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Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm

Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm

Titel: Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Rothballer
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das tägliche Überleben forderte. Doch der Wert der Behausungen bestand nicht in ihrer Behaglichkeit, sondern in dem Schutz, den dieser abgegrenzte Bereich vor dem Zugriff der Raffer bot. Wer dagegen alleine irgendwo in den Minen nächtigte, stellte ein leichtes Opfer dar.
    Wie Erbukas es bereits angekündigt hatte, waren die meisten Neulinge dazu gezwungen, in einer der großen Höhlen mit dem Erzschürfen zu beginnen. An diesen Stellen hatte eine reiche Lagerstätte dazu geführt, dass durch beständiges Abtragen des erzhaltigen Gesteins im Laufe der Jahre beachtliche Hohlräume im Herzen der Berge entstanden waren. Zum Teil wurden die Wände dort von abenteuerlichen Holzkonstruktionen getragen, die aber zumeist aus der Zeit stammten, als die Mine noch unter Aufsicht der Gardisten stand. Trotzdem bot dieses Stützwerk, wenn auch oftmals morsch oder dringend reparaturbedürftig, wenigstens ein Mindestmaß an Schutz für die Arbeiter. Indes, seit Ulag die Kontrolle in der Mine übernommen hatte, wurden solche Vorsichtsmaßnahmen als überflüssiger Luxus angesehen und unterblieben daher. Besonders in den schmalen Stollen der unteren Ebenen musste man deshalb stets mit Deckeneinbrüchen rechnen. Aus diesem Grund arbeiteten auch jetzt noch viele Sklaven in den großen Kammern, auch wenn dort nach Jahrzehnten der Ausbeutung kaum noch etwas zu holen war. Davon profitierten jedoch die Neulinge, da so zumindest die zahlreichen Bergmannslichter für eine spärliche Beleuchtung sorgten und man zudem von den erfahrenen Arbeitern die nötigen handwerklichen Kenntnisse erlernen konnte.
    Rai und Barat waren den Ratschlägen von Erbukas gefolgt und hatten die großen Kammern der ersten Sohle hinter sich gelassen. Je weiter sie sich in die Dunkelheit hinabwagten, desto heller wirkte das Licht ihrer Kerze, bis ihre ganze Welt von dieser kleinen Flamme abzuhängen schien, als wäre sie das Einzige, was die finstere Masse des Berges ringsherum in Schach halten könnte. Rai trug ihre Lichtquelle deshalb wie ein rohes Ei vor sich her, während er sie stets sorgsam, ohne Rücksicht auf seine rußgeschwärzte Handfläche beschirmte. Die in mehreren Stufen abwärtsführenden Blindschächte, die jeweils eine Sohle mit der anderen verbanden, erwiesen sich dabei als schwierige Barrieren, da es oftmals galt, Leitern zu überwinden, ohne dabei die Kerze aus der Hand legen zu können. Doch nachdem sie die insgesamt drei Leitern letztlich ohne Zwischenfälle hinter sich gebracht hatten, erreichten sie endlich die zweite Sohle. Der erste Eindruck dieser tiefsten Ebene des Westteils war alles andere als viel versprechend. Es war eng, feucht und stickig. Nach einem kurzen Gangstück, das Barat bereits nur noch leicht gebückt passieren konnte, öffnete sich rechter Hand eine nach hinten abfallende Höhle. Der üble Kloakengeruch, der der Grotte entströmte, ließ keinen Zweifel daran, dass die Minenarbeiter diesen Ort zum Verrichten ihrer Notdurft aufsuchten. Mit angehaltenem Atem stolperten die beiden Neulinge weiter, um wenig später wiederum auf eine große Kaverne rechts von ihnen zu stoßen, die beinahe zur Hälfte mit Geröll angefüllt war. So wie es aussah, wurde hier all das gebrochene Gestein abgeladen, das keinen wertvollen Eisenanteil enthielt. Ausgehend von dieser unbehauenen Kammer war der von Erbukas als Richtstrecke bezeichnete Hauptgang tiefer in den soliden Fels vorangetrieben worden. Alle zwanzig bis dreißig Schritt zweigten von dem knapp mannshohen Stollen Nebentunnel ab, die in der Bergmannssprache »Querschläge« hießen. Sie führten zu den eigentlichen Erzlagerstätten, wo der Rötel aus dem Gestein gemeißelt wurde. Meist boten diese Seitenstollen im Eingangsbereich gerade genug Platz, um dort einigermaßen bequem sitzen zu können, aber bereits nach wenigen Schritten wurden sie dermaßen eng, dass ein Fortkommen nur noch kriechend zu bewerkstelligen war.
    Erbukas’ Beschreibung folgend, machten die beiden Diebe am fünften Querschlag auf der linken Seite halt. Recht bald stellte sich heraus, dass nur Rai bis ans Ende des Tunnels würde vordringen können, da der Durchmesser des Gangs so gering war, dass Barat selbst auf allen vieren unweigerlich stecken geblieben wäre. Der Stollen musste von einem Kind angelegt worden sein, denn selbst der schlanke Rai hatte bei manchen Passagen erhebliche Mühe, sich hindurchzuzwängen. Tatsächlich stieß er jedoch im hinteren Teil wie erhofft auf das rötliche Gestein, von dem

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