Verneig dich vor dem Tod
neigte sich tief zum Mund des Mannes. »Sprich. Versuch zu sprechen.«
Die Lippen zitterten wieder.
»Der … der Abt …«
Mit einem Seufzer fiel der Mann zurück.
Aldhere stand auf, und sein Gesicht war voller Zorn.
»Cild!« murmelte er.
»Lord!« rief einer seiner Männer, der die anderen Leichen untersucht hatte. Er kam herbei und hielt ihnen etwas hin.
Aldhere nahm den Gegenstand in die Hand, drehte ihn hin und her und zeigte ihn dann Fidelma und Eadulf.
»Es gibt keinen Zweifel mehr«, sagte er leise.
Der Gegenstand war ein Kruzifix an einem Lederriemen, der durchgerissen war.
»Cild ist verantwortlich für diese Schandtat.«
Fidelma war überrascht von der Bitterkeit in seiner Stimme.
»Der Haß zwischen dir und deinem Bruder scheintsehr tief zu gehen. Tiefer, als du es mir gesagt hast, glaube ich.«
Aldhere kniff die Augen zusammen. »Wie meinst du das?«
»Ich meine die Tatsache, daß Abt Cild seine Mönche bewaffnet hinausführt, um dich und deine Gefolgsleute anzugreifen. Er hat keine Hemmungen, deine Männer zu töten. Du hast mir erklärt, die Feindschaft sei entstanden, weil dein Vater ihn zu deinen Gunsten enterbt hat. Es fällt mir schwer, zu begreifen, daß er nur deshalb einen Haß empfindet, der ihn zu solchen Taten treibt.«
Aldheres Miene war düster.
»Du kennst die ganze Abgründigkeit der Seele meines Bruders nicht, Schwester. Einer Seele, die von schwarzem Haß gegen alle Menschen erfüllt ist.« Er wies auf die Leichen im Wald. »Brauchst du noch weitere Beweise für seinen üblen Charakter?«
Er wandte sich um und erteilte die Befehle an seine Männer für den Transport der Leichname zum Lager.
»Was habt ihr jetzt vor?« wollte er dann von Fidelma und Eadulf wissen. »Wollt ihr im Schutz meines Lagers bleiben?«
»Wir können nicht viel tun«, murmelte Fidelma kopfschüttelnd. »Wiglaf hat als letzter mit Botulf gesprochen, und Botulf war wahrscheinlich der einzige, durch den wir hätten erfahren können, was wirklich in Aldreds Abtei vor sich geht. Wir werden weiterreisen. Es hat wenig Zweck, wenn wir hier bei dir bleiben.«
»Heißt das, ihr kehrt nach Canterbury zurück?« fragte Aldhere überrascht.
»Vielleicht«, antwortete Fidelma knapp.
Sie bestiegen ihre Ponys und verließen Aldhere und seine Männer, die sich an ihre traurige Arbeit machten.
Als sie ein Stück geritten waren, sagte Eadulf: »Ich kenne dich, Fidelma. Du willst bestimmt nicht jetzt schon nach Canterbury zurück.«
Fidelma verzog das Gesicht.
»Natürlich nicht.« Sie schmunzelte.
»Also willst du doch wieder zur Abtei? Auch nach diesem Beispiel von Cilds Grausamkeit?«
»Hast du jemals daran gezweifelt?«
Eadulf schwieg einen Moment, dann zuckte er die Achseln. »Ich glaube nicht.« Nach kurzem Zögern fügte er hinzu: »Willst du tatsächlich Lord Sigeric um Unterstützung ersuchen?«
»Es scheint, als wäre das unsere einzige Hoffnung, das
troscud
zu verhindern. Wenn wir nicht feststellen können, was mit Gélgeis und Botulf geschah, müssen wir einen anderen Weg finden, Gadra von seinem rituellen Fasten abzubringen.«
»Wären die Folgen wirklich so schlimm, wie du sagtest?«
Fidelma sah ihn an, und er las die Antwort in ihrem Gesicht.
»Wenn es nicht so wäre«, erwiderte sie, »dann wäre ich jetzt unterwegs zum nächsten Hafen, um ein Schiff nach Hause zu suchen und nicht eine Stunde länger in dieser Wildnis voller Haß und Krieg zu bleiben.«
Bei der Schärfe ihrer Worte zuckte Eadulf zusammen. Sie spürte seine Reaktion und empfand sofort Reue.
»Es hätte keinen Zweck, wenn ich so täte, als gefiele mir dieses Land mit seinen Bräuchen, Eadulf. Mir erscheint es als ein Ort von heftiger und unbeherrschter Natur. Ein Ortextremer Gegensätze, aggressiv, hochfahrend und ohne Rücksicht auf andere.«
Eadulf sah schockiert aus. »Du hast doch kaum genug davon gesehen, daß du zu solch einer Folgerung kommen könntest.«
»Wirklich nicht?«
»Dies ist mein Volk, Fidelma. Ja, es entstammt einer Tradition, in der das Schwert eher regiert als der Pflug, aber ich weiß, daß mein Volk aufrichtig ist, begabt und zur Führerschaft bei gefährlichen Unternehmungen befähigt. Wir sind ein streitbares Volk, das stimmt, aber wir können uns auch für unsere Religion und unsere Politik begeistern und sind immer entschlossen.«
Fidelma schaute ihn belustigt an.
»Du verteidigst dein Volk mit Hingabe, Eadulf.« Sie lächelte.
»Ich fürchte, du tust ihm unrecht.«
»Ich muß es so
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