Verlorene Illusionen (German Edition)
Petit-Claud zu den Cointet und zu Eva; »jeder von Ihnen bekommt noch heute abend ein Exemplar, Sie, können es sich morgen vormittag überlegen; morgen nachmittag um vier Uhr, nach Schluß der Gerichtssitzung, können Sie unterzeichnen. Sie, meine Herren, ziehen die Wechsel von Métivier zurück. Ich schreibe an das Berufungsgericht, um dem Prozeß ein Ende zu machen, und wir unterzeichnen unsere gegenseitigen Verzichtleistungen.«
Folgendes war der Inhalt der Verpflichtungen, die Séchard auf sich nahm:
»Zwischen den Unterzeichneten usw.
Herr David Séchard jr., Drucker in Angoulême, behauptet, ein Verfahren gefunden zu haben, das Papier in der Bütte gleichmäßig zu leimen, und das Mittel, den Herstellungspreis für jede Art Papier um mehr als fünfzig Prozent zu verringern, und zwar durch Einführung von pflanzlichen Stoffen in den Papierbrei, entweder indem sie den Lumpen, die bisher verwendet wurden, beigemengt oder indem sie ohne Zutat von Lumpen benutzt werden. Es hat sich zur Ausbeutung des Erfinderpatents, das auf Grund dieses Verfahrens genommen werden soll, zwischen Herrn David Séchard jr. und den Herren Gebrüder Cointet auf Grund der folgenden Bestimmungen und Bedingungen eine Gesellschaft gebildet...«
Ein Artikel des Vertrags beraubte David Séchard völlig seiner Rechte für den Fall, daß er die Versprechungen, die in diesem Schriftstück niedergelegt waren, nicht erfüllte. Der große Cointet hatte diese Punkte sorgfältig abgefaßt, und David hatte zugestimmt.
Als Petit-Claud am nächsten Morgen um halb acht Uhr David den Vertrag überbrachte, teilte er den beiden Gatten mit, daß Cérizet zweiundzwanzigtausend Franken in bar für die Druckerei böte. Der Kaufvertrag könnte noch am Abend unterzeichnet werden.
»Aber«, sagte er, »wenn die Cointet von diesem Verkauf erfahren würden, wären sie imstande, Ihren Vertrag nicht zu unterzeichnen, Sie weiter zu drangsalieren und hier alles versteigern zu lassen...«
»Sind Sie sicher, daß die Zahlung geleistet wird?« fragte Eva, die erstaunt war, daß ein Geschäft, auf das sie keine Hoffnung mehr gesetzt hatte und das vor drei Monaten alles gerettet hätte, jetzt zustande kommen sollte. »Ich habe den Betrag bei mir zu Hause«, antwortete er kurz. »Aber das ist Zauberei«, rief David und bat Petit-Claud, ihm dieses Glück zu erklären. »Nein, es ist sehr einfach, die Handelsherren von Houmeau wollen eine Zeitung gründen«, erwiderte Petit-Claud. »Aber ich habe sie nicht halten können«, rief David. »Sie!... Aber Ihr Nachfolger... Überdies«, fuhr er fort, »beunruhigen Sie sich über nichts, verkaufen Sie, stecken Sie das Geld ein und überlassen Sie es Cérizet, wie er sich zurechthelfen will, er wird sich schon herauswickeln.«
»O ja«, sagte Eva. »Wenn Sie auch Ihr Blatt in Angoulême nicht halten konnten,« fuhr Petit-Claud fort, »die Geldgeber Cérizets werden es in Houmeau schon machen.«
Eva, die von der Aussicht, dreißigtausend Franken zu besitzen und aus aller Not heraus zu sein, geblendet war, betrachtete den Gesellschaftsvertrag nur noch als eine Hoffnung, die in zweiter Reihe stand. Und so gaben Herr und Frau Séchard in einem Punkte dieses Vertrags, der noch Gegenstand einer letzten Erörterung wurde, nach. Der große Cointet verlangte das Recht, das Erfinderpatent auf seinen Namen zu nehmen. Es gelang ihm, die Bestimmung durchzusetzen, daß in dem Augenblick, wo Davids Nutzungsrechte in dem Schriftstück völlig auseinandergesetzt würden, das Patent auf den Namen jedes der Teilhaber genommen werden könnte. Sein Bruder sagte schließlich: »Er gibt das Geld für das Patent, er trägt die Reisekosten, und das sind noch einmal zweitausend Franken! Er soll es auf seinen Namen nehmen, oder es wird nichts aus der Sache.«
Der Wucherer von Angoulême triumphierte also auf der ganzen Linie. Der Gesellschaftsvertrag wurde um halb fünf Uhr unterzeichnet. Der große Cointet bat Frau Séchard galant – wie es üblich ist, bei Geschäftsabschlüssen der Frau ein Geschenk zu geben –, von ihm ein Dutzend Messer und Gabeln und einen schönen Kaschmirschal anzunehmen, damit sie, wie er sagte, die Unannehmlichkeiten der Auseinandersetzung vergessen möchte. Kaum waren die unterzeichneten Verträge ausgetauscht, kaum hatte Cachan Petit-Claud die Quittungen und die Schriftstücke sowie die drei schrecklichen, von Lucien hergestellten Wechsel zurückgegeben, als Kolbs Stimme auf der Treppe ertönte, nachdem man vorher den
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