Verlorene Seelen - Carola Pütz erster Fall (Der neue Roman vom Autor der Oliver-Hell-Reihe)
auch bedeuten, dass Sie hier nicht mehr das Zepter so schwingen, wie Sie es sich wünschen, Frau Doktor. Darüber sollten sie mal nachdenken. Rufen Sie jetzt den Hausmeister, oder soll sich die Polizei darum kümmern? Wegen Diebstahls an meinem Hund?“
Von Hohenstetten öffnete den Mund, als wolle sie noch etwas sagen. Im nächsten Moment schien sie es sich anders überlegt zu haben. Die drei Personen auf der anderen Seite der Theke bemerkten, wie ihre Miene einfror. Irgendetwas ging ihr durch den Kopf. Wortlos griff sie nach dem Telefon und rief den Hausmeister zu sich.
Streiter fasste Pütz vorsichtig am Arm und zog sie drei Meter von der Theke weg. Er blickte sich um, ob die Leiterin noch in Hörweite war.
„Warum haben Sie es uns nicht sofort gesagt, dass Sie da einen Verdacht hegen? Sie hätten uns das mitteilen müssen.“
„Was hätte ich Ihnen sagen sollen? Franziska Eichhorn unterhält sich im Speisesaal mit einem Fremden ? Sie hätten mich ausgelacht.“
Streiter blickte verärgert sie an. „Sie wissen, dass wir hier auch wegen dieser Diebstähle ermittelt haben? Und dann fürchten Sie sich davor, von mir ausgelacht zu werden, wenn Sie eine Aussage zu einem Verdacht machen? Woher wissen Sie denn, ob das nicht alles zusammenhängt? Der Mord, die Diebstähle?“
Pütz blickte ihn an und zögerte nachdenklich. „Ja sicher, ich hätte, was sagen können.“
„Sagen müssen, Frau Doktor, sagen müssen“ , betonte der Kommissar mit einem eindringlichen Blick und ging zurück zum Tresen, um nach Franziska Eichhorn zu fragen. Von Hohenstetten erklärte ihm, dass die Frau heute ihren freien Tag hätte. Er ließ sich die Adresse geben.
Carola Pütz kniff die Lippen zusammen. Streiters Worte machten ihr klar, dass sie sich nicht in einem luftleeren Raum befand.
Carola, die alles regelt. Verabschiede dich davon.
Sie beobachtete den Gang, aus dem der Hausmeister kommen musste. Nach einer ihr endlos erscheinenden Minute öffnete der Hausmeister die Türe zum Empfangsraum. Auf dem Arm trug er Marie.
Pütz rannte los. Als sie bis auf einige Meter dem Mann genähert hatte, warf der Hausmeister ihr Marie mit Schwung vor die Füße. Dann stemmte er grinsend seine Arme in die Seite und blickte Pütz verächtlich an.
„Passen Sie auf, Sie Grobian“, feuerte Pütz ihn an.
„Pass mal auf, Mädchen, nicht so laut, ja!“ Das fette Kinn des Hausmeisters schwabbelte Auf und Ab.
Pütz beugte sich herunter und nahm die verschüchterte Marie auf den Arm. Sie streichelte den Welpen, der seinen Schwanz bis unter die Beine geklemmt hatte. Die Ohren waren flach angelegt. Sie hatte Angst. Wahrscheinlich war dieser fette Arsch nicht zimperlich mit dem kleinen Hund umgegangen. Sie drückte sich an Carolas Brust. Sie sprach ein paar tröstende Worte zu Marie.
Dann schaute sie den Mann erstaun t an. „Was haben Sie gesagt? Soll ich die Polizei holen? Sehen Sie die beiden Beamten dort drüben stehen? Die sind von der Kriminalpolizei.“
„Achja, und ich bin der Kaiser von China, Mädchen!“
Wieder dieser selbstgefällige Blick. Pütz hatte ihn am Haken.
„Was? Was haben Sie gesagt? Sie wollen mich schlagen? Kommissar Streiter, kommen Sie mal eben bitte herüber!“, rief sie laut dem Beamten zu. Ihre Stimme dröhnte durch die ganze Halle. Schon hatte sie die Aufmerksamkeit, die sie sich erhofft hatte. Streiter blickte sich um.
„Ich habe nichts von schlagen gesagt“, maulte der Hausmeister, der sah, wie einer der Männer, die an der Theke gestanden hatten, auf sie zukam. Viele der umstehenden Klinikgäste steckten die Köpfe zusammen und tuschelten.
Wo diese Gerichtsmedizinerin mit den scheinbaren Sonderrechten auftauchte, passierte immer etwas.
„Was ist denn, Frau Doktor?“, fragte Streiter.
Pütz Blick heftete sich an das fette Gesicht des Hausmeisters, dann schaute sie den Kommissar an, als hätte sie eine phänomenale Neuigkeit auf Lager.
„Ich hatte Ihnen ja von der Stimme erzählt, die ich in der besagten Situation im Speisesaal gehört habe. Ich hatte vorher noch nie die Stimme dieses Herrn gehört, aber wenn ich mich richtig erinnere, dann hat sie eine gewisse Ähnlichkeit.“
Der Hausmeister schaute von Pütz zu Streiter und zurück. Die Überraschung war ihm ins Gesicht gemeißelt. Er kapierte nicht, dass er Pütz in die Falle gelaufen war.
„Was?“
„Wer sind Sie?“, fragte Streiter.
„Ich bin hier der Hausmeister. Was wollen Sie denn von mir? Ich habe bloß diesen Hund hier aus dem
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