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Verlorene Liebe

Verlorene Liebe

Titel: Verlorene Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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ihnen. »Alles, was ich sagen kann, ist, daß dieser Mann über eine enorme Intelligenz verfügt.
    Auf seine Weise geht er höchst logisch vor und folgt Schritt für Schritt einem bestimmten Muster.«
    »Der erste Schritt besteht wohl darin, eine geeignete Stimme zu finden«, murmelte Ed, »um sich dann in seiner Fantasie die dazugehörige Frau zu erschaffen.«
    »Das kommt der Wahrheit wohl ziemlich nahe. Der Täter besitzt eine überdurchschnittliche Vorstellungskraft. Mehr noch, für ihn verwischen sich die Grenzen zwischen Fantasie und Wirklichkeit. Er neigt dazu, an das zu glauben, was er sich vorstellt. Daß er an beiden Tatorten Fingerabdrücke hinterlassen hat, geschah nicht etwa aus Unvorsichtigkeit. Der Mann ist vielmehr der Ansicht, unverwundbar zu sein, weil die Realität der Welt, die er sich geschaffen hat, nichts anhaben kann. Er lebt seine Fantasien aus und damit auch die, von denen er annimmt, daß sie die seiner Opfer sind.«
    »Soll das etwa heißen, er vergewaltigt und ermordet Frauen, weil er glaubt, es würde ihnen gefallen?« Ben zog eine Zigarette aus seinem Päckchen und zündete sie an. Tess registrierte die Anspannung in seiner Stimme.
    »Einfach ausgedrückt, ja. Nach dem, woran Markowitz sich erinnern konnte, hat der Täter so etwas von sich gegeben wie: ›Ich weiß, daß du es gerne hast, wenn ich dir weh tue.‹ Vergewaltiger rechtfertigen ihre Tat gern mit solchen Überzeugungen. Mary Grice hat er die Hände ans Bett gefesselt, Kathleen Breezewood hingegen nicht. Ich halte das für ein wichtiges Moment. Nach den uns vorliegenden Unterlagen hat Desiree eher konservative, normale Sexfantasien angeboten. Ganz anders hingegen Roxanne. Sie brachte auch gern schon einmal Fesselungen und andere Sadomaso-Praktiken ins Spiel. Deswegen hat der Täter den Frauen das gegeben, was sie seiner Überzeugung nach bevorzugten. Und dann hat er sie umgebracht, weil er die psychotische Lust entdeckte, die eine Vereinigung von Orgasmus und Tötung bewirkt. Wir müssen wohl davon ausgehen, daß er glaubt, seine Opfer hätten die gleiche Lust verspürt wie er. Kathleen hat er aus einem Impuls heraus umgebracht. Bei Mary hingegen handelt es sich um eine Rekonstruktion seiner Tat, weil er höchstwahrscheinlich dieses besondere Lustgefühl noch einmal erfahren wollte.« Sie drehte sich zu Ben um. Er mochte noch immer nicht davon begeistert sein, seine Frau hier zu sehen, aber wenigstens hörte er ihr zu. »Was hältst du denn von dem Umstand, daß beide Morde zur gleichen Zeit verübt wurden?«
    »Was soll ich denn davon halten?«
    Sie lächelte. Sonst war er es stets, der ihr vorwarf, eine Frage immer mit einer Gegenfrage zu beantworten. »Beide Taten ereigneten sich abends, aber nicht sehr spät. Ich nehme an, das gehört irgendwie zu seinem Vorgehensmuster. Vielleicht ist der Mann verheiratet oder lebt mit jemandem zusammen, der von ihm erwartet, zu einer bestimmten Zeit zu Hause zu sein.«
    Ben studierte die Spitze seiner Zigarette. »Vielleicht ist er aber auch nur jemand, der gern zeitig schlafen geht.«
    »Könnte natürlich auch sein.«
    »Tess«, begann Ed, während er einen Teebeutel in heißes Wasser tauchte, »allgemein wird doch davon ausgegangen, daß ein Voyeur oder jemand, der Frauen am Telefon belästigt, es dabei beläßt und nicht zu Gewalttätigkeiten neigt. Warum ist das bei diesem Täter nicht der Fall?«
    »Weil er nicht nur zusieht, sondern teilnimmt. Er glaubt, die Frauen haben zu ihm gesprochen. Hier fehlt die Distanz, sei es die tatsächliche oder die emotionale, die für jemanden besteht, der mit einem Fernglas in fremde Wohnungen späht. Und auch die Anonymität ist nicht vorhanden, in der derjenige sich sicher fühlt, der Frauen am Telefon belästigt. Unser Mann kannte seine Opfer. Natürlich nicht Kathleen oder Mary, aber Desiree und Roxanne. Ich hatte einmal eine Person in Behandlung, bei der es zu einer Vergewaltigung nach einer Verabredung gekommen war.«
    »Dr. Paris, bei allem Respekt, die Sichtweise des Opfers hilft uns hier wohl kaum weiter«, erklärte der Captain.
    »Ich habe mich vielleicht etwas unglücklich ausgedrückt: Ich mußte mich um den Vergewaltiger und nicht um das Opfer kümmern. Er hat die Frau nicht zum Sex gezwungen, weil er sich persönliche Befriedigung verschaffen wollte, sondern weil er glaubte, sie erwarte das von ihm. Er hat gedrängt und keine Ruhe gegeben, weil er an irgendeinem Punkt des Abends zu der Überzeugung gelangte, sie überlasse ihm

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