Verlorene Seelen - Carola Pütz erster Fall (Der neue Roman vom Autor der Oliver-Hell-Reihe)
lassen.
Der Schlüssel klirrte hart gegen das Metall.
Bartolomay schaute verwundert, als der Kommissar plötzlich in seine Zelle trat.
„Sie?“, fragte er, wandte aber direkt seinen Kopf wieder ab und starrte auf den Boden.
Was hätte der Kommissar ihm erzählen sollen?
Er sagte nichts, legte die Mappe neben Bartolomay auf die Pritsche, öffnete sie und fächerte die Tatortfotos neben dem Mann auf.
Bartolomays Blick flog im Raum herum, nachdem er das erste Mal die tote Jolanka gesehen hatte. Vor allem das Bild, auf dem die Augen des Kindes ins Leere starrten.
Seine letzte Erinnerung an das Kind war eine völlig andere gewesen. Lebhaft. Verspielt.
Er verbarg seine Augen mit der Hand. Als er sie wieder senkte, konnte Streiter Tränen in den Augen des Mannes sehen.
Bartolomay heftete seinen Blick immer wieder auf die Bilder. Streiter bemerkte, wie sich der Mann schüttelte. Auch der Kommissar schwieg.
Lange. Doch mitten in die Stille schrie er: „Waren Sie das?“
Bartolomay fuhr zusammen.
„Nein“, wisperte er.
„Und wer dann, wenn nicht Sie? Ersparen Sie uns endlich Ihre Spielchen!“ Streiter legte alle Wut in seine Stimme. Er sah, wie feine Spucketröpfchen von seinem Mund aus in Richtung des Mannes flogen.
„Er hat gesagt, dass er zuerst mich umbringt, wenn ich etwas aussage. Dann würde er sich meine Familie schnappen. Und ich glaube ihm das. Sie sehen ja, er hat auch diesen Mann getötet.“
„Wer hat diese Menschen getötet? Mensch, reden Sie endlich!“
Bartolomay stöhnte auf.
„Wer garantiert mir für die Sicherheit meiner Familie?“
Streiter beugte sich zu ihm herunter. Bartolomay hielt seinen Blick gesenkt.
„Das fällt Ihnen verdammt spät ein. Als sie diese Kleine dort gefickt haben, war Ihnen ihre Familie auch egal, oder? Ist Ihnen schon einmal die Idee gekommen, dass Sie es sind, der schuld an ihrem Tod ist?“
„Ich? Wieso? Ich habe sie nicht umgebracht. Nein. Ich bin nicht schuld an ihrem Tod“, schrie er.
„Das sehe ich anders. Wenn Jolanka Ciczek nicht über die Grenze gekommen wäre, damit Sie sie ficken können, wäre sie vielleicht noch am Leben. Was sagen Sie dazu? Wer kann das widerlegen? Können Sie das?“
Bartolomay bäumte sich auf. „Reden Sie nicht so mit mir!“
Streiter brachte sein Gesicht so nahe an das von Bartolomay heran, dass er seinen Atem riechen konnte. Der Mann wich zurück.
„Sie dürfen von Glück reden, dass wir nicht so mit Ihnen umgehen dürfen, wie wir es gerne würden. Aber eines kann ich Ihnen schon versprechen. Wenn ihr Arsch im Gefängnis sitzt, dann können Sie froh sein, wenn man noch mit Ihnen redet. Kinderficker sind dort nicht gut gelitten. Dort wird nicht geredet. Ich hoffe, das wissen Sie. Wenn Sie allerdings jetzt endlich reden, dann könnte man über eine bessere Behandlung nachdenken.“
Streiter wusste genau, dass er dieses Versprechen nicht einlösen konnte und er wusste ebenfalls, dass hier in der Zelle keine Aufzeichnungen gemacht wurden. Es gab keine Zeugen. Aber das war dem Kommissar egal. Für ihn zählte nur die Aussage.
Bartolomay zögerte weiter. Streiter stand mit einem heftigen Ruck auf von der Pritsche, auf der auch Bartolomay saß.
Er ging wortlos zur Türe. Klopfte gegen das gebürstete Metall. Sofort drehte sich der Schlüssel im Schloss.
„Warten Sie doch“, schrie Bartolomay hinter ihm her.
Über Streiters Gesicht huschte ein kleines, zufriedenes Lächeln, was sofort wieder verschwand; als er sich umdrehte , trug er wieder sein Pokerface. Er gab dem Beamten vor der Türe ein Handzeichen, die Türe wieder zu verriegeln.
Bartolomay war aufgesprungen.
„Ich möchte von Ihnen Garantien haben. Sonst sage ich nichts.“
Streiter zog eine Augenbraue hoch, drehte sich wieder um und hob die Hand, um erneut gegen die Türe zu klopfen.
„Halt! Ich sage Ihnen ja, was Sie wissen wollen!“
Streiter blickte in das gebrochene Gesicht des Mannes.
„Los! Ich warte nicht mehr.“
Bartolomay ließ sich wieder auf die Pritsche fallen.
„Der Kerl ist gefährlich. Er ist zu mir gekommen, hat mir ein Handy vor die Nase gehalten. Auf dem war ein Bild zu sehen“, jammerte er, „Auf dem Bild war ein Toter zu sehen. Er drohte mir an, dass er auch mich töten würde, wenn ich etwas sage.“
„Wer?“, fragte Streiter und packte den Mann am Kragen. Angstvoller, geh etzter Blick. Beinahe fing Bartolomay an, zu sabbern.
Als er dem Kommissar den Namen verriet, flüsterte er so leise, dass er ihn kaum
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