört mich trotzdem, dass er es auf diese bevormundende Weise sagt, auch wenn ich weiß, dass er es eigentlich nur gut meint. Hat er das früher schon getan, und es ist mir nur nie aufgefallen?
    »Ich glaube, es ist wichtig, dass ich hingehe«, erkläre ich ihm. »Es ist eine Möglichkeit, neue Kontakte zu knüpfen, und die möchte ich mir nicht entgehen lassen. Wie geht es Mum?«, schiebe ich dann noch schnell hinterher – weil es mich interessiert und um ihn daran zu hindern, noch mehr zu dem Thema Partybesuch zu sagen.
    »Unverändert«, sagt er. »Sie vermisst dich.« Er zögert kurz. »Das tun wir alle, Sophie.«
    Für einen Moment schließe ich die Augen, weil das Gewicht auf meiner Brust plötzlich wieder so unerträglich drückt. »Ich komme ja bald zurück«, sage ich, und spüre, wie mir die Kehle eng wird bei dem Gedanken, in London mit meinem Alltag weitermachen zu müssen. Als wäre gar nichts gewesen …
    Plötzlich piepst mein Handy laut. Erschrocken nehme ich es vom Ohr und sehe auf das Display, auf dem das Batterie-Symbol warnend blinkt – und dann aus dem Fenster auf die hell erleuchtete freistehende Villa, vor der das Taxi gerade vorfährt.
    »Nigel, ich muss Schluss machen, mein Akku ist gleich leer. Und außerdem bin ich jetzt da«, sage ich, fast ein bisschen erleichtert darüber, einen guten Grund zu haben, das Gespräch zu beenden. Wenn er irritiert darüber ist, dass ich ihn so abwürge, lässt er es sich nicht anmerken, denn er wünscht mir noch viel Spaß, bevor die Verbindung abbricht.
    Der Taxifahrer – ein junger Mann etwa in meinem Alter mit einem sehr ernsten Gesicht – hat sich schon zu mir umgedreht und nennt mir den Preis. Ich bezahle ihn, dann steigt er aus und hält mir die Tür auf, reicht mir sogar die Hand und hilft mir in meinen hohen Pumps auf die Asphaltdecke der Einfahrt. Mich fesselt der Anblick von Lorenzo Santarellis Haus jedoch so, dass ich seinen Abschiedsgruß erst wirklich registriere, als das Taxi schon wieder anrollt und wegfährt.
    Wow, denke ich und setze mich in Bewegung, gehe auf die große Eingangstür zu. Ich war ziemlich sicher, dass der Galerist, nachdem er mir ja schon versichert hatte, dass er vermögend ist, nicht in irgendeinem kleinen Bungalow wohnen würde. Aber das hier übertrifft dann doch meine Erwartungen.
    Vorhin, als ich bei Daniela Bini das Taxi bestellt und ihr die Adresse genannt habe, meinte sie, dass sie die Straße kennt – und dass es sich um ein sehr nobles Wohnviertel handelt. Das trifft es ziemlich genau, denn man sieht die Nachbarhäuser nicht mal. Die Grundstücke müssen riesig sein, und jede Villa verfügt offenbar über ihre eigene Zufahrt – also hat mein Gefühl mich nicht getrogen, denn obwohl ich durch das Telefonat mit Nigel abgelenkt war, fand ich, dass die Straße zuletzt ziemlich einsam und verlassen gewirkt hat.
    Aber nicht nur das Grundstück ist beeindruckend, auch das Haus selbst – allerdings auf eine protzige Art. Meinen Geschmack trifft es gar nicht, ich finde es mit seinen überdimensionierten, kubistischen Formen, die aneinandergeklebt wirken, anstatt eine Einheit zu bilden, kalt und ungemütlich, und die riesigen Glasfronten im ersten Stock machen es nicht besser. So würde ich niemals wohnen wollen – aber das muss ich ja zum Glück auch nicht, denke ich, während ich die Stufen zum Eingang hinaufgehe und auf die Klingel drücke.
    Das ganze Haus ist hell erleuchtet, und aus dem Innern dringen laute Musik und Stimmen – so laut sogar, dass ich

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