Verräter der Magie
ihr verfluchtes Recht!
Plötzlich ging die schwere Eisentür auf. Der Mann, der zu ihr in den Van stieg, wäre auch dann eine unheimliche Erscheinung gewesen, wenn er nicht zu den Werwölfen gezählt hätte.
Er war zwar nicht so hoch gewachsen wie der Bergelf, doch schien er allein durch die Kraft, die er ausstrahlte, den Muskelmann an Größe weit zu überragen. Dichtes schwarzes Haar umrahmte ein scharf geschnittenes Gesicht. Es lag ihm zerzaust und ungekämmt am Kopf. Dennoch wirkte er nicht ungepflegt, es schien vielmehr seine Wildheit zu unterstreichen.
Unten trug er Jeans und schwarze Stiefel, oben eine offene schwarze Lederjacke über einem dunkelblauen Shirt. Kira bezweifelte, dass er die Jacke über seinem enormen Brustkorb überhaupt schließen konnte.
Doch das Eindrucksvollste an seiner Erscheinung waren die Augen – beziehungsweise das eine Auge, das sie sehen konnte. Das linke lag unter einer Klappe verborgen, während das rechte smaragdgrün leuchtete. Aus ihm sprach abgrundtiefer Hass.
Die Feindseligkeit in seinem Blick warf Kira schier aus der Bahn. Noch nie in ihrem Leben hatte jemand sie so angesehen. Es schmerzte sie in der Brust, dass ihr ein Fremder solche Gefühle entgegenbrachte. Was, in Danus Namen, hatte sie denn verbrochen?
Der Werwolf knallte die Tür hinter sich mit einer solchen Wucht zu, dass der ganze Wagen wackelte und Kira heftig zusammenzuckte.
Mit dem bloßen Auge hatte Kira die Bewegung nicht einmal wahrgenommen, doch auf einmal stand er vor ihr und drückte ihren Hals an die Eisenwand. Erschrocken schnappte sie nach Luft.
»Ich weiß, was du bist!«, knurrte der Werwolf unangenehm nah an ihrem Gesicht.
Er schüchterte sie ein, doch das wollte sie ihm auf keinen Fall zeigen. »Hungrig und verstimmt?«, gab sie möglichst selbstbewusst zurück.
Es gibt Situationen, in denen man Sarkasmus vermeiden sollte, aber Kira hatte schon immer die schlechte Angewohnheit gehabt, sich mit erhobener Fahne noch tiefer in die Scheiße zu reiten.
Der Werwolf schien von ihrem hirnlosen Übermut alles andere als beeindruckt. Stattdessen drückte er mit seinen übermäßig großen Händen auf ihre Kehle, schnürte ihr die Luft ab.
»Du bist dieser Magier, Cian Kingsley.« Der Wolf fletschte sein strahlend weißes Gebiss. Heißer Atem kitzelte ihre Wangen. »Dachtest wohl, du könntest uns mit deinen faulen Magiertricks einfach entkommen, was? Und dann besitzt du auch noch den Nerv, einen Körper von unserer Seite zu stehlen.«
Der Druck auf ihrer Kehle nahm mit jeder Silbe zu. Kira musste röcheln und schlug panisch um sich. Die verfluchten Handschellen hinderten sie jedoch, etwas anrichten zu können. Sie trat nach dem Werwolf, aber dieser zuckte angesichts ihrer jämmerlichen Versuche nicht einmal mit der Wimper.
Kira, lass mich endlich raus! Er wird dich noch umbringen! , wütete Kingsley in ihrem Kopf.
»Na los, zeig mir doch deine Magie!«, sagte der Werwolf spöttisch. »Wo bleiben deine Zaubertricks, kleiner Magier? Oder ist dir die Luft ausgegangen?«
Kira stieg sein Geruch in die Nase. Eine Mischung aus regenfeuchter Erde, Laub und etwas anderem, was sie an wilde Jagden durch weite Wälder denken ließ. An den rasenden Herzschlag eines flüchtenden Tiers.
Als sie seine Worte hörte, wurde ihr etwas sehr Wichtiges bewusst. Der Werwolf war sich ihrer Identität nicht sicher. Ob er es wirklich mit Kingsley zu tun hatte. Deshalb die provozierenden Fragen, um den Magier – wenn er wirklich in Kiras Körper stecken sollte – aus der Reserve zu locken.
Nein, sie durften auf gar keinen Fall Gewalt anwenden. Das wäre ihr sicherer Untergang. Schnell griff sie mit ihren gefesselten Händen in die Hosentasche, um Pooka zu beruhigen, der sich dort versteckt hatte. Sie spürte, dass ihr Freund kurz davor war, sich zu verwandeln und auf den Werwolf zu stürzen.
Gefesselt und frei von Magie, blieb ihr nur eine Möglichkeit, ihren Gegner wieder loszuwerden. Sie musste seine größte Schwachstelle nutzen: seine Natur und die Regeln, an die er durch sie gebunden war.
Der eiserne Griff an ihrem Hals machte es ihr nicht gerade leicht, dennoch schaffte sie es, den Kopf ein wenig nach hinten zu biegen und die Kehle zu entblößen. Sie sah ihm ein letztes Mal in sein grünes Auge, dann senkte sie den Blick, um ihre Demutshaltung zu unterstreichen.
Die Wirkung ließ nicht lange auf sich warten. Mit einem wütenden Aufschrei sprang der Werwolf zurück, als hätte er sich an ihr
Weitere Kostenlose Bücher