Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm
biss und kratzte, doch ihre Versuche zu entkommen, führten nur zu dem Ergebnis, dass sie sich am Ende mit dem Gesicht im Straßenschlamm wieder fand. Rücksichtslos wurden die Arme der jungen Frau auf dem Rücken verschnürt. Durch den kühlen Schlamm auf ihrem Gesicht, begann sich ihr Verstand wieder zu klären. Nun wurde ihr die ganze erschütternde Niedertracht bewusst, mit der Arton vorgegangen war. Der verlorene Geldbeutel war nur ein billiger Trick gewesen, durch den dieser Mann, den sie für so gütig gehalten hatte, einen Vorwand fand, sie zu verhaften und ihrer Tochter zu berauben. Er hatte den Gardisten sicherlich erklärt, sie habe das Geld gestohlen, und wer würde ihr, einer heruntergekommenen Witwe, glauben, dass dieser einflussreiche Mann den Geldbeutel absichtlich hatte fallen lassen, um sie aus dem Weg zu räumen. Ihr war lediglich unklar, warum sich ein solcher Aufwand überhaupt lohnte, doch ein unbestimmtes, beklemmendes Gefühl sagte ihr, dass es etwas mit der Abstammung des Kindes zu tun haben musste.
In ihrem tiefsten Inneren entstand ein Gefühl, das weit stärker war als die Wut und der Zorn zuvor. Es war abgrundtiefer Hass, der ihr beinahe die Luft zum Atmen nahm. Das Verlangen nach Rache durchdrang Belenas Kopf und setzte sich fest wie ein Speer mit tausend Widerhaken. Und eines wusste sie plötzlich mit absoluter Gewissheit: Sie würde Gelegenheit zur Rache bekommen! Dies war nicht ihre letzte Begegnung mit diesem verhassten Menschen. So spie sie Arton in ohnmächtiger Wut die Worte entgegen, die er niemals wieder vergessen sollte:
»Möget Ihr verflucht sein, Arton Erenor! Das Verderben soll Euch folgen wie ein hungriger Wolf, und es wird Euch verschlingen im Moment Eurer Schwäche.«
Maralon hatte ganze Arbeit geleistet. Er hatte Schreiner, Tischler und Maurer beauftragt, alle Räume der Schule auf das Eintreffen der kleinen Gäste vorzubereiten. Betten standen bereit, um bezogen zu werden, Wände waren neu eingezogen worden und Küche und Speisesaal vergrößert. Außerdem hatte Maralon eine Schar Köchinnen, Ammen, Mägde und vor allem gute Lehrer angeworben und einen Schmied beauftragt, Schwerter in verschiedenen Größen zu fertigen, obwohl diese Übungswaffen wahrscheinlich erst in einigen Jahren gebraucht werden würden. Die äußeren Wände hatten einen neuen Anstrich erhalten, und sogar das Dach war ausgebessert worden. Arton hatte zwar einige Bedenken wegen der enormen Kosten, doch im Grunde war er froh, dass diese notwendigen Arbeiten nun endlich in Angriff genommen worden waren.
Arton begutachtete schon seit einiger Zeit die von den Handwerkern durchgeführten Arbeiten und war mittlerweile auf der Rückseite des Gebäudes angelangt, wo er die Malerarbeiten an der Fassade in Augenschein nahm. Wie immer genoss er die Ruhe, welche die hier wachsenden, alten Bäume ausstrahlten, doch diesmal übertrug sich ihr Frieden nicht auf ihn. Arton beschäftigten die letzten Worte von Thalias Mutter weit mehr, als er es sich eingestehen wollte. Eigentlich hätte er es als das bedeutungslose Geschwätz einer verzweifelten Frau abtun sollen, aber aus irgendeinem Grund hatte sich Belenas Fluch wie mit einem Brandeisen in sein Gedächtnis eingeprägt und war von jenem Tag an beunruhigend oft Teil seiner Albträume.
Die kleine Thalia war zusammen mit den anderen Nachwuchskriegern in dem Teil des oberen Stockwerks untergebracht, in dem sich auch die übrigen Schlafzimmer befanden. Arton hatte sich besonders um das Vertrauen des völlig verstörten Mädchens bemüht und ihr immer wieder gesagt, ihre Mutter sei sehr krank gewesen und deshalb habe man sie zwingen müssen, ihre Tochter unter die Aufsicht der Kriegerschule zu stellen. Ob er mit diesen Worten wirklich zu ihr durchgedrungen war, konnte er nicht ermessen, denn das Mädchen hatte noch kein Wort gesprochen, seit sie von ihrer Mutter getrennt worden war.
Unterdessen hatte sich auch Arden das erste Mal seit Tagen wieder in der Schule blicken lassen und gleich im Handumdrehen das Herz der neuen Schülerschaft gewonnen, indem er ein paar Kunststücke mit seinem Schwert vollführte und dazu großspurig von seinen Heldentaten bei einigen Kneipenprügeleien berichtete.
Im Großen und Ganzen waren aber alle recht zufrieden, und die ersten Tage Unterricht im Schwertkampf sowie im Lesen und Schreiben waren sowohl für die Schüler als auch für die Lehrer ohne Schwierigkeiten verlaufen. Eine besondere Hilfe bei den einfachen Schwertübungen
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