Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm
Eiland gefunden hatte.
Da Garlan keine Gefahr mehr darstellte, konnte Arton nun seine gesamte Aufmerksamkeit etwas anderem zuwenden, das ihn faszinierte. Wie vor einem Gemälde, bei dem die gesamte Darstellung nicht zu erkennen ist, ehe man sich ein paar Schritt entfernt, so konnte er auch hier den mächtigsten Gedankenstrom in seiner Umgebung erst entdecken, als er sich nicht mehr von den vielen Einzelwahrnehmungen ablenken ließ. In einem pulsierenden Netzwerk von Gedankenfäden vereinte sich das Bewusstsein der kleinen, schwarz verhüllten Tempelkrieger zu einer gewaltigen Präsenz, die über dem Burghof hing wie unzählige Lagen hauchfeinen Tuchs. Doch etwas überschattete diesen gemeinsamen Geist oder mischte sich vielmehr darunter wie ein Missklang in einer sonst vollkommenen Harmonie. Fremde Gedanken flochten sich in das komplizierte Gebilde aus Sinneseindrücken, Empfindungen und Denkvorgängen, die das Handeln der unscheinbaren Kreaturen bestimmte. Die unverkennbaren Spuren dieser Einflussnahme ließen sich ohne Schwierigkeiten zurückverfolgen. Der Priester des Cit bildete den Ursprung, sein Geist kontrollierte jede Bewegung der verhüllten Kämpfer.
Rai wehrte sich indessen verzweifelt gegen zwei Zarg gleichzeitig, die wie zornige Bienen nicht von ihm ablassen wollten, obwohl er Schritt um Schritt zurückwich. Kawrin erging es nicht viel besser, und selbst Barat musste sich inzwischen mit diesem Albtraum aus Arch Themur auseinandersetzen, da die kleinen Kämpfer mittlerweile die gefallenen Tempelwächter, denen Barat bisher zu Leibe gerückt war, ersetzt hatten. Der Ring um die Minenarbeiter hatte sich fast geschlossen, nur bei der Kaserne, wo Arton stand, war die dunkle Schar noch nicht angelangt. Rai hackte verzweifelt mit seinem Schwert nach den schwarzen Gnomen, ohne dabei auch nur einen Treffer zu landen. Immerhin hielt er sich damit diese Dämonenbrut notdürftig vom Leib, aber sein Arm schmerzte bereits, als wäre er verwundet. In Wahrheit spürte er nur seine gepeinigten Muskeln, die eine so massive Beanspruchung nicht gewohnt waren. Eine Minute noch, vielleicht auch zwei, dann würde seine Kraft endgültig schwinden. Das schwarze Vergessen, das sie alle auf dem Weg in Xelos’ Feuer überkommen würde, schien nur noch ein paar Schwertstreiche entfernt.
Arton öffnete seinen Geist, ließ ihn über die dunkle Klinge nach außen strömen, um forschend nach jenem Gedankengeflecht zu tasten, das die kleinen Kämpfer zu einem einzigen Lebewesen verband. Er verschmolz mit diesem Netzwerk, war dabei jedoch kein Eindringling wie der Citdiener, sondern wurde zu einem Bestandteil des Ganzen. Er dachte, was sie dachten. Und die Gedanken, die er nun teilte, waren überwältigend. Ihre Erinnerung reichte zurück bis an den Anfang der Ostlande. Ihr vereinter Verstand vergaß nichts. Die Bilder Tausender Leben prasselten auf ihn ein. Beinahe verlor sich Arton in diesem Übermaß an Erfahrungen und Wissen, doch gerade noch rechtzeitig vermochte er sich zurückzuziehen auf eine Ebene des Denkens, die sich mit der Gegenwart befasste. Dort spürte er nach den gedanklichen Einflüsterungen des Priesters, die sich wie die Ranken einer Schlingpflanze um das fragile Gespinst des gemeinsamen Bewusstseins der kleinen Kreaturen gewunden hatten. Er konnte diesen Fremdkörper fühlen, als wäre es ein Dorn in seinem eigenen Fleisch. Mit einer kurzen mentalen Anstrengung entfernte er die störende Präsenz des Citpriesters, als würde er ein Unkraut aus der Erde ziehen. Der Geist der ungewöhnlichen Geschöpfe war wieder frei und ihr Handeln nicht mehr dem Einfluss eines fremden Verstandes unterworfen. Arton genoss für einen Moment das erhebende Gefühl der Harmonie, das sich daraufhin einstellte, obwohl nun – wie von weit her – eine vollkommen andere Empfindung in sein Bewusstsein drang. Sein fast vergessener Körper signalisierte tiefe Erschöpfung, der sich Arton widerwillig beugen musste. Die Rückkehr in seinen geschundenen Leib wirkte ernüchternd, fast qualvoll.
Ohne erkennbaren Grund ließen die Zarg mit einem Mal von ihnen ab. Rai, Kawrin, Barat, Erbukas, alle hatten sich dem Ansturm der unheimlichen Schar kaum noch widersetzen können. Niederlage und Tod war nur noch eine Frage von Augenblicken gewesen, und urplötzlich stellten ihre unbezwingbar scheinenden Widersacher jede Gegenwehr ein. Wie eine harmlose Herde von Schafen zogen sie sich bis zur Burgmauer zurück, wo sie einen engen Kreis bildeten und
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