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Verneig dich vor dem Tod

Verneig dich vor dem Tod

Titel: Verneig dich vor dem Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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er.«
    Fidelma seufzte leise. »Ich glaube, daran habe ich auch nicht gezweifelt.«
    »Das Wort eines Fürsten ist das äußere Merkmal seiner Ehre. Es wird nicht leichtfertig gegeben. Als sein
tánaiste,
sein Thronfolger, habe ich die traurige Pflicht, dafür zu sorgen, daß er seinen Vorsatz ausführt, sonst wäre er entehrt in Maigh Eo und darüber hinaus.«
    Fidelma stutzte. »Ich hatte nicht mehr daran gedacht, daß der Thronfolger beim
troscud
eines Fürsten dabei sein muß. Wer regiert denn in Maigh Eo, solange ihr, dein Vater und du, hier seid?«
    »Mein jüngerer Bruder.«
    »Seid ihr eine große Familie?«
    »Meinem Vater wurden drei Söhne und drei Töchter geboren.«
    »Und mit Ausnahme von Gélgeis sind alle am Leben?«
    Garb schüttelte den Kopf. »Ein Sohn fiel im Krieg gegen die Uí Néill des Nordens, und meine Schwester Mella wurde von angelsächsischen Sklavenjägern gefangengenommen.«
    Eadulf hüstelte und scharrte verlegen mit den Füßen, doch Fidelma achtete nicht auf ihn.
    »Mella?« Sie überlegte. »War das nicht die Schwester,die Gélgeis zu überreden versuchte, Cild nicht zu heiraten?«
    »Ja, das war sie. Du hast ein gutes Gedächtnis, Fidelma. Mella war ein paar Stunden jünger als Gélgeis und …«
    Fidelma machte große Augen.
    »Ein paar
Stunden
? Das heißt, Mella und Gélgeis waren Zwillinge?«
    Garb nickte kurz.
    »Erzähl mir, was mit Mella passierte«, drängte ihn Fidelma.
    »Das ist eine traurige Geschichte, aber eine, die sich heutzutage in den Gemeinschaften an der See häufig ereignet. Es gab einen Überfall durch ein sächsisches Langschiff, und an dem Tag wurde ein halbes Dutzend junger Frauen weggeschleppt. Mella gehörte auch dazu.«
    »Habt ihr versucht herauszufinden, woher das sächsische Sklavenjägerschiff kam?« fragte Eadulf.
    Garb wandte sich ihm zu. »Natürlich. Es war ein Schiff aus Mercia.«
    »Und habt ihr etwas über ihr Schicksal erfahren?«
    »Kaufleute, die mit Mercia Handel trieben, wurden gebeten, Erkundigungen einzuziehen, und man ließ verlauten, daß Gadra, der Fürst von Maigh Eo, den Sühnepreis für seine Tochter zahlen würde, wenn sie unversehrt heimkehrte. Leider erhielten wir keine Nachricht.«
    »Wann geschah das alles?« fragte Fidelma nachdenklich.
    »Ungefähr zur selben Zeit, als wir vom Tod Gélgeis’ erfuhren, vielleicht etwas eher.«
    »Und ihr habt nichts mehr von ihr gehört?«
    »Doch. Der Kapitän des Schiffes, das uns herbrachte, berichtete uns, was man sich in den Häfen von Mercia erzählte. Dieses Sklavenschiff, das wohl an den Zeichen aufden Segeln kenntlich war, soll einem gewissen Octha gehört haben. Es soll auf der Rückfahrt von Éireann mit der ganzen Besatzung untergegangen sein.«
    Fidelma schwieg einen Moment und fragte dann: »Ist das jemals bestätigt worden?«
    Garb zuckte die Achseln. »Es hätte wenig Zweck, eine solche Geschichte zu erfinden. Wäre Octha noch am Leben, hätte er erfahren, daß mein Vater ein Lösegeld für die Rückkehr Mellas anbot. Es hätte sich für ihn gelohnt, sie für den Sühnepreis freizugeben. Aber wir hörten nur, daß Octha und seine Männer und alle Gefangenen, die sie gemacht hatten, bei dem Schiffbruch untergegangen seien.« Er seufzte. »Deshalb beklagten und betrauerten wir die arme Mella. Meinen Vater bestärkte das in seinem Vorsatz, Wiedergutmachung für den Tod von Gélgeis zu fordern.«
    »Hast du das Schicksal Mellas mit irgend jemandem erörtert, seit ihr hier seid?«
    »Botulf kam von sich aus darauf zu sprechen.«
    »Woher wußte Botulf von Mella?«
    »Er sagte, in der Nacht, in der Gélgeis starb, habe er sie draußen vor der Abtei getroffen und sie habe ganz blaß ausgesehen. Sie erzählte, sie habe gerade einen Wandermönch getroffen und der habe ihr berichtet, was sich ereignet hatte. Sie ging hinaus in die Nacht, und Botulf sah sie nie wieder.«
    »Also wußte Gélgeis von Mellas Geschick, bevor sie selbst verschwand?« forschte Fidelma. »Hast du Botulf gefragt, ob er das gegenüber anderen erwähnt hat?«
    Garb verneinte es mit einer Geste. »Botulf sagte uns, daß er über Gélgeis’ Tod die Geschichte ihrer Schwester vergessen habe, bis wir kamen. Erst dann fiel sie ihm wieder ein.«
    »Ich verstehe.« Fidelma blieb nachdenklich. »Waren deine Schwestern sich sehr ähnlich? Als Zwillinge, meine ich?«
    Garb lächelte wehmütig.
    »Manche Leute konnten sie nicht auseinanderhalten. Sie ähnelten sich wie ein Ei dem anderen. Nur die nächsten Angehörigen

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