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Verneig dich vor dem Tod

Verneig dich vor dem Tod

Titel: Verneig dich vor dem Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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konnten sie unterscheiden.«
    »Das kann ich mir vorstellen. Deine Familie hat wohl viel Kummer und viele Schicksalsschläge erlitten.«
    »Das mag so sein. Aber wir haben ein Sprichwort, daß der Wald die Blätter erneuert, die er abwirft.«
    »Darin liegt viel Weisheit, Garb. Man darf sich nicht der Verzweiflung hingeben, denn auf jeden Sturm folgt wieder Sonnenschein.«
    Sie hatten in ihrer gemeinsamen Sprache gesprochen, und Eadulf war der Unterhaltung gefolgt, denn er beherrschte die Sprache von Éireann. Ihm fiel auf, daß sie über mehr Möglichkeiten der Übertreibung und Ausschmückung verfügte als die einfachere Ausdrucksweise seiner eigenen Sprache.
    Sie schwiegen eine Weile, dann erhob sich Fidelma langsam und blickte Eadulf bedeutungsvoll an. Sie wandte sich wieder an Garb.
    »Es sind nun noch fünf Nächte, bis Gadra sein rituelles Fasten beginnt. Das läßt uns nicht viel Zeit.«
    Garb lehnte sich zurück und nickte.
    »Willst du Cild wirklich dazu bringen, daß er seine Schuld bekennt und meinem Vater Genugtuung leistet?«
    »Nur, wenn Cild schuldig ist«, entgegnete Fidelma.
    »Und wie willst du beweisen, daß er nicht schuldig ist?«
    »Das ist eine Frage, die ich jetzt noch nicht beantworten kann«, stellte Fidelma trocken fest. »Nun möchten wir unsdie Ponys ansehen, von denen du gesprochen hast. Je eher wir aufbrechen, desto eher sind wir zurück.«
    Inzwischen war die Sonne aufgegangen, wenn auch eine äußerst fahle, durchsichtige Sonne an einem pastellfarbenen Himmel, und Fidelma und Eadulf konnten zum erstenmal die Umgebung in Augenschein nehmen, denn am Vortag waren sie in der Dämmerung angekommen und hatten vor dem Dunkelwerden nicht mehr viel gesehen.
    Tunstall lag auf einer weiten Lichtung in einem Wald, der sich seit Jahren ungehindert hatte entwickeln können. Die Bäume in ihrem Winterkleid wuchsen dicht nebeneinander, und da es zumeist immergrüne Bäume waren, bildeten sie ein Bollwerk gegen die Außenwelt, das noch undurchdringlicher war als die Steinmauern von Aldreds Abtei.
    Auf der Lichtung standen etwa ein halbes Dutzend Gebäude, große Holzhäuser, ähnlich denen, die Fidelma aus Éireann kannte und von denen sie deshalb annahm, sie seien von Mönchen aus ihrem Land erbaut worden. Wohngebäude, ein Speisehaus, Vorratshäuser, eine Kapelle, Scheunen und Ställe fürs Vieh, das Fidelma um die Gebäude herum sah.
    Abgesehen von dem inneren Bereich, wo die Bewegungen der Menschen und Tiere den Schnee und die Erde in Schlamm verwandelt hatten, lag noch eine dichte Schneedecke auf den Gebäuden und der Lichtung. Trotz der fahlen Sonne und dem klaren Himmel war es nicht warm genug, den Schnee zu schmelzen, der körnig den Boden bedeckte. Jeder Mensch und jedes Tier stieß draußen den Atem in einer warmen Dampfwolke aus, die einen Moment in der kalten Morgenluft hing, bis sie sich auflöste.
    Nach dem, was Fidelma bei der mitternächtlichen Feiergesehen hatte und jetzt erkennen konnte, schätzte sie, daß die Siedlung etwa ein Dutzend Mönche und ein halbes Dutzend Krieger beherbergte.
    »Eine starke Verteidigung hat der Ort nicht aufzubieten, sollte er mal angegriffen werden«, murmelte sie.
    »Du hast einen Blick für solche Dinge, Schwester?« fragte Garb.
    »Ich kenne mich ein bißchen aus«, antwortete sie kurz, ohne weiter darauf einzugehen. »Denkt daran, daß Abt Cild euch auch aufspüren kann, wenn es uns so leicht gelungen ist.«
    »Das stimmt«, gab Garb zu. »Aber Bruder Laisre lebt mit dieser Drohung schon seit König Ealdwulf von Ost-Angeln sich den Beschluß der Synode von Whitby zu eigen machte. Ealdwulf ging noch einen Schritt weiter und befahl allen Mönchen, die sich an die Regel von Colmcille hielten, sein Königreich zu verlassen. Bruder Laisre und seine kleine Schar haben überlebt trotz aller Versuche, sie zu vernichten.«
    »Doch jetzt ist die Gefahr größer«, meinte Fidelma. »Cild müßte eigentlich wissen, daß ihr, du und dein Vater, bei Laisre untergekommen seid.«
    Garb umschrieb mit einer ausholenden Armbewegung die ganze Lichtung.
    »Sieh dir die Bäume an, Schwester. Es sind gute Wachposten.«
    »Das habe ich schon getan. So gut sie auch sind, es gibt Pfade zwischen ihnen, und auf solchen Pfaden können Männer und Waffen hindurchgelangen.«
    »Deshalb hat Laisre eine Reihe von Beobachtungsposten an den Zugängen aufgestellt und Rückzugswege geplant.Mach dir keine Sorgen, Schwester. Dieses Lager läßt sich nicht leicht überraschend einnehmen.

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