Verlorenes Spiel
vermutlich in seinem Büro«, sagte er, »wenn er nicht schon nach Hause
gegangen ist.«
»Wo
ist sein Büro?«
»Hinter
der Bühne. Da ist eine Tür über der »Privat steht. Über was wollen Sie sich
denn beschweren?«
Ȇber
nichts«, sagte ich. »Es dreht sich lediglich um einen Anstandsbesuch.«
»Ein
Polyp, der einen Anstandsbesuch macht?« er lächelte gezwungen. »Das ist ja was
ganz Neues.« Er stellte das Glas, das er poliert hatte, ab, ohne daß es nun
sauberer ausgesehen hätte. »Möchten Sie vielleicht noch ein Glas, bevor Sie den
Boss besuchen, Lieutenant — auf Kosten des Hauses — ?«
»Nein,
danke«, sagte ich.
Ich
erhob mich von dem Hocker und begab mich durch die Vorhänge in den Hauptraum.
Das Lokal wirkte dicht besetzt, obwohl man in der Düsternis nicht viel sehen
konnte. Oben auf der Bühne hämmerte ein einsamer Pianist wie ein Wahnsinniger
auf die Tasten, um diesen sehr viel Getöse und etwas Gershwin zu entlocken. Ich
ging an ihm vorbei auf die Tür mit dem Schild Privat zu,klopfte, öffnete sie
und trat ein.
In
dem Büro befanden sich zwei Wesen, ein männliches und ein weibliches. Sie
tummelten sich in einem modernen Paradies von hellen Möbeln und einer breiten,
übergroßen Couch. Ihrem Blick nach zu urteilen, als sie eilig
auseinanderfuhren, war ich die Schlange.
»Wer
hat Ihnen, verdammt noch mal, gestattet, einfach so hereinzuplatzen«, fauchte
der Kerl. »Machen Sie, daß Sie ’rauskommen!«
Das
weibliche Wesen trug eine schulterfreie Bluse und ein Paar schwarze
Netzstrumpfhosen. Sie hatte rote Haare, und falls jemand Lust dazu hatte,
konnte man die einhundertzwanzig Zentimeter Oberweite nachmessen.
Sie
holte in diesem Augenblick tief Luft, und ich kann Ihnen eines verraten — bevor
Sie diese Brustmuskulatur nicht in Aktion gesehen haben, haben Sie überhaupt
noch nie Muskeln gesehen.
»Eine
derartige Unverschämtheit ist mir in meinem ganzen Leben noch nicht passiert«,
sagte sie heiser.
»Sie
haben ja noch gar nicht gelebt, Süße«, sagte ich zu ihr.
»Habe
ich Sie, verdammt noch mal, nicht geheißen, sich ’rauszuscheren?« wiederholte
der Bursche.»Oder wollen Sie, daß ich Sie am Kragen an
die Luft befördere?«
»Man
soll sich nie an einem Polizisten vergreifen«, sagte ich, »da ruht kein Segen
darauf. Nicht etwa, weil Polizisten so leicht handgreiflich werden, sondern
einfach, weil es so viele davon gibt.«
»Polizei?«
wiederholte er unsicher.
Ich
hielt ihm den Beweis unter die Nase, und er sah beeindruckt aus.
»Tut
mir leid, daß ich Sie so angefahren habe«, murmelte er. »Aber Sie wissen ja wie
es ist — die Hälfte der Knallköpfe, die ins Lokal kommen, bilden sich nach ein
paar Martinis ein, es gehöre ihnen.«
»So
hat jeder von uns seine Probleme!« sagte ich huldvoll. »Sind Sie Duke Amoy?«
»Der
bin ich«, sagte er. »Wo brennt’s?«
Ich
musterte ihn erneut und war noch immer nicht beeindruckt. Er war groß,
untersetzt und trug kurzgeschnittenes, sandfarbenes Haar. Sein Kinn war zu
fett, und wenn er einen ansah, schielte er ein bißchen auf dem rechten Auge,
aber das lag möglicherweise an der Beleuchtung in dem Zimmer. Er trug einen
Smoking und ein Hemd, dem es nicht geschadet haben würde, wenn er es schon
früher gewechselt hätte.
»Ich
möchte mit Ihnen sprechen«, sagte ich. »Vertraulich!«
Er
warf einen Blick auf das weibliche Wesen. »Tina, Süße, wenn es dir nichts
ausmacht...«
»Aber
ich bitte dich!« Sie stand auf und schwenkte ihre Hüften zur Tür. »Jederzeit«,
fauchte sie und warf dann die Tür hinter sich zu.
»Ich
wette, ein wahreres Wort hat sie nie gesagt«, bemerkte ich.
Amoy
grinste. »Besonders hübsch ist sie ja nicht, das stimmt, aber immer zur Hand«,
sagte er. »Möchten Sie etwas trinken, Lieutenant?« fragte er.
»Gerne.«
Ich setzte mich in einen der hellen Sessel, der nicht das allerletzte an
Komfort, aber ganz bequem war. »Scotch auf Eis, ein bißchen Soda«, sagte ich.
Er
öffnete eine kleine eingebaute Bar an der Hinterseite seines Schreibtisches,
goß die Gläser ein und überreichte mir eines. Dann ließ er sich in seinen
Direktionssessel hinter dem Direktionsschreibtisch sinken. »Prost!« sagte er
und erhob sein Glas. Als er einige Sekunden später das Glas wieder abstellte,
beobachteten mich seine Augen eingehend. »Worüber wollen Sie mit mir sprechen?«
»Kennen
Sie ein Mädchen namens Randall?«
»Möglicherweise«,
sagte er vorsichtig. »Warum?«
»Lassen
wir doch die
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