Verlorene Seelen - Carola Pütz erster Fall (Der neue Roman vom Autor der Oliver-Hell-Reihe)
erst jetzt den jungen Polizisten, der vor ihrer Türe Wache geschoben hatte.
„Freut mich, Sie gesund zu wissen“, sagte er.
„Wo waren Sie heute Abend?“
„Meine Schicht fi ng erst um neun Uhr an“, entschuldigte sich der junge Mann.
Plötzlich wurde es laut um sie herum. Das Sausen in Carola Pütz Kopf ließ nach. Sie versuchte, sich aufzurappeln, und blieb auf allen Vieren eine Weile hocken.
Streiter stand einige Meter abseits und erteilte eilig Anweisungen an die uniformierten Kollegen. Am gegenüberliegenden Beckenrand sah sie einige Kurgäste stehen, die rasch herbeigekommen waren. Unter ihnen ragte ein Konterfei besonders hervor. Grauhaarig, mit einem kleinen Bärtchen. Sie meinte, seinen sorgenvollen Blick sogar auf die Distanz zu erkennen.
Plötzlich löste sich aus der Traube etwas Kleines. Marie stürzte die Treppe herunter. Der Polizist, der die Schaulustigen in Schach halten sollte, konnte den Hund nicht aufhalten. Zwischen seinen Beinen sauste der Welpe hindurch und flog um das Schwimmbecken herum. Die kleinen Öhrchen wippten Auf und Ab. Als sie bis auf zwei Meter an Pütz herangekommen war, blieb sie stehen. Sofort fing sie an, zu knurren.
Es war Ferner, den sie anknurrte.
„Ist schon gut, meine Kleine. Der kann dir nichts mehr antun.“ Marie blieb auf Distanz und setzte sich.
Bis jetzt hatte Pütz es vermieden, Konstantin Ferner anzuschauen. S ie riskierte mit klopfendem Herzen einen fahrigen Blick auf den Toten, der mit dem Gesicht auf den Fliesen lag. Ihre Pupillen zitterten. Seine toten Augen starrten zu ihr herüber. In der Stirn klaffte eine Wunde. Blut sickerte auf die vom Wasser glänzenden Fliesen und vermischte sich damit.
Voller Abscheu schaute sie zu dem Bademeister herüber. Jetzt erst fiel ihr seine Augenfarbe auf.
Kornblumenblau.
Jolanka.
*
Bad Elster
Zu den Einsatzfahrzeugen der Kriminaltechnik, die die ganze Nacht über die Tatortspuren im Schwimmbad gesichert und das Büro des toten österreichischen Bademeisters untersucht hatten, gesellte sich am frühen Morgen ein weiterer Streifenwagen und ebenfalls ein ziviles Fahrzeug.
Zwei Beamte vom Dezernat für Bandenkriminalität gingen mit sicherem Schritt zur Rezeption und fragten dort nach Franziska Eichhorn. Dumm, dass sie genau an diesem Morgen Frühschicht hatte. Die Beamten nahmen die stellvertretende Klinikleiterin unter dem dringenden Tatverdacht fest, zusammen mit Frank Lehmann, dem Hausmeister , die Diebstähle in der Klinik, begangen zu haben. Als letzte Amtshandlung in ihrer Funktion als Stellvertreterin durfte sie den Hausmeister zur Rezeption rufen, bei dem dann ebenfalls die Handschellen klickten.
Den Fahndern war es gelungen, den Weg von einigen in der Klinik gestohlenen Schmuckstücken zu einem Hehler und von dem dann wiederum zu Frank Lehmann zurück zuverfolgen.
So kam es, dass die Rezeption an diesem Morgen für eine Stunde verwaist blieb. Solange, bis Doktor Clara von Hohenstetten mit hochrotem Kopf die Arbeit ihrer Untergebenen , zu versehen hatte.
Carola Pütz reihte sich in die Schlange derjenigen ein, die an diesem Morgen Fragen hatten. Nicht nur, weil es wieder Gerüchte gab, die die Runde drehten, sondern weil einige, wegen des erneuten Todesfalles in der Klinik, beabsichtigten, dem Haus den Rücken zu zukehren.
„Ja, aber ich kann Sie nicht einfach entlassen. Sie müssen das mit ihren Ärzten klären“, sagte von Hohenstetten zu einer Frau, die ihr mitgeteilt hatte, dass sie in einer Klinik, in der nachts geschossen wurde, keine weitere Nacht mehr verbringen würde.
„Dann machen Sie mir sofort einen Termin, damit ich so schnell wie möglicher hier wegkomme“, sagte die Dame.
Wenn Du jetzt mit der gleichen Sache kommst, dann flippt die Frau Doktor aus, dachte Pütz, die in der Reihe zwei Personen hinter der Frau stand. Der Gedanke verursachte ein wahrhaftiges Vergnügen bei ihr.
Vor ihr stand ein Mann im Bademantel, der ein Handtuch unter dem Arm trug, und bei dem Pütz sehr stark die Vermutung hatte, dass er nach der Wiedereröffnung des Bades fragen wollte.
Manche waren einfach schmerzfrei.
Die Entscheidung, die Klinik zu verlassen, hatte Pütz noch am Vorabend gefasst. Als sie mit zittrigen Beinen das Schwimmbad verließ, was sie ohne die Hilfe des breitschultrigen Polizisten nicht geschafft hätte, flog sie in die Arme von Reto Winterhalter. Marie lief immer noch verängstigt und mit eingekniffenem Schwanz neben ihr her.
„Mein Gott, wenn Ihnen etwas passiert
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