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Verlorene Illusionen (German Edition)

Verlorene Illusionen (German Edition)

Titel: Verlorene Illusionen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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eine ergreifende Steigerung ihrer Leidenschaft vorkam. Sie überließ ihre schönen goldenen Haare, ihre Hände, ihren Kopf den flammenden Küssen des Dichters, der am Abend vorher so viel hatte leiden müssen.
    »Wenn du dein Gesicht gesehen hättest, während du lasest,« sagte sie – denn sie waren am Abend vorher, in dem Augenblick, als Louise auf dem Kanapee mit ihrer weißen Hand die Schweißtropfen weggewischt hatte, die im voraus Perlen auf die Stirn setzten, auf die sie eine Krone drücken wollte, dazu gelangt, »du« zueinander zu sagen – »es sprühten Funken aus deinen schönen Augen! Ich sah die goldenen Ketten aus deinem Munde hängen, die die Herzen an die Lippen des Dichters fesseln. Du wirst mir den ganzen Chénier vorlesen, er ist der Dichter der Liebenden. Du wirst nicht mehr leiden, ich will es nicht! Ja, mein Süßer, ich werde dir eine Oase schaffen, wo du dein ganzes Dichterdasein verbringen kannst wie du willst, bald tätig, bald lässig, untätig, arbeitsam oder sinnend; aber vergiß nie, daß du deine Lorbeeren mir verdankst, daß das für mich die edle Entschädigung für die Leiden ist, die mir nicht erspart bleiben werden. Armer, teurer Freund, diese Welt wird mich so wenig schonen wie dich, sie rächt sich für alles Glück, an dem sie nicht teilhat. Jawohl, man wird immer auf mich eifersüchtig sein; hast du es nicht gestern gesehen, sind nicht diese blutgierigen Schmeißfliegen schnell genug herangeflogen, um sich von den Stichen vollzusaugen, die sie dir beibrachten? Aber ich war glücklich, ich habe gelebt! Wie lange haben die Saiten meines Herzens nicht mehr einen solchen Vollklang gegeben!«
    Tränen rannen über Louisens Wangen; Lucien ergriff ihre Hand und drückte statt aller Antwort einen langen Kuß darauf. So wurde der Eitelkeit dieses Dichters von dieser Frau geschmeichelt, wie es seine Mutter, seine Schwester und David getan hatten. Alle Menschen seiner Umgebung fuhren fort, das nur in der Phantasie bestehende Postament zu erhöhen, auf dem er thronte. Von aller Welt, von seinen Freunden wie von der Wut seiner Feinde, in seinen ehrgeizigen Vorstellungen bestärkt, wandelte er in einer Luft dahin, die voller Wahngebilde war. Die Phantasie junger Menschen ist naturgemäß so sehr der Mitschuldige solcher Lobeserhebungen und Ideen, alles beeilt sich so sehr, einem schönen, zukunftsreichen jungen Menschen zu dienen, daß es mehr als einer bittern und erkältenden Lektion bedarf, um solches Blendwerk zu verscheuchen.
    »Meine schöne Louise, du willst also meine Beatrice sein, aber eine Beatrice, die sich lieben läßt?«
    Sie hob ihre schönen Augen, die sie gesenkt gehalten hatte, und sagte mit einem himmlischen Lächeln, das ihre Worte Lügen strafte:
    »Wenn du es verdienst... später! Bist du nicht glücklich? Ein Herz sein eigen nennen, alles sagen können, mit der Sicherheit, verstanden zu werden – ist das nicht Glück?«
    »Ja«, antwortete er und verzog das Gesicht wie ein gekränkter Liebhaber. »Kind!« sagte sie scherzend. »Nun, du hattest mir doch etwas zu sagen. Du warst mit etwas beschäftigt, als du eintratst, mein Lucien.«
    Lucien vertraute seiner Geliebten schüchtern die Liebe Davids zu seiner Schwester, die seiner Schwester zu David an und sprach von der beabsichtigten Heirat.
    »Armer Lucien,« sagte sie, »er hat Angst, er könnte geschlagen oder gescholten werden, wie wenn er selbst sich verheiraten wollte! Aber was ist daran Schlimmes?« fügte sie hinzu und fuhr mit ihren Händen durch Luciens Haar. »Was kümmert mich deine Familie, wo du eine Ausnahme bist? Wenn mein Vater seine Magd heiratete, würdest du dich viel darum scheren? Liebes Kind, Liebende sind für sich allein ihre ganze Familie. Habe ich ein anderes Interesse in der Welt als meinen Lucien? Werde groß, erobere dir den Ruhm, das allein geht uns an!«
    Diese egoistische Antwort machte Lucien zum glücklichsten Menschen auf der Welt. In dem Augenblick, wo er die tollen Gründe hörte, mit denen Louise ihm bewies, daß sie allein auf der Welt wären, trat Herr von Bargeton ein. Lucien runzelte die Stirn und schien verlegen; Louise machte ihm ein Zeichen und bat ihn, bei ihnen zum Essen zu bleiben. Sie sagte, es wäre schön, wenn er ihr André Chénier läse, bis die Spieler und die gewohnten Besucher kämen.
    »Sie werden nicht bloß ihr ein Vergnügen damit machen,« sagte Herr von Bargeton, »sondern auch mir. Nichts bringt mich besser in Ordnung, als wenn ich nach dem Essen

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