Verlorene Seelen - Carola Pütz erster Fall (Der neue Roman vom Autor der Oliver-Hell-Reihe)
Hände langsam um ihren Hals schlossen. Sie versuchte, ihn wegzustoßen. Vergebens.
Luft anhalten.
Konnte man das überleben? Bevor das Zungenbein brach?
Mit einem letzten Aufbäumen hob sie ihr Knie und rammte es in Richtung des Kerls, der auf ihr kniete.
Der Kerl schrie auf. Der Griff lockerte sich. Sie drehte sich so flink um, wie sie es noch vermochte.
Die Stimme. Obwohl, es war ja keine Stimme. Eher nur ein kehliges Geräusch.
Wer war der Kerl?
„Wer sind Sie, verdammt?“, stieß sie hervor. Ihre Stimme klang merkwürdig verändert. Sie schnappte nach Luft, zappelte wie wild und versuchte, unter dem Schienbein des Mannes hervor, zu robben. Wieder zog sie ihr Knie hoch und startete einen weiteren Versuch, einen Tritt in den Lenden des Mannes, zu landen.
„Nein, das klappt kein zweites Mal, Frau Doktor!“
Die Stimme!
Das war die Stimme von …
Konstantin Ferner, dem Bademeister!
Eine Ohrfeige krachte auf ihre Wange, noch eine von der anderen Seite. Rechts und links auf ihrem Gesicht breitete sich ein fieser Schmerz aus.
Sie stöhnte auf.
„Sie sind also der Killer!“ Trotz der Erkenntnis klang ihre Stimme klein und dünn. Alles passte, die massige, klotzige Gestalt. Seine Kraft, mit der er sie mühelos aus dem Wasser gezogen hatte.
„Sehr gut erraten.“
„Haben Sie die kleine Jolanka genauso erwürgt, wie Sie das gerade bei mir auch versucht haben?“, keuchte sie.
Die Hände des Mannes legten sich wieder um ihren Hals, drückten aber nicht zu.
„Ja, genauso habe ich das gemacht, als ich dieser kleinen Nutte das Licht ausgeknipst habe. Sie ist einfach zu gierig geworden. Sie hat gedacht, weil ich sie in diese Gegend hier gebracht habe, wäre sie jetzt der Star am Nuttenhimmel.“
Carola Pütz nahm alle Kraft zusammen, die sie noch hatte.
„Herr Kommissar, haben Sie das gehört? Das dürfte als Geständnis doch ausreichen oder?“, rief sie in die Stille der Halle.
Ferner stieß ein heiseres Lachen aus. „Auf diesen alten Trick fällt doch keiner mehr rein.“
Sein Griff verstärkte sich wieder. Verschwommen sah sie sein Gesicht, das sich nun über sie beugte. Sie glaubte beinahe eine kindliche Befriedigung auf dem Gesicht des Bademeisters zu sehen.
Sie schlug ihm mit beiden Fäusten ins Gesicht. Der Griff lockerte sich nicht. Sie röchelte, bäumte sich auf und versuchte, den Mann von sich herunter zu befördern.
Zwecklos.
Je mehr sie strampelte, umso fester schraubte er seinen Griff um ihren Hals.
War es das?
Sie fühlte, wie ihre Kräfte schwanden. Ein mächtiges Sausen bemächtigte sich ihres Kopfes.
Das war‘s.
Wer würde sie vermissen? Marie. Und Winterhalter. Gerade als sie sich vorstellte, wie Marie an ihrem toten Körper schnüffelte und sie mit ihrer kleinen Schnauze anstieß, glaubte sie, einen roten Schimmer zu sehen.
Ihre Augen begannen , zu flackern.
Eine optische Täuschung.
Erneuter Schimmer. Dazu ein entferntes Brummen.
Rot. Rot . Tot.
Dann donnerte es in unmittelbarer Nähe.
Der Schraubstock um ihren Hals löste sich.
Mit einem Mal fuhr ihr ein Blitz in die Augen. Nein, das war kein Blitz. Es blieb hell. Der Koloss kippte von ihr herunter. Sie bäumte sich auf, sog begierig Luft in ihre Lungen. Der Hals und die Kehle schmerzten infernalisch.
Sie begann, zu husten.
Was war passiert? Wo war Ferner?
Sie starrte auf das Blau der Decke des Bades. Als sich plötzlich jemand erneut über sie beugte. Instinktiv zuckte sie zusammen.
„Frau Doktor, ist alles in Ordnung mit Ihnen?“, fragte eine Stimme, die wie aus einem mit Watte gefüllten Raum zu ihr herüber drang.
Pütz nickte.
Das war nicht Ferner. Gottseidank.
Sie versuchte, sich aufzurichten. Mit einem Mal spürte sie jemanden, der ihr den Rücken stützte. Sie fing wieder an, zu husten.
Sie blickte um sich und erkannte Kommissar Streiter, der, sich noch mit der Waffe in der Hand, über den auf dem Boden liegenden Ferner beugte.
„Er hat es gestanden. Er hat Jolanka getötet!“, sagte sie und ihre Stimme klang, als hätte sie eine Flasche Whiskey getrunken. Es tat ihr weh, zu sprechen.
„Schade, dass er uns das nicht mehr selber erzählen kann“, raunte ihr Streiter zu.
„Wieso?“
„Der hat‘s hinter sich“, sagte der Kommissar und steckte seine Dienstwaffe zurück in das Holster.
Erst jetzt bemerkte Pütz den anderen Beamten, der die ganze Zeit ihren Rücken stützte.
Sie drehte sich um. „ Danke, es geht schon wieder“, sagte sie noch verstört lächelnd zu ihm und erkannte
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