Verräter der Magie
Oberfläche ihres Bewusstseins vorkämpfte, sie verdrängte und Platz für sich selbst schuf.
Sie konnte noch immer das Lenkrad unter ihren Fingern spüren, sie aber nicht mehr aus eigener Kraft bewegen. Sie fühlte das Adrenalin, das durch ihren Körper strömte, sah durch ihre Augen, wie die Straße verlief. Doch sie konnte nicht mehr die Richtung bestimmen, in die diese Augen blickten.
Ja, sie fühlte und sah alles, dennoch war sie vollkommen machtlos, irgendetwas zu unternehmen. Sie war nur noch ein Gast.
Ein Gast in ihrem eigenen Körper.
Cian war zwar längst nicht so ein Autofanatiker wie Evan, aber wie bei jedem Mann war auch bei ihm die Liebe zur Geschwindigkeit und zu schicken Schlitten in der DNA fest verankert. So geschah es, dass Cian sich in den ersten Minuten seiner wiedergewonnenen Freiheit keine Sorgen um die Verfolger machte, sondern einfach nur das Gefühl genoss, ungehemmt durch die Straßen zu fegen.
Das Hupen um ihn herum kam ihm wie Jubelrufe vor.
Aber mir etwas von Verkehrsregeln erzählen !, empörte sich Kira.
»Das war etwas völlig anderes, Tinker Bell«, erwiderte er freudig. »Jetzt sind wir in einem Actionfilm.«
Der Motor schnurrte sein mechanisches Lied, während Cian das Gaspedal durchtrat. Der Van war weit zurückgefallen, trotzdem blieb er als beständiger schwarzer Fleck im Rückspiegel kleben.
Cian schaltete noch einen Gang höher und bog dann abrupt nach links ab. Ein Fahrradfahrer schaffte es nur dank seiner beeindruckenden Reaktionsfähigkeit, dem tödlichen Oldtimer noch rechtzeitig auszuweichen. Begleitet wurde Kingsleys waghalsiges Manöver von aufgebrachtem Hupen und einem empört miauenden Pooka. Ihn hatte es durch den halben Wagen geschleudert.
Die Straße, die sie nun entlangrasten, war weniger befahren und führte sie aus dem Zentrum heraus.
Cian warf einen hoffnungsvollen Blick in den Rückspiegel, wurde aber enttäuscht, als der schwarze Van erneut darin auftauchte. Er schien wieder aufzuholen.
»Verdammt!«, brummte Cian zerknirscht. »Wo soll es mit dieser Welt hingehen, wenn selbst Sidhe Auto fahren können?«
Hey, ist das nicht die falsche Richtung?
»Es gibt eine wichtige Regel, die man immer beachten sollte, wenn man von einem Haufen verrückter Sidhe verfolgt wird«, erwiderte Cian in gespieltem Ernst. »Führe sie niemals zu deinem Unterschlupf.«
Oh, was würde ich nur ohne deine Weisheiten machen, großer Meister?
Cian vollführte eine scharfe Linkskurve, ignorierte sämtliche Verkehrsschilder und holte alles aus dem alten Mercedes heraus, was herauszuholen war. Doch was immer er an Tricks und Geschwindigkeit zu bieten hatte, zeigte sich wirkungslos. Der schwarze Van blieb ihr treuer Begleiter.
Ich versteh das nicht , bemerkte Kira nachdenklich.
»Ich auch nicht«, antwortete Cian. »Okay, die Kiste hier ist vielleicht nicht das neueste Modell, trotzdem sollte ich den Van längst abgehängt haben.«
Das meine ich gar nicht , sagte Kira. Ich verstehe die ganze Situation nicht. Es ist nicht die Art der Sidhe, sich in ein Auto zu setzen und jemandem wild und planlos hinterherzujagen. So was ist viel zu unüberlegt. Es fehlt der Hinterhalt.
»Wow! Ich weiß schon, wieso mir euer Völkchen immer unsympathisch war.«
Ich mein’s ernst! An der Sache ist was faul.
Cian hatte nicht einmal Zeit, sich Kiras Worte durch den Kopf gehen zu lassen. Im nächsten Moment schoss ein weiterer Van aus einer Seitenstraße und rammte sie mit voller Geschwindigkeit.
Durch die Wucht des Zusammenpralls hoben sie von der Straße ab und flogen einen Abhang hinunter. Asphalt kratzte mit einem kreischenden Laut über Metall. Der Wagen überschlug sich mehrmals, dann landete er blubbernd in einem niedrigen Kanal.
Es gab eine Menge Dinge, die Cian in diesen Sekunden hätte denken können: ob sie den Unfall überleben würden. Und wenn ja, ob Evan sie dafür lynchen würde, dass sie seinen heiß geliebten Wagen geschrottet hatten. Oder was das für ein seltsamer Druck war, den er nun am Kopf spürte. Aber Cian dachte nur eines: dass Kira doch bitte endlich aufhören möge zu schreien.
Als das Fahrzeug endlich stillstand, saß Cian eine Zeit lang reglos da und starrte vor sich hin. Sie hatten tatsächlich überlebt! Es schien zu einer Art Gewohnheit von ihm zu werden, dem Tod ein Schnippchen zu schlagen.
Große Göttin Danu, sind wir tot? , fragte eine völlig entgeisterte Kira irgendwo in seinem Hinterkopf.
Cian wollte »Ich glaube nicht« antworten, bekam aber
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