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Verneig dich vor dem Tod

Verneig dich vor dem Tod

Titel: Verneig dich vor dem Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Denk daran.« Mit einem zerstreuten Lächeln wandte er sich zur Tür.
    »Ich werd’s mir merken«, rief ihm Fidelma nach. »Undsei vorsichtig mit deinen Fragen, Eadulf. Die Brüder in diesem Hause sind anscheinend leicht zu verprellen.«
    Als Eadulf das Gästehaus verließ, begann in der Ferne eine Glocke zum Angelus zu läuten. Er schritt rascher aus, den dunklen, mit Steinplatten belegten Gang entlang, und versuchte sich an den Weg zur Kapelle zu erinnern. Es war eisig kalt, und durch die Bögen, die sich zum Hof hin öffneten, sah er, daß der Schnee noch immer schräg vom schwarzen Nachthimmel fiel. Durch mehrere überdachte Gänge gelangte er zu einem kleineren Hof, den ein Kreuzgang umgab. An Eadulfs Seite hing am Ende eine Sturmlaterne, die eine Tür beleuchtete. Eine ähnliche Laterne erblickte er über einer Tür auf der anderen Seite. Im offenen Hof lag der Schnee sehr dicht. Er merkte, daß dies der kleine Hof hinter der Kapelle war, wo man den Leichnam von Bruder Botulf gefunden hatte. Er hielt inne. Eine der Türen mußte in die Krypta führen.
    Er stand an einem der Pfeiler und überlegte, wie er am besten zur anderen Seite der Kapelle, wo die Haupttüren waren, gelangen könnte, als er auf der gegenüberliegenden Seite des Hofes im Schatten des Kreuzganges eine Bewegung bemerkte. Eine schlanke Gestalt in einem langen Mantel trat aus einer dunklen Nische und schritt rasch und leise den Gang entlang. Erstaunt sah er zu. In diese Umgebung schien die Gestalt nicht zu passen. Sie blieb an der Tür mit der Laterne kurz stehen und blickte sich forschend um, ob sie nicht beobachtet würde. Eadulfs Augen weiteten sich.
    Das schwache Licht ließ ihn das Gesicht einer jungen Frau erkennen. Selbst über den Hof hinweg empfing Eadulf den Eindruck von zarter Schönheit, blassem Teint – zublassem? – und blondem Haar. Die Gestalt war nicht wie eine Nonne gekleidet, sondern trug ein feines rotes Kleid und Schmuck aus Silber und glitzernden Edelsteinen.
    Dann verschwand sie schnell und lautlos in der Tür.
    Eadulf fragte sich, wer die junge Frau wohl war und was sie in einer Abtei tat, die angeblich Männern vorbehalten war, die sich zu einem Leben des Glaubens im Zölibat verpflichtet hatten. Frauen hatten hier doch wohl keinen Zutritt?
    Als Eadulf die Kapelle betrat, hatte der Abt bereits mit dem Gedenkgottesdienst für die Seele Bruder Botulfs begonnen. Er sprach schon den Segen, und Eadulf mußte auf seine Fragen verzichten.
    »Möge der Segen des Lichts dich begleiten, des äußeren Lichts und des inneren Lichts …«
    Mehr als dreißig Brüder hatten sich in der Kapelle versammelt. Eadulf setzte sich auf eine Bank im Hintergrund; er wollte nicht auffallen.
    Er blickte sich um. Die meisten Mönche waren jung und anscheinend kräftig gebaut. Einige hatten harte Gesichter und schienen eher in einer Schlachtordnung am Platze, mehr an den Umgang mit Schwert und Schild gewohnt als an den mit Kruzifix und Weihwasser.
    Auf die Gebete folgte ein Lied. Eadulf kannte es nicht und sang deshalb nicht mit.
    Abt Cild ging nach vorn und setzte gerade zu einer Lobrede an, als die beiden großen hölzernen Türen der Kapelle krachend aufflogen.
    Wie alle Brüder fuhr Eadulf überrascht herum.
    Ein hochgewachsener Mann stand breitbeinig im Türrahmen mit einem blanken Schwert in der Hand und seinemSchild verteidigungsbereit am anderen Arm. Daß er ein Krieger war, war nicht zu verkennen, aber welcher Art von Krieger oder wer, das war nicht so leicht festzustellen. Er trug einen glänzenden Helm mit Kopf und Schwingen einer Gans als Helmzier. Der Schnabel der Gans war warnend geöffnet, der Hals flach gebogen, und die Schwingen waren an beiden Seiten des Helms nach hinten gelegt. Es war ein furchterregendes Bild. Eadulf erinnerte sich dunkel, daß bei manchen Völkern die Gans ein Symbol der Schlacht darstellte. Dies schien hier auch der Fall zu sein, denn das Visier des Helms war geschlossen, und nur die hellen Augen des Kriegers funkelten im Kerzenschein der Kapelle mit drohender Feindseligkeit.
    Ein langer schwarzer Pelzmantel hüllte ihn ein, doch darunter sah Eadulf einen Brustharnisch schimmern. Der Arm mit dem dräuenden Schwert war muskulös. Lange Sekunden hindurch herrschte absolute Stille in der Kapelle. Dann sprach der Mann, und seine Stimme dröhnte durch das ganze Gebäude. Sein Sächsisch klang schwerfällig und hatte einen fremden Akzent.
    »Erkenne mich, Cild, Abt von Aldreds Abtei. Sieh mich an und erkenne

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