Verlorene Seelen - Carola Pütz erster Fall (Der neue Roman vom Autor der Oliver-Hell-Reihe)
zwei Rosinenbrötchen und zwei Teilchen. Die gehörten noch zu dem Besten, was die Auslage zu bieten hatte, kurz vor Geschäftsschluss.
Deine Diätassistentin würde frohlocken, wenn sie dein Abendessen zu Gesicht bekäme. Mit einem diebischen Gesichtsausdruck, war mit dem einer Frau zu vergleichen, die eben ein Paar Manolo Blahniks für zwanzig Euro erstanden hatte, überquerte sie den Kirchplatz und steuerte von dort aus zielsicher in Richtung des Louisa-Sees.
Die Parkanlagen waren sehr weitläufig. Schon ein paar Meter hinter der Kirchstraße begann bereits der Rosengarten, als nördlichster Ausläufer des Parks. Zwei Minuten später hatte sie den Louisa-See erreicht.
Carola Pütz blieb eine Weile stehen und schaute über die spiegelnde Wasserfläche. Um halb sieben war es schon seit drei Stunden dunkel. Das Licht der Laternen kräuselte sich auf dem Wasser. Es waren nur sehr wenige Kurgäste unterwegs, was sie aber nicht im Geringsten störte. Ganz im Gegenteil. Sie genoss die Ruhe. Von einer Bank am Ufer aus betrachtete sie die Wipfel der Bäume, die sanft im Wind wiegten.
Die Teilchen waren schon ein wenig trocken, dennoch aß sie das Backwerk mit großem Appetit. Lange saß sie auf der Bank und reflektierte die Ereignisse des Tages.
Das Telefonat mit Winterhalter und die Obduktion von Jolanka Ciczek. Wobei Letzteres den bleibenderen Eindruck hinterlassen würde. Es war erst das zweite Kind, was sie im Laufe ihrer Karriere selber obduziert hatte. Assistiert hatte sie schon öfter.
Es wird nicht weniger tragisch, wenn es sich wiederholt.
Pütz knüllte das Papier zusammen und sah sich nach einem Papierkorb um. Mit der rechten Hand wischte sie sich die Krümel des Streusels vom Mund. Einige Meter weiter fand sie einen Mülleimer.
Sie beschloss, eine Runde , um den See zu gehen. Mit schlendernden Schritten ging sie los.
Ihr Handy klingelte. Sie sah auf dem Display, dass der Anrufer anonym war. Sie nahm das Gespräch trotzdem an.
Kurz nachdem sie sich gemeldet hatte, legte das Gegenüber auf.
Wer nicht will.
Ihr fiel auf, dass der Wind noch weiter auffrischte. Beinahe wurde sie von einem herunterstürzenden Ästchen getroffen.
Das fehlt dir noch. Dann hast Du auch noch einen kompletten Dachschaden .
Sie fröstelte. Eine Runde um den See würde sie drehen und sich dann in der Klinik noch eine halbe Stunde in die Badewanne legen.
Doch plötzlich erregte etwas ihre Aufmerksamkeit. Am anderen Seeufer tauchten mehrere Gestalten mit Taschenlampen auf. Sie schienen etwas zu suchen, die Lichtkegel zuckten hin und her.
Sie blieb stehen. Für einen Moment hörte sie nur das Rauschen des Windes. Dann klangen Stimmen über den See herüber. Pütz ging weiter. Ihre Neugier war geweckt. Was auch immer mehrere Personen um diese Tageszeit suchten. Für diese Personen besaß es eine Wichtigkeit.
Ihr Schritt wurde zügiger. Unbewusst hielt sie die Luft an. Sie wollte verstehen, was die Stimmen riefen. Doch das Rauschen des Windes verhinderte das.
Als sie den Floratempel erreicht hatte, hatte sie sich bis auf einhundert Meter den Personen genähert. Immer noch verstand sie nicht, was die Personen riefen. Zu den drei Lichtkegeln hatte sich noch ein Vierter gesellt. Die Leute blieben stehen, ihre Lampen zeigten auf den Boden.
Die halten Kriegsrat.
Schnell ging sie weiter, bevor sich die Personen wieder entfernen würden. Noch fünfzig Meter.
Jetzt hörte sie, wie eine der Gestalten etwas rief.
„Komm her. Los! Es gibt auch Leckerchen.“
Was passierte denn hier? Ist ein Hund ausgebüchst und wird gesucht?
Diese Erklärung erschien ihr sinnvoll. Sie mäßigte ihren Schritt, denn es waren nur noch knapp zwanzig Meter. Sie erkannte im Schein der Taschenlampen zwei Frauen und zwei Männer.
Wieder rief eine der Frauen etwas. „Kommt, Hundis, kommt!“
Sie rief gleich mehrere Hunde?
„Guten Abend, vermissen Sie ihren Hund?“, fragte sie, als sie die Gruppe erreicht hatte.
Die Frau, die gerufen hatte, drehte sich um.
„Guten Abend. Nein, wir versuchen, die drei Welpen einzufangen, die bei dem Unfall gestern aus dem LKW entkommen sind. Sie sind noch so klein und wenn es heute Nacht kalt wird …“
Carola Pütz verstand sofort. Sie erinnerte sich an die Umleitung, die sie hatten nehmen müssen.
„Ach, da sind Hunde entlaufen? Kümmert sich denn der Besitzer nicht um sie?“
„Das waren wohl Illegale“, antwortete einer der Männer. Groß und stattlich war er und zog angestrengt an seiner Zigarette. Er
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