Verräter der Magie
draußen, inmitten von Stahl und Asche, kämpfte sich ein kleines Gänseblümchen durch den bröckelnden Asphalt. Nicht einmal Eisen konnte die Magie unter ihnen völlig vernichten.
Einen plötzlichen Plan vor Augen, sprang Kira auf. In einer schnellen Bewegung kickte sie das Paar roter Ballerinas von den Füßen und vergrub die nackten Zehen in der Erde – wie es ihre Mutter immer von ihr gewollt hatte. Eine Glasscheibe schnitt in ihre Sohlen, doch sie beachtete den Schmerz nicht, sondern lauschte auf das stete Pulsieren von Magie. Das viele Eisen mochte sie zwar schwächen, doch so leicht gab sie sich nicht geschlagen.
Mit größter Willensanstrengung bündelte sie die Magie, die in ihr steckte, und sandte sie in einem goldenen Strahl in die Erde unter ihren Füßen.
Ein lautes Pochen dröhnte in ihren Ohren. Sie bezweifelte, dass es ihr Herzschlag war. Sonnenlicht kroch zwischen ihren Zehen hindurch und nach oben in die Freiheit. Wärme schoss ihr durch die Glieder, erfüllte ihr Innerstes mit neuer Kraft.
Als sie an sich hinunterblickte, sah sie ihren eigenen Körper im Dunkeln leuchten – wie das sanfte Mondlicht am Himmel. Pflanzen wuchsen neben ihr aus dem Boden, schlängelten ihre Beine hinauf, dürstend nach der Magie, die sie mit jeder Pore ihres Körpers verströmte. Eine fliederfarbene Knospe erblühte neben ihrem Ohr. Sie war Titanias Tochter und die Erde hatte ihr geantwortet.
Sie hob die Hand und wo ihre Finger hindeuteten, brach der Erdboden krachend entzwei. Pooka und Ares trennte nun ein breiter Spalt – wahrscheinlich eine vollkommen unnötige Geste, denn die beiden hatten längst aufgehört, sich zu bekriegen, und starrten sie mit großen Augen an. Pooka änderte seine Gestalt, schwirrte als Schwarm bunter Schmetterlinge auf sie zu und umkreiste sie mit heiteren Flügelschlägen.
»Du bist wirklich du.« Ares’ Stimme war heiser, doch sie meinte, einen Hauch von Ehrfurcht herauszuhören.
»Das sagte ich doch, oder?«
Ares schüttelte zweifelnd den Kopf. »Schon, aber du wolltest doch nicht weg, sondern der Magier …«
»Nein, das war meine Entscheidung.«
»Aber wieso?«
Sie seufzte. »Ich kann so was nicht«, gestand sie. Schmetterlingsflügel schlugen liebkosend gegen ihre Haut. »Ich kann ihm das nicht antun. Nicht nach all dem, was wir durchgemacht haben.«
»Bist du verrückt? Denk doch lieber an all die Dinge, die er dir angetan hat. Die er uns allen angetan hat!«
Kira lächelte schwach. »Ich habe nicht vergessen, wer er ist, aber es gibt Dinge, die wünscht man nicht einmal seinem ärgsten Feind.«
»Das ist doch Wahnsinn! Ich meine, was willst du denn jetzt tun?«
»Keine Ahnung. Kingsley hat einen sehr guten Freund, vielleicht gehen wir zu ihm zurück. Irgendetwas fällt uns schon ein.«
Ares schnaubte. »Nein, da liegst du falsch. Es gibt kein wir . Kingsley ist wahrscheinlich schon so lange in deinem Kopf, dass du es vergessen hast, aber es gibt nur dich. Es ist dein Körper, dein Leben. Er hat seines längst verwirkt und du musst dich von ihm lösen.«
»Das ist leichter getan als gesagt.« Kiras Mund fühlte sich auf einmal trocken an. Die Blüte an ihrem Ohr verwelkte. »Ich muss gehen.«
Ares nickte zwar, doch seine Miene war entschlossen. Der Werwolf hatte noch längst nicht aufgegeben. »Das hier wird ein Nachspiel haben. Darauf kannst du dich verlassen.«
»Kann es kaum erwarten«, sagte Kira spöttisch. Bevor sie sich von ihm abwandte, ließ sie Wurzeln aus dem Boden sprießen und wie Schlingen um seinen Körper wachsen.
»Du wirst einmal eine große Königin!«, rief er ihr nach.
Noch lange sollten diese Worte wie Eisen auf ihrer Haut brennen.
»Ich brauche ein Pferd«, hatte Kira zu Pooka gesagt und dabei an einen einfachen, stinknormalen Gaul gedacht.
Doch was hatte sie bekommen? Ein Ungetüm aus der Hölle, mit pechschwarzem Fell, einem blutroten Horn auf der Stirn, weißer Mähne und nadelspitzen Reißzähnen.
Ach, was regte sie sich eigentlich noch auf?
Sie hatten Sina und ihren Hof vor gut vier Stunden verlassen. Immer wieder blickte sie sorgenvoll hinter sich, ob die Attentäter der Feenkönigin – oder ein stinkwütender Ares – sie bereits verfolgten. Wahrscheinlich hätte sie sich die vielen Blicke sparen können, wenn sie nicht zu stur gewesen wäre, sich in ein Auto zu setzen. Zumindest war das Kingsleys Meinung. Kira hatte jedoch genug von Autos. Die letzte Fahrt hatte ihr nur Ärger eingebracht.
Also hatte sie sich trotz
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