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Verlorene Liebe

Verlorene Liebe

Titel: Verlorene Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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nicht nur die Initiative, sondern erwarte geradezu von ihm, endlich etwas zu tun. Und schlimmer noch, wenn er das unterließ, würde sie ihn für unmännlich, für einen Schwächling halten. Wenn er sie aber bedrängte, erhielte er dadurch nicht nur Befriedigung, sondern beweise sich auch als richtiger Mann und erfahre so Anerkennung. Meiner Meinung nach muß unser Täter hier sich nicht selbst beweisen, sondern will Macht demonstrieren. Er hat Desiree und Roxanne nicht deswegen ermordet, damit sie ihn nicht mehr identifizieren können, sondern weil es in seinen Augen die höchste Form der Machtausübung ist, jemandem das Leben zu nehmen. Daraus läßt sich schließen, daß er in einer Umgebung aufgewachsen ist, in der er nicht viel zu sagen hatte, wo er sich sehr starken Persönlichkeiten beugen mußte. Dieser Täter muß als sexuell repressiv angesehen werden, als ein Mann, der jetzt nach Auswegen aus seiner Verklemmung sucht.«
    Tess öffnete eine Akte. »Bei seinen Opfern handelt es sich um unterschiedliche Frauentypen, sowohl äußerlich als auch hinsichtlich der Persönlichkeiten, als die sie sich am Telefon ausgaben. Das mag natürlich Zufall sein, aber wir sollten lieber davon ausgehen, daß auch hier ein Vorsatz dahintersteckt. Das einzige, was diese Frauen gemeinsam hatten, waren der Sex und das Telefon. Beides hat er höchst gewaltsam gegen sie eingesetzt. Sein nächstes Opfer wird vermutlich schon wieder ein ganz anderer Typ sein.«
    »Ich hoffe, wir müssen es nicht erleben, daß diese Theorie sich in der Praxis bewahrheitet.« Harris brach ein weiteres Bröckchen von dem Rosinenbrötchen. »Könnte er damit aufhören? Ich meine, von einem Tag auf den anderen?«
    »Das glaube ich nicht.« Tess schloß die Akte und legte sie auf seinen Schreibtisch. »Den Täter plagen weder Gewissensbisse noch die Furcht, erwischt zu werden. Die Worte auf seiner Beileidskarte lauten nicht: ›Es tut mir leid‹ oder ›Verzeih mir‹, sondern: ›Ich werde dich nicht vergessen‹. Damit meint er weniger Desiree als Person, sondern mehr das Erlebnis, das sie ihm verschafft hat. Dieser Mann plant seine Züge sorgfältig im voraus. Er zerrt nicht einfach eine x-beliebige Frau in eine Seitenstraße, ein Gebüsch oder einen Wagen. Wir dürfen nicht vergessen, daß er seine Opfer kennt oder zumindest zu kennen glaubt, und sich von ihnen das holt, von dem er meint, daß es ihm zusteht. Unser Täter ist in gewisser Weise ein typisches Produkt unserer heutigen Gesellschaft, in der man nur den Telefonhörer aufzunehmen braucht, um sich schlichtweg alles zu bestellen, von Pizza bis Pornographie. Man muß nur noch eine Nummer wählen, und schon bekommt man das, was man will, mehr noch, was einem zusteht. In diesem Fall haben wir es mit einer Mischung aus den Annehmlichkeiten der Technologie und soziopathischen Tendenzen zu tun. Ihm erscheint es nur logisch, sich frei zu bedienen.«
    »Oh, Verzeihung.« Lowenstein zeigte sich in der Tür. »Wir haben eben die Kreditkartennummern überprüft.« Harris nickte, und sie reichte Ed die Blätter. »Nicht eine Übereinstimmung.«
    »Nicht eine?« Ben stellte sich hinter seinen Partner und schaute ihm über die Schulter.
    »Null. Wir haben uns auch die Namen, die Adressen und die möglichen Decknamen angesehen. Rein gar nichts.«
    »Damit stehen wir also wieder ganz am Anfang.« Ben nahm die Papiere, die Ed ihm reichte.
    »Nicht so vorschnell. Wir haben etwas anderes herausgefunden, als wir den Blumengruß des Täters überprüften. Der Strauß wurde telefonisch bei Bloom Town in Auftrag gegeben, und zwar mit Angabe der Kreditkartennummer. Die Karte gehört einem Patrick R. Morgan. Hier ist seine Adresse.«
    »Steht der vielleicht auch auf dieser Kundenliste hier?« fragte Ed.
    »Nein.«
    »Dann sollten wir diesem Herrn einen Besuch abstatten.« Ben warf einen Blick auf seine Uhr. »Er wird wohl bei der Arbeit sein. Haben wir Namen und Adresse des Unternehmens, bei dem er beschäftigt ist?«
    »Ja, das Kapitol. Mr. Morgan ist Kongreßabgeordneter.«
     
    Heute war der Volksvertreter jedoch in seinem renovierten Heim in Georgetown anzutreffen. Die Frau, die den beiden Polizisten öffnete, wirkte sauertöpfisch und ungeduldig, was vielleicht mit dem Riesenberg Akten in Zusammenhang stand, den sie mit beiden Armen hielt. »Ja?« fragte sie nur unfreundlich.
    »Wir würden gern den Kongreßabgeordneten Morgan sprechen.« Ed schaute an ihr vorbei in die große Diele und bewunderte die

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