Vermählung um Mitternacht
Augen auf und schnappte ein paar Mal nach Luft.
»Genau das habe ich aber getan«, versetzte Alec grimmig.
»Nie im Leben! Du kannst doch nicht den Drachen heiraten!«
»Ich habe Miss Julia Frant geheiratet«, verkündete Alec mit frostiger Zurückhaltung. Obwohl er sie selbst mehr als einmal den »Drachen« genannt hatte, irritierte es ihn, wenn es jemand anderes tat.
Edmund lief rosa an. »Ich wollte niemanden beleidigen. Sie ist ja kein richtiger Drache. Allerdings kann sie manchmal schon wie einer dreinschauen. Einmal, als ich die Unvergleichliche zum Tanzen überreden wollte, kam der Drache direkt zu mir und ...«
»Edmund! « rief Lucien den Jüngeren zur Ordnung. »Du hast mal wieder mehr als genug gesagt.« Der Herzog wandte sich an Alec. »Vielleicht könntest du erklären, wie es zu dieser Wendung kam?« Alec erhob sich und schenkte sich Brandy nach. »Da gibt es nichts zu erklären. Ich habe Julia Frant geheiratet, und damit basta.«
Lucien guckte ihn prüfend an. »Und du bist sicher, dass ihr Vater den Titel einmal innehatte?«
Edmund runzelte wichtigtuerisch die Stirn. »Könnte ein Trick gewesen sein, um dich vor den Altar zu schleppen. In ihrem Alter muss sie ja am Verzweifeln gewesen sein.«
Nicht verzweifelt genug, um mich auch ohne die Hälfte meines Vermögens zu heiraten, dachte Alec grimmig. »Julia Frant war in ihrem ganzen Leben noch nicht verzweifelt.«
»Sie hat auf mich immer den Eindruck einer überaus entschlossenen jungen Dame gemacht«, sagte Lucien mit schalkhaft funkelnden Augen.
Edmund zuckte kurz zusammen. »So eine ist das also.« Er bückte Alec an. »Vielleicht hat sie es ja auf dich abgesehen. Du verstehst wirklich etwas von Frauen!«
»Himmel, nein.« Und doch musste Alec flüchtig daran denken, wie heißblütig sie auf seinen Kuss reagiert hatte. Er schüttelte den Kopf und starrte stirnrunzelnd in sein Glas. Hinter dem sittsamen Äußeren seiner Frau verbarg sich eine leidenschaftliche Natur. Er wusste nicht genau, warum, aber der Gedanke deprimierte ihn.
Lucien zog eine Braue hoch. »Dann erzähl mal von dem mysteriösen Earl.«
Alec nahm einen großen Schluck Brandy. »Er wanderte nach einem Streit mit seinem Vater nach Amerika aus und kehrte nie zurück.«
»Nicht einmal, als er den Titel erbte?« fragte Edmund verblüfft.
Der Brandy hinterließ einen bitteren Nachgeschmack, der genau zu Alecs Stimmung passte. »Er erbte den Titel zwei Tage vor seinem Tod.«
Lucien pfiff lautlos. »Du lässt es aber darauf ankommen, was?«
Abwesend zerrte Edmund an seinem Halstuch, bis es ganz zerknittert war. »Scheint mir nicht ganz astrein zu sein, die ganze Sache. Ein Mädchen zu heiraten, dessen Vater nur ein paar Tage lang Earl war! Das lassen dir diese alten Kümmelspalter, die dein Großvater als Testamentsvollstrecker eingesetzt hat, bestimmt nicht durchgehen.«
»Müssen sie aber«, erwiderte Alec. Er weigerte sich, eine andere Möglichkeit auch nur ansatzweise in Erwägung zu ziehen.
Der Herzog betrachtete das glimmende Ende seiner Zigarre. »Weißt du, mein Freund, vielleicht entpuppt sich das noch als Glücksfall. Ich kann mich des Gedankens nicht erwehren, dass Julia von beiden die bessere Wahl ist.«
»Der Drache besser als die Unvergleichliche?« rief Edmund aus. Er fing Luciens strengen Blick auf und fügte hastig hinzu: »Äh, Alec, was hast du denn jetzt vor?«
Alec stellte sein Glas ab. »Erst einmal bin ich mit dem Rechtsanwalt verabredet. Ich wollte Lucien heute Morgen aufsuchen, um ihn zu fragen, was ich dem Mann erzählen soll. Pratt ist ein geschwätziger alter Narr, und ich wollte ihn nicht mit den Einzelheiten schockieren.«
Edmund verzog das Gesicht. »Da hat er Recht, Lucien. Letzten Monat hab ich Alec in die Kanzlei dieses Kerls begleitet. Hab mein Lebtag kein so sauertöpfisches Gesicht gesehen. Als ich wieder daheim war, war ich selber so missmutig, dass ich nicht mal die gelbe Sauce anschauen wollte, die mein neuer Koch mir für die Eierspeise zubereitet hatte, und dabei esse ich Saucen für mein Leben gern.«
»Alec, sag dem Mann die Wahrheit«, riet Lucien.
»Auch über Therese?«
»Vor allem über Therese. Wenn es dir gelingt, den Testamentsvollstreckern Thereses wahre Natur vor Augen zu führen, sehen sie vielleicht ein, dass sie nicht die richtige Frau für dich gewesen wäre, und erkennen deine Ehe mit Julia an.«
Alec lehnte den Kopf zurück und guckte zur verzierten Stuckdecke hoch. Nie würde er begreifen, wieso sein
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