Verlorene Seelen - Carola Pütz erster Fall (Der neue Roman vom Autor der Oliver-Hell-Reihe)
„Na dann Prost. Das wird aber mächtig Staub aufwirbeln in dem feinen Laden!“
„Staub oder nicht Staub. Wir haben zwei Morde aufzuklären. Ach ja, die Todesursache ist ebenfalls klar. Der Kerl wurde erwürgt. Ähnlich es Vorgehen wie auch bei dem Mädchen.“
„Dann suchen wir einen zweifachen Mörder!“
„Leck mich, ja, genau das tun wir. Also lass uns keine Zeit verlieren. Wer auch immer das gewesen ist, die Möglichkeit, dass er noch einmal mordet, ist gegeben.“
Sein Kollege schaute betroffen über seiner Lesebrille hervor. Dann stand er langsam auf und griff nach seinem Mantel, der an der Garderobe hing.
„Ich erledige das mit der Staatsanwaltschaft. Mach Du die Anrufe bei der Kriminaltechnik.“ Streiter nickte gedankenverloren.
Da war noch der zweite Gedanke, der den Kommissar beschäftigte.
War Carola Pütz noch sicher in der Klinik?
*
Sich zu entschuldigen, war keine der Stärken von Carola Pütz. Was nicht bedeutet, dass sie ihre Fehler nicht einsah. Das tat sie oft sehr schnell, nachdem sie passiert waren. Sich zu entschuldigen, und im gleichen Atemzug den anderen , um einen Gefallen zu bitten, war noch einmal eine Hausnummer schwieriger. Carola Pütz betrachtete das Gesicht der Frau vor sich in der Glasscheibe des Ladens, vor dem sie gerade stand.
Das bist Du.
Sie fing an, zu lachen. Marie spitzte die Ohren. Sie trug ein neu erstandenes Halsband in braunem Leder um den Hals, an dem eine ebenfalls braune Leine aus Leder in die Manteltasche von Carola Pütz führte. Und typisch Mädchen fand sie sich todschick damit. Ihr neues Frauchen hatte die wildesten Befürchtungen gehabt. Wie oft hatte sie Hunde gesehen, die nicht an der Leine gehen wollten, die daran zerrten und hineinbissen.
Marie blieb entspannt. Zwar hatte sie in dem kleinen Laden, der auch einige Zooartikel vertrieb, zuerst den Kopf gesenkt, als die Ladenbesitzerin ihr das erste Halsband umlegen wollte. Pütz ordnete es später eher als Protest gegen das Design des Halsbandes ein. Pink wollte Marie nicht tragen. Das war was für Hunde-Tussies. Marie aber war keine Tussi. Beim zweiten Halsband gab es schon weniger Widerstand; bei dem, was dann schließlich auch gekauft wurde, setzte sie sich und wedelte ein klein wenig Zustimmung mit ihrem kleinen Schwänzchen.
Pütz betrachtete sich weiter im Spiegel. Marie fand es langweilig, vor dem Geschäft zu stehen, und fing an, in der Nähe zu schnüffeln.
Du solltest jetzt Winterhalter anrufen.
Marie fing an, in eine Richtung zu ziehen, weil dort etwas unwiderstehlich roch.
Pütz folgte ihr und kramte ihr Telefon aus der Manteltasche. Der Nebel, der sich am Morgen am See ausgebreitet hatte, zog nun auch durch einige Straßen von Bad Elster. Es war ein trüber Tag, die Schneereste an der Seite des Bürgersteigs waren dreckig Grau und das Schmelzwasser lief über die Straße und versickerte in den nächsten Gullys.
Das Telefon klingelte und schon nach dem dritten Bimmeln antwortete Winterhalter.
„Hallo, hier ist Carola Pütz, ich möchte mich für meine schlechte Laune von Gestern entschuldigen und Sie auf einen Kaffee einladen. Haben Sie Lust?“
Sie wartete gar nicht lange ab, bis er eine Antwort formulieren konnte. „Ich habe auch eine tolle Überraschung für Sie.“
Der Schweizer räusperte sich. „Entschuldigung, ich habe ein langes Gespräch mit der Redaktion gehabt und meine Stimme ist ein wenig angeschlagen davon. Ein Kaffee klingt wie meine Rettung. Wo?“
Pütz schaute sich um. In der näheren Umgebung gab es nur Cafés, in denen Leute jenseits der Sechzig und älter einkehrten. Auf diese gutbürgerliche Gediegenheit hatte sie wenig Lust.
„Dieses ‚Café-Restaurant Waldschlösschen‘ soll sehr nett sein“, sagte sie, weil sie sich an das Schild erinnerte, das sie gesehen hatte, als sie morgens mit dem Hund Gassi gegangen war.
„In einer halben Stunde. Ich brauche noch eine Dusche, um wieder ein Mensch zu sein. Haben Sie noch so lange Zeit?“, fragte er höflich.
„Sicher. So schlimm? Das Gespräch meine ich.“
„Schlimmer. Ich berichte später, in Ordnung?“
Pütz erläuterte ihm noch kurz, dass das Café ganz in der Nähe der Klinik gelegen sei und Winterhalter versprach ihr, sich zu beeilen.“
Pütz beeilte sich nicht. Warum auch? Selbst wenn sie wie ein Kind einen Fuß vor den nächsten gesetzt hätte, so wäre sie schon weit vor der Zeit dort angekommen. Sie entschied sich dafür, noch eine Weile zum Louisa-See zu gehen. Für sie
Weitere Kostenlose Bücher