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Verneig dich vor dem Tod

Verneig dich vor dem Tod

Titel: Verneig dich vor dem Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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sehe nicht ein, was das für einen Zweck haben sollte. Warum so viele Umstände, um uns zu töten? Wie du schon sagtest, der Abt war finster entschlossen, das sowieso zu tun, und zwar lieber früher als später. Warum sollte Higbald seine Energie darauf verschwenden, wenn das andere für ihn erledigen würden? Vielleicht ist die Antwort ganz einfach: Man lieferte Higbald eine falsche Information, in der Erwartung, daß er sie an uns weitergeben würde.«
    Fidelma schaute ihn überrascht an. »Manchmal sieht man den Wald vor Bäumen nicht. Gut gemacht, Eadulf. Das ist eine Möglichkeit, die mir entgangen war.« Sie wandte sich wieder an Bruder Laisre. »Es gibt keine neue Nachricht von einer Kriegerschar, die an der Küste brandschatzt?«
    »Nichts dergleichen«, bestätigte der Leiter der Gemeinschaft. »Noch vor Sonnenaufgang habe ich einen meiner Brüder zu dem nächstgelegenen Küstenort geschickt, um Erkundigungen einzuziehen. In den letzten achtundvierzig Stunden haben an der ganzen Küste keine Überfälle stattgefunden. Und wenn ich dir einen Rat geben darf: Vergiß die Sache für eine Weile und beginne den Tag mit dem Frühstück. Ernste Gedanken sind oft besser mit einem gesättigten Magen zu fassen als unter den Klauen nagenden Hungers.«
    Fidelma lächelte. »Du bist klug, Bruder Laisre. Diesen Rat nehme ich gern an. Doch hast du vergessen, daß heute der Tag von Aoine ist, den die Angelsachsen Frigs Tag nennen und der als Tag des Fastens und der Enthaltsamkeit vor dem morgigen Sabbat gilt?«
    »Aber es ist auch Christi Geburtstag, und wir dürfen ihn feiern.«
    Bruder Laisre führte sie zu dem kleinen Speisehaus.
    Während der Mahlzeit fragte sie der Leiter der irischen Gemeinschaft von Tunstall: »Was plant ihr nun, nachdem ihr aus Aldreds Abtei entkommen seid? Wollt ihr nach Canterbury zurückreisen?«
    Fidelma schüttelte sofort den Kopf. »Ich hätte meine Absichten gestern abend deutlicher aussprechen sollen. Eine
dálaigh
kann sich nicht einfach einer Situation entziehen, in der ein Fürst das Ritual des
troscud
begonnen hat und weiter kein juristischer Zeuge anwesend ist.«
    Eadulf stellte mit Erleichterung und Befriedigung fest, daß sie jetzt anscheinend ihre ganze frühere Kraft und Entschlossenheit zurückerlangt hatte. Sie war wieder ihr altes energisches Selbst.
    »Heißt das, daß ihr hierbleiben wollt?« fragte Bruder Laisre.
    »Ich habe versucht, Gadra von Maigh Eo von dem Weg abzubringen, den er eingeschlagen hat. Er ist aber dazu entschlossen. Also muß ich bleiben und darauf achten, daß das Ritual in gesetzlich vorgesehener Form durchgeführt wird. Meine Ehre als
dálaigh
steht auf dem Spiel.«
    Eadulf sah sie einigermaßen überrascht an, doch es war Bruder Laisre, der seine Gedanken aussprach.
    »Aber was ist mit Cild? Er ist sicher nicht gut auf dich zu sprechen, weil du heimlich aus seiner Abtei entwichen bist. Er wird darauf aus sein, dich zu vernichten.«
    Fidelmas Kinn hob sich leicht.
    »Das haben schon ganz andere Männer und Frauen als Cild versucht«, sagte sie leise, und dann in normalem Ton: »Es ist richtig, daß wir uns vor Cild in acht nehmen müssen. Aber in dieser Abtei gibt es ein Geheimnis, mit dem nicht nur das Schicksal Gadras und seines
troscud
zusammenhängt, sondern auch der Tod von Eadulfs Freund Botulf. Wir können uns nicht davonstehlen, ohne den Versuch zu unternehmen, die Wahrheit ans Licht zu bringen. Also müssen wir bleiben und uns bemühen, diese Wahrheit zu ergründen.«
    Bruder Laisre schüttelte verwundert den Kopf.
    »Doch diese Wahrheit liegt in der Abtei. Ihr könnt nicht dorthin zurückkehren und diejenigen befragen, die euch zu ihr führen würden. Wie wollt ihr sie dann herausfinden?«
    Fidelma lächelte rasch. »Du hast einen scharfen Verstand, Bruder Laisre.«
    Bruder Laisre wartete noch einen Moment, und als sie nichts weiter sagte, erhob er sich.
    »Nun«, meinte er mürrisch, »ihr braucht mir ja eure Pläne auch nicht zu erzählen.«
    Fidelma nickte wie zur Zustimmung. »Je weniger Leute sie kennen, desto besser ist es vielleicht.«
    Bruder Laisre war sichtlich der Meinung, daß er in ihre Absichten eingeweiht sein sollte, und er verließ sie mit verletztem Stolz.
    Eadulf schnitt Fidelma ein Gesicht. »Er ist gekränkt.«
    »Doch ich habe recht. Je weniger die Leute davon wissen, desto weniger können sie ausplaudern.«
    »Aber du hast einen Plan. Ich kenne dich.«
    Fidelma schaute ihn an. »Laisre wies auf das Offenkundige hin, als er

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