Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm
rasch aufs Meer hinaus, sodass es bald außer Reichweite der Wurfgeschosse lag. Auf dem Steg standen regungslos die dunklen Gestalten. Dann waren sie verschwunden wie ein böser Traum.
FAMILIENBANDE
I n Seewaith war die Familie Erenor mit den Vorbereitungen für das Eintreffen der jungen Schüler beschäftigt. Maralon kümmerte sich hauptsächlich um ihre Unterbringung, während Arton möglichst viele Familien zu finden versuchte, die bereit waren, ihre Kinder in die Obhut der Kriegerschule zu geben.
Es dauerte nur wenige Tage, bis Arton beinahe dreißig Jungen und fünfzehn Mädchen im Alter zwischen vier und neun Jahren als zukünftige Krieger in seiner Schule versammeln konnte. Die meisten Eltern wollten kein Geld oder nur wenig annehmen, denn sie waren froh, ihre Kinder gut aufgehoben und ohne Hunger zu wissen.
Doch Arton hatte sich nicht nur aus reiner Abneigung gegen den Sklavenhandel zu diesem Vorgehen entschlossen. Nachdem Maralons Worten zufolge nur ein Erenor die Kraft des Schwertes Cor nutzen konnte, war der einzige Weg, Arden die Klinge streitig zu machen, einen Erben aus dem Geschlecht der Erenor zu finden und auszubilden, der Arton treu ergeben sein und das Schwert nur auf Artons Befehl hin benutzen würde. Durch Zufall hatte er herausgefunden, wo ein solcher Nachkomme der Erenors lebte.
So führten ihn nun seine Pläne in die schäbigste Gegend der Stadt. Da er sich jedoch die letzten Tage häufig in den Armenvierteln aufgehalten hatte, war er es inzwischen gewohnt mit seinen teuren Lederstiefeln im Dreck der Gassen herumzuwaten und ständig von kläglichen, heruntergekommenen Gestalten angebettelt zu werden. Als Arton endlich die kleine, dunkle Seitenstraße gefunden hatte, nach der er suchte, war alles in ihm zum Zerreißen gespannt. Er wusste, dass seine Pläne nur verwirklicht werden konnten, wenn er jetzt auch bereit war, bis zum Äußersten zu gehen.
Bisher hatte sich indes alles zu seinem Vorteil entwickelt: Vor fast fünf Jahren war es gewesen, am Bajulafeiertag, an dem sein Bruder das erste Mal an dem Fest teilnehmen durfte, das jedes Jahr am gleichen Tag zu Ehren der Fruchtbarkeitsgöttin Bajula stattfand. Arden war zu jener Zeit unsterblich verliebt in ein hübsches Mädchen namens Belena Sogwin. Offenbar verbrachten sie die Bajulanacht zusammen, was nicht ohne Folgen blieb. Bevor dies Belena jedoch bewusst wurde, verlor Arden, der schon damals von den Mädchen umschwärmt wurde, das Interesse an ihr und sah sich nach einer neuen Liebschaft um. Die Eltern des schwangeren Mädchens drängten sie dann dazu, einen alternden, kinderlosen Schmied zu heiraten, der sie und ihren Nachwuchs wenigstens versorgen könnte. Arden erfuhr daher nichts von der ganzen Sache.
Als nun Belenas Mann vor sechs Wochen starb, kam die junge Witwe angesichts ihrer ausweglosen Situation zur Kriegerschule, um den leiblichen Vater ihres Kindes um Unterstützung zu bitten. Doch unglücklicherweise zwangen Arden gewisse unaufschiebbare Geschäfte dazu, ausgerechnet diesen Tag im Hafenviertel zu verbringen, und die junge Witwe wandte sich in ihrer Verzweiflung an Arton. Er versprach ihr, dem Vater ihres Kindes alles mitzuteilen, und schickte die erleichterte Frau nach Hause. Insgeheim ließ er jedoch der Garde den Befehl erteilen, ihr zukünftig unter allen Umständen den Zutritt zur Kriegerschule zu verweigern, und begann noch am selben Tag, Erkundigungen einzuziehen, um ihre Aussage zu überprüfen. Als Arton sich absolut sicher war, dass die Geschichte der jungen Frau tatsächlich der Wahrheit entsprach, leitete er alles in die Wege, damit er Ardens unehelichen Sprössling, ohne Verdacht zu erregen, in die Kriegerschule aufnehmen konnte.
Auf diese Weise plante er, sich einen gefügigen Schwertträger heranzuziehen, mit dessen Hilfe er Arden das Schwert streitig machen wollte. Die Einzige, die außer Arton von der Angelegenheit wusste, war die Mutter des kleinen Bastards, und deshalb musste er sie unbedingt aus dem Weg schaffen, wenn nötig mit Gewalt.
So war zumindest sein Plan. Die Verwirklichung desselben war allerdings eine andere Sache. Denn unversehens stellte sich ihm ein Problem in den Weg, mit dem er absolut nicht gerechnet hatte: Schuldgefühle. Er wusste selbst nur zu gut, wie es war, ohne die Liebe einer Mutter aufzuwachsen. Er war ungefähr im selben Alter wie der kleine Bastard gewesen, als er seine eigene Mutter verlor. Bis heute war er über diesen Verlust nicht hinweggekommen. Und bei
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