Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm
gehindert. Ich war einer davon.« Sein Blick verriet die Verbitterung in seinem Herzen.
Er sah die beiden Diebe nicht mehr an, als er weitersprach: »Dann kam Ulag. Mit roher Gewalt verschaffte er sich in kurzer Zeit eine beachtliche Zahl von Ergebenen und zettelte schließlich einen Aufstand an, bei dem sämtliche Gardisten in den Minen getötet wurden. Aber er hatte nicht bedacht, dass es keine Möglichkeit gibt, aus der Eingangshöhle zu entkommen, wenn nicht jemand von draußen den Förderkorb bedient. Also saß er immer noch hier unten fest. Da die Gardisten aber keine Lust hatten, sich mit diesem brutalen Halbaffen anzulegen, trafen sie eine Übereinkunft. Sie würden ihm alles Notwendige an Vorräten und Werkzeug liefern, wenn er dafür sorgte, dass die gewünschte Menge Erz gefördert wurde. Und bei allen Göttern – er sorgte dafür. Ulag erfand dieses abartige System, bei dem man für jedes bisschen Nahrung oder sonstige Waren bei ihm mit Erz bezahlen musste. Während Ulag und seine Handlanger im Überfluss lebten, drohte der Rest von uns zu verhungern. Dies führte dazu, dass sich unterschiedliche Gruppierungen bildeten, die auf ihre jeweils eigene Art mit den neuen Gegebenheiten umgingen. Manche spezialisierten sich darauf, anderen ihr mühsam geschürftes Erz wegzunehmen. Diese Gruppe nennen wir ›Raffer‹, ihr Werk war auch die Plünderung der Neuankömmlinge. Ein weiterer Verbund hat sich so weit in die Minen zurückgezogen, dass weder Ulags Männer noch die Raffer sie erreichen können. Vollkommen abgeschottet leben sie in den tiefsten Stollen und kommen nur alle paar Tage mit ihrem Erz zum Tauschen. Sie töten jeden, der ihnen zu nahe kommt, scheren sich alle Haare vom Körper, brandmarken sich mit merkwürdigen Zeichen und zeigen eine fanatische Verehrung für den Gott Xelos. Sie werden deshalb auch Xeliten genannt. Haltet euch von ihnen fern! Das sind alles Spinner, denen die ewige Dunkelheit den Verstand geraubt hat.«
Erbukas fixierte die beiden Tileter mit seinen klaren Augen, als er fortfuhr: »Und dann gibt es meine Knappschaft, die ›Lauteren‹. Wir haben uns zusammengeschlossen mit dem gemeinsamen Ziel, zu überleben. Das schließt sowohl das möglichst effektive Erzschürfen als auch die Verteidigung gegen die anderen Gruppen mit ein. Am Ende jedes Tages wird das Erz von allen Mitgliedern der Knappschaft zusammengelegt und bei Ulag gegen Nahrung getauscht. Diese wird dann gerecht unter allen Lauteren verteilt. Jeder erhält gleich viel, unabhängig von dem, was er den Tag über geschürft hat. Wir sind mittlerweile so stark, dass keiner der Raffer es wagt, einen der Unseren zu bestehlen. Nur vor Ulag müssen wir uns in Acht nehmen, denn er wird nicht zulassen, dass wir zu einer Gefahr für ihn werden.« Der Bergmann trat noch einen Schritt weiter heran und beugte sich zu Rai hinunter. »Deshalb bin ich gekommen. Einen mit deinem Kampfgeist könnten wir bei den Lauteren gut gebrauchen. Willst du meiner Knappschaft angehören?«
Barat und Rai tauschten einen raschen Blick, dann erwiderte Rai nachdenklich: »Das klingt alles sehr gut, aber du sprichst nur von mir. Was ist mit meinem Freund Barat?«
Erbukas sah zu dem alten Soldaten hinüber und musterte ihn aufmerksam. Schließlich blieb sein Blick an Barats Knöchelwunde hängen, die durch den Fußmarsch in Ketten wieder offen und stark gerötet war.
»Diese Wunde wird sich entzünden«, bemerkte Erbukas bestimmt. Er wandte sich wieder an Rai: »Dein Freund ist alt, zu groß für die schmalen Stollen und zudem noch verwundet. Er wird weniger Erz schürfen, als seine Ernährung kostet. Ich kann das meiner Knappschaft nicht zumuten. Ihr müsst begreifen, dass es trotz unseres Zusammenhalts immer noch hart ist, das nötige Erz zum Überleben zusammenzubekommen. Wir müssen bereits unsere verletzten oder kranken Gruppenmitglieder durchbringen, wir können uns nicht noch zusätzlich mit einem geschwächten Neuling belasten. Ich hoffe, ihr könnt das verstehen.«
Rai hatte bei den letzten Sätzen unwillkürlich seine Fäuste geballt. Unter diesen Umständen verstand er das Angebot als eine Aufforderung, seinen Freund zu verraten. Da ihm der Bergarbeiter offensichtlich unterstellte, er brächte so etwas fertig, kamen dessen Worte einer Beleidigung gleich.
Als Rai gerade ansetzte, seinem Gegenüber den verachtenswerten Vorschlag mit den gebührenden Worten um die Ohren zu schlagen, wurde er von Barat am Arm gepackt: »Rai, sei nicht dumm!
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