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Verlorene Liebe

Verlorene Liebe

Titel: Verlorene Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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war, daß sie ihrer Schwester so viel Energie nie zugetraut hätte. Doch dann kam ihr gleich in den Sinn, daß Kathleen sich einen Scherz mit ihr erlaubte, um sie davon abzubringen, ihr Geld geben zu wollen.
    Grace starrte ihre Schwester in dem grellen Neonlicht an. Nichts in ihrer Miene oder in ihrem Blick ließ den Schluß zu, daß sie scherzte. Im Gegenteil, sie machte einen durchaus selbstzufriedenen Eindruck. So wie damals, in ihrer Kindheit, als sie fünf Schachteln Pfadfinder-Plätzchen mehr verkauft hatte als Grace.
    »Allmächtiger!« stöhnte Grace wieder und zündete sich eine neue Zigarette an.
    »Kommt keine Moralpredigt, Gracie?«
    »Nein.« Sie schluckte hart und mußte etwas trinken. Grace war sich noch lange nicht im klaren darüber, welchen moralischen Standpunkt sie in diesem Fall einnehmen sollte. »Tut mir leid, Kath, aber das muß sich erst in mir setzen. Hast du das eben wirklich ernst gemeint?«
    »Absolut ernst.«
    Natürlich, Kathleen machte nie Witze. Zwanzig Anrufe in der Nacht, dachte Grace und schüttelte sich, um das Bild aus ihren Gedanken zu vertreiben. »Nein, du bekommst von mir keine Moralpredigt, aber ich werde dir wohl etwas über gesunden Menschenverstand erzählen müssen. Mein Gott, Kathleen, hast du überhaupt eine Ahnung, wie viele Irre und Spinner sich da draußen herumtreiben? Selbst ich weiß das, und ich hatte seit sechs Monaten keine richtige Verabredung mehr, nur geschäftliche Treffen und so. Und ich rede hier nicht davon, daß du dir dabei etwas holen kannst, das du neun Monate später auf den Knien schaukelst. Was du da treibst, Kathleen, ist nicht nur dumm, sondern auch gefährlich. Und wenn du nicht auf der Stelle damit aufhörst, werde ich …«
    »Mom davon erzählen?«
    »Mir ist es auch ernst!« Grace rutschte nervös auf dem Stuhl hin und her, denn ihr hatte genau das auf der Zunge gelegen, was Kath gesagt hatte. »Und wenn du schon nicht an dich selbst denken willst, dann wenigstens an Kevin. Falls Jonathan davon Wind bekommen sollte, kannst du es dir abschminken, deinen Sohn jemals wiederzusehen.«
    »Ich denke dabei an Kevin. Er ist alles, woran ich in diesen Zeiten überhaupt denken kann. Jetzt trink deinen Wein, Grace, und hör mir zu. Du hast immer schon dazu geneigt, vorschnell zu urteilen, noch bevor du alle Fakten kanntest.«
    »Eines dieser Fakten lautet ja wohl, daß meine Schwester nach Feierabend als Callgirl tätig ist.«
    »Damit hast du den Nagel auf den Kopf getroffen. Ich bin ein ›Callgirl‹, eine Frau, die man anruft. Ich verkaufe meine Stimme, Grace, nicht meinen Körper.«
    »Nach zwei bis drei Gläsern Wein arbeitet mein Verstand anscheinend nicht mehr so gut. Warum erklärst du es mir nicht in ganz einfachen Worten, Kath?«
    »Ich arbeite für Fantasy, Incorporated. Eine Firma, die sich auf Telefonservice aller Art spezialisiert hat.«
    »Telefonservice?« rief Grace. Sie zog kräftig an der Zigarette. »Du redest doch nicht etwa von Telefonsex, oder?«
    »Über Sex zu reden, ist alles, was ich in den letzten zwölf Monaten gemacht habe.«
    »In einem ganzen Jahr?« Grace mußte jetzt erst recht schlucken. »Ich würde dir ja gern mein Beileid aussprechen, aber im Moment muß ich das erst einmal verdauen. Jetzt mal im Ernst: Du tust das, wofür im hinteren Anzeigenteil von Herrenmagazinen immer geworben wird?«
    »Woher kennst du dich denn so gut mit Herrenmagazinen aus?«
    »Im Rahmen von Recherchen mußte ich mich auch einmal damit befassen. Und du willst mir sagen, bloß dafür, dich mit ein paar Männern am Telefon zu unterhalten, bekommst du tausend Dollar in der Woche?«
    »Ich hatte immer schon eine besonders angenehme Stimme.«
    »Ja.« Grace lehnte sich zurück und bemühte sich, ihre Gedanken zu ordnen. Sie konnte sich nicht daran erinnern, daß ihre Schwester auch nur einmal in ihrem Leben etwas Unkonventionelles gemacht hatte. Kathleen hatte sogar bis zur Hochzeitsnacht gewartet, ehe sie mit Jonathan ins Bett gegangen war. (Grace wußte das, weil sie gefragt hatte, sowohl sie als auch ihn.) Dann fiel ihr etwas ein, das sie zum Lachen brachte, weil es so komisch war. »Schwester Mary Francis hat damals in der achten Klasse erklärt, du hättest die sauberste und klarste Stimme der ganzen Jahrgangsstufe. Ich würde gerne wissen, was die treue Seele wohl sagen würde, wenn sie wüßte, daß diese wunderbare Stimme heute als Telefonhure arbeitet.«
    »Ich finde diesen Ausdruck nicht besonders nett, Grace.«
    »Ach, hab dich

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