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Verneig dich vor dem Tod

Verneig dich vor dem Tod

Titel: Verneig dich vor dem Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Geschichte erzählen, Mul, denn ich habe das Gefühl, du hast etwas zu berichten.«
    Mul sah sie einen Moment fest an, dann zuckte er die Achseln.
    »Du hast einen scharfen Verstand, wie ich schon gesagt habe. Ich erbte diesen Hof von meinem Vater. Als er vor ein paar Jahren starb, war ich verheiratet und hatte zwei prächtige Jungen. Es war ein guter Hof, und es war ein gutes Leben, wenn auch das Klima oft hart war. Dann änderte sich alles.«
    »Wodurch änderte es sich?« fragte Fidelma, als er innehielt.
    »Wodurch? Cild kam hier an. Vorher hatte ich noch nie von Cild gehört, aber als ich bald danach zum Markt nach Seaxmund’s Ham fuhr, erzählte mir jemand, er sei früher Kriegsherr an der Grenze zu Mercia gewesen. Es hieß, sein Vater habe ihn enterbt, deshalb sei er in ein Land namens Connacht jenseits des Meeres im Westen gegangen. Er kam mit einer Ehefrau zurück, die aus deinem Volk stammte.« Er nickte zu Fidelma hin.
    »Du meinst Gélgeis?«
    »Das war ihr Name. Cild und Gélgeis kamen zur Abtei, als Cild dort Abt wurde. Kurz darauf erzählte man mir, daß Cilds Bruder, ein Than, in Ungnade gefallen war. Es hieß, König Ealdwulf habe sich geweigert, dem Abt die Titel und Ländereien von Cilds Vater zu übergeben.«
    »Sprich weiter.«
    »Ein paar Monate blieb alles ruhig, und dann hörte ich, daß Gélgeis im Moor nahe der Abtei umgekommen sei …«
    »Hast du erfahren, auf welche Weise?«
    »Auf welche Weise?« Mul schien einen Augenblick verwirrt. Schließlich schüttelte er den Kopf. »Man sagte, Cild würde sich wie ein Besessener gebärden, habe die Mönchevertrieben, die an die ursprünglichen Regeln ihres Ordens glaubten, und sich den neuen Ideen der römischen Regel von Canterbury zugewandt. Er brachte viele um, die sich nicht mit ihm ändern wollten. Er trennte die verheirateten Geistlichen und verkaufte die Frauen in die Sklaverei. Die Abtei wurde allen Frauen verschlossen.«
    »Davor hättest du uns warnen können«, schaltete sich Eadulf ein. »An dem Abend, als du uns zur Abtei fuhrst, hättest du uns warnen können.«
    »Ihr wart Geistliche, die unbedingt zur Abtei wollten«, erwiderte Mul. »Weshalb sollte ich euch warnen? Ich bin kein Christ und habe kein Verlangen danach, einer zu werden, wenn ihr weiter nichts tut, als euch untereinander zu streiten und zu bekämpfen. Jedenfalls, wollte ich sagen, bewies Cild, daß er immer noch ein Kriegsherr war. Vor ein paar Monaten lockte er eine Schar von jungen Kriegern in die Abtei, die in die Kutten gekleidet wurden, die ihr Christen eingeführt habt, und die ganze Gegend nach Beute absuchen. Sie überfielen meinen Hof, und seitdem weiß ich, daß Böses in der Abtei haust.«
    Er schwieg eine Weile, in Erinnerungen verloren.
    »Was ist passiert?« fragte Fidelma leise.
    Mul nahm den Faden wieder auf und sprach wie eingeübt, als müsse er seine Gefühle bezähmen.
    »Ich war weit weg auf dem Markt, als sie kamen. Sie waren auf Beute aus. Meine Frau und die beiden Jungen waren hier. Als meine Frau versuchte, das bißchen, was wir besaßen, zu schützen, wurde sie erschlagen und die beiden Kinder mit ihr. Ich fand ihre Leichen da draußen, als ich zurückkehrte. Sie liegen gleich hinter der Scheune begraben.«
    Eadulf hüstelte verlegen. »Woher wußtest du, daß die Männer des Abts sie erschlagen hatten?«
    Mul stand auf und ging zu einem Schrank. Er öffnete ihn, nahm etwas heraus. Nach kurzem Zögern legte er es auf den Tisch. Es war ein Stück blutgetränkter Wollstoff und ein kleines metallenes Kruzifix an einer silbernen Kette.
    »Das steckte in der geballten Faust meiner Frau. Sie hatte es ihrem Mörder abgerissen«, sagte Mul ruhig. »Da wußte ich, daß es die Mönche aus Aldreds Abtei waren, die mir an jenem Tag einen Besuch abgestattet hatten. Ich werde an Cild Rache nehmen, und wenn ich zehn Jahre oder zehnmal zehn Jahre darauf warten muß. Das habe ich beim Schwert Wotans geschworen.«
    »Wann hat sich das alles ereignet?« wollte Eadulf wissen. »Vor weniger als sechs Monaten. Gerade zu der Zeit waren die Männer in der Abtei erschienen, die jungen Krieger.«
    Fidelma hatte das kleine Kruzifix in die Hand genommen, drehte es hin und her und zog die Brauen zusammen.
    »Das ist eine irische Arbeit, keine sächsische«, stellte sie leise fest.
    Mul zuckte die Achseln. »Viele Christen werden von deinem Volk ausgebildet, Frau. Cild hat sich im Königreich Connacht aufgehalten. Die Herkunft des Kreuzes bestätigt nur, was ich gesagt

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