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Verneig dich vor dem Tod

Verneig dich vor dem Tod

Titel: Verneig dich vor dem Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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das gut. Zweimal links und dann rechts. Die Abtei hat mehrere solcher Tunnel, denn sie wurde auf einer alten keltischen Burg erbaut, die von Tytila, dem Sohn Wuffas, zerstört wurde, als unser Volk dieses Land eroberte.«
    »Ich werde daran denken, Bruder Higbald, und an deinen Rat, für den ich dir aufrichtig dankbar bin.«
    Der Apotheker erwiderte nichts; er schloß die Tür und schob den Wandteppich wieder davor. Danach lächelte er kurz und hob die Hand zum Abschiedsgruß, ehe er das Zimmer verließ. Eadulf hörte, wie er draußen zu Bruder Beornwulf sprach. Er wartete noch etwas, dann schaute er nach Fidelma und setzte sich schließlich auf einen Stuhl am Kamin.
    Plötzlich merkte er, wie müde er war. Es war ein langer Tag gewesen. Er hatte einen weiten Ritt auf einem Maultier gemacht, und ihm taten alle Knochen weh. Er lehnte sich zurück, legte die Hände in den Schoß und schloß die Augen.
    Die Ereignisse des Tages kreisten langsam in seinen Gedanken, und er bemühte sich, sie in einen Zusammenhang zu bringen.
    Vor allem nagte die Gefahr für Fidelma an ihm. Sie lag vor ihm auf dem Bett und hatte keine Ahnung von dem, was ihr drohte. Sie kämpfte mit ihrem unmittelbaren Feind, dem Fieber. Es war seine oberste Pflicht, sie zu beschützen.Bruder Higbald hatte ihm wenigstens einen Ausweg gezeigt, um Abt Cilds Verfolgung zu entgehen. Doch eine Flucht aus Aldreds Abtei konnte doch wohl nur die letzte Möglichkeit sein?
    Was hatte er über das Geheimnis erfahren? Sein guter Freund hatte ihn zur Abtei gerufen. Wenige Stunden vor seiner Ankunft war dieser Freund ermordet worden. Der Abt und sein leiblicher Bruder waren in einen tödlichen Streit verstrickt, und der Abt lastete seinem Bruder Aldhere den Mord an Botulf an. Aldhere seinerseits warf seinem Bruder, dem Abt, diesen Mord vor. Außerdem war Garb aus Maigh Eo im Königreich Connacht aufgetaucht und beschuldigte den Abt, seine Frau Gélgeis, Garbs Schwester, ermordet zu haben. Er hatte ein rituelles Fasten gegen den Abt angekündigt. Die Umstände des Todes von Gélgeis waren anscheinend unklar. Sowohl Eadulf als auch der junge Redwald hatten eine Frau in der Abtei gesehen. Bruder Redwald behauptete, diese Frau sei die tote Gélgeis. Und dazu kam noch die verhängnisvollste Tatsache von allen: Fidelma war angeklagt, die Geister von Toten beschworen zu haben.
    Eadulf hätte Bruder Redwalds Geschichte vom Geist der Gélgeis, den er gesehen haben wollte, als eine jugendliche hysterische Reaktion abtun können. Aber damit konnte er nicht erklären, daß er am vorigen Abend auch eine Frau vor der Kapelle gesehen hatte. Sowohl Abt Cild als auch Bruder Willibrod hatten seine Beschreibung anscheinend erkannt. Beide meinten, sie träfe auf Gélgeis zu, die tote Frau des Abts.
    Eadulf stöhnte leise und schüttelte den Kopf.
    Nichts davon schien logisch zu sein, nichts ergab einenSinn. In diesem Moment fiel ihm plötzlich das Stück Papier ein, das er in Botulfs Zelle aus der Buchtasche genommen hatte. Er suchte in dem
sacculus
an seinem Gürtel danach, nahm es heraus und breitete es auf seinem Knie aus. Es enthielt ein paar Sätze in Latein, und Eadulf erkannte die feste Handschrift seines Freundes Botulf.
    Der erste Satz offenbarte sich Eadulf als ein Zitat aus dem Ersten Buch Samuel: »Der Herr sieht nicht, wie ein Mensch sieht; ein Mensch sieht, was vor Augen ist, der Herr aber sieht das Herz an.«
    Eadulf kam diese Ermahnung irgendwie bekannt vor, doch er wußte nicht, warum.
    Die nächste Zeile war ihm noch nicht begegnet, aber Botulf hatte den Namen Lukrez daneben geschrieben: »Wenn ein Ding sich verändert und seinen eigenen Bereich verläßt, bedeutet diese Veränderung sogleich den Tod dessen, was es vorher war.« Dann war hinzugefügt und unterstrichen: »Die Veränderung ist deutlich – wann tritt der Tod ein?«
    Darauf folgte ein Absatz, der fast enthüllend, aber zugleich völlig verwirrend war: »So Gott will, wird mein Freund bald hier sein. Steht nicht geschrieben, daß die Gnade die Stütze der Gerechtigkeit ist? Doch nicht bei dem Mann aus Mercia. Wir werden vernichtet vom Volk aus …« Eadulf versuchte das nächste Wort zu entziffern, das durch einen Tintenfleck entstellt wurde. Es sah wie »Moor« aus. Er dachte an Aldhere und seine Geächteten im Moorland und erschauerte leicht. »So Gott will, wird mein Freund bald hier sein.« Das konnte sich nur darauf beziehen, daß Botulf auf Eadulfs Ankunft wartete, und er war zu spät gekommen, um

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