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Verneig dich vor dem Tod

Verneig dich vor dem Tod

Titel: Verneig dich vor dem Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Königreichen der Angelsachsen. Mit der Androhung von Gewalt kannst du mich nicht einschüchtern, denn wenn ich verletzt werde, wirst du diese Abtei nicht lebend verlassen.«
    Garb lachte leise. »Du bist ein überheblicher Narr, Cild! Ich bin lediglich hergekommen, um das rituelle
apad
zu vollziehen. Ich bedrohe dich nicht.«
    »Das was …?« Cild klang verwirrt.
    »Ich verkünde dir, daß mein Vater Entschädigung für denMord an seiner Tochter von dir fordert. Er unternimmt das rituelle
troscud,
um dich zu zwingen, dich dem Spruch des Schiedsgerichts zu unterwerfen. Nach unserem Gesetz bleiben dir neun Tage, deine Lage zu überdenken, danach wird mein Vater mit dem
troscud
beginnen … Er wird fasten, bis er stirbt oder bis du das Schiedsgericht akzeptierst.«
    Abt Cilds scharfe Züge verzogen sich rasch zu einer erleichterten Miene und dann zu einer höhnischen.
    »Und wenn ich nun dieses Schiedsgericht nicht annehme und dein Vater bloß wegen seines irrtümlichen Glaubens an meine Schuld stirbt, was dann?«
    »Wenn du zuläßt, daß mein Vater stirbt, während er um der Gerechtigkeit willen fastet, fällt die Schande auf dich. Nicht nur in dieser Welt, sondern auch in der künftigen. Jeder kann dich erschlagen, ohne Strafe befürchten zu müssen, denn dann verlierst du alle Rechte als Mensch.
    Ich habe dir auch noch folgendes zu sagen. Nach unserem Gesetz bist du ein
airchinnech,
ein Vorgesetzter von Mönchen, und von diesem
apad
an ist es dir untersagt, das Vaterunser oder das Glaubensbekenntnis zu sprechen oder die Messe zu besuchen.« Der Krieger wandte sich um und flüsterte einem seiner Begleiter etwas zu, der daraufhin den Bogen senkte, den Pfeil in den Köcher schob und zum Altar der Kapelle eilte. Unter seinem Mantel holte er einen aus Weidenzweigen geflochtenen Kranz hervor und warf ihn vor dem Altar auf den Boden.
    Ein besorgtes Murmeln erhob sich unter den Brüdern, während der Mann an die Seite Garbs zurücklief und wieder seine Haltung mit gespanntem Bogen einnahm.
    »Siehst du diesen Weidenkranz?« rief Garb. »Er ist das Symbol der moralischen Verpflichtung, die dir auferlegt ist,so lange keine deiner priesterlichen Funktionen auszuüben, bis du meinem Vater Gerechtigkeit widerfahren läßt. Wenn du dich nicht daran hältst, dann soll deine Seele verdammt sein.«
    »Das ist doch lächerlich«, höhnte Cild. »Eure Gesetze gelten hier nicht. Dies ist nicht ein Königreich von Éireann, sondern das Königreich der Ost-Angeln.«
    »Du hast meine Schwester im Hause meines Vaters auf der Ebene der Eiben geheiratet. Eure Eide habt ihr nach dem Gesetz der Fénechus vor einem Brehon geschworen. Dieses selbe Gesetz macht dich jetzt für ihren Tod verantwortlich. Du hast neun Tage, bis das
troscud
beginnt. Damit habe ich meine Aufgabe erfüllt.«
    Mit diesen Worten trat der Krieger rasch zurück. Seine Begleiter schlugen die Türflügel zu. Die am nächsten stehenden Brüder stürmten zur Tür, doch die war nun von außen verriegelt.
    Eadulf hatte seinen Platz nicht verlassen. Garb hatte diese Auseinandersetzung offensichtlich gut geplant und seinen Rückzug vermutlich ebenso. Eadulf nahm an, daß der Krieger und seine Begleiter sicher entkommen würden, ehe die wütenden Mönche aus der Kapelle ausbrechen könnten. Er blickte zu Abt Cild hinüber, der noch an dem Lesepult stand, wo er unterbrochen worden war. Bruder Willibrod war neben ihn getreten.
    »Wie sind sie in die Abtei gelangt?« wollte Abt Cild wissen. »Die Türen waren doch geschlossen und verriegelt, oder nicht?«
    »Das werde ich feststellen«, antwortete Bruder Willibrod und rieb sich fast die Hände vor Verlegenheit. »Aber was sollen wir tun?«
    »Tun?« Abt Cild starrte auf den Weidenkranz vor dem Altar. »Erstens, nimm das und wirf es ins Feuer. Zweitens, kümmere dich um die Beisetzung Bruder Botulfs. Drittens, sorge dafür, daß die Brüder, die morgen mit mir auf die Suche nach Aldhere und seinen Geächteten gehen, hinreichend bewaffnet sind. Ich habe den Verdacht, daß wir diese irischen Banditen bei ihm finden werden.«
    Eadulf erhob sich und ging zu ihm hinüber. »Banditen? Für mich hörte es sich nicht so an, als ob Garb ein Bandit wäre. Ich habe einige Zeit in seinem Land verbracht, und was er sagte, war ein vom Gesetz vorgeschriebenes Ritual, wenn ich auch nicht alles davon verstanden habe.«
    Abt Cild schaute ihn wütend an. »Das geht dich nichts an, Bruder Eadulf. Ich rate dir, dich da nicht einzumischen.« Dann blickte

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