Verräter der Magie
Kingsleys Gemeckere für die autofreie Version entschieden und ritt nun auf ihrem Höllenross die Landstraße entlang. Pooka gab die Richtung vor, Kira hinterfragte ihn nicht. Eine penibel gesponnene Illusion schützte sie vor verwunderten Blicken – nach außen hin sah sie wie ein einfaches Menschenmädchen auf einem braun gescheckten Pferd aus –, dennoch kam sie sich ziemlich dämlich vor.
»Wenn ich daran denke, dass ich eben meine letzte Chance auf Freiheit aufgegeben habe, um dir zu helfen, könnte ich heulen«, jammerte Kira.
Kopf hoch, Tinker Bell , tröstete sie Kingsley immer noch bester Laune. Evan hat wahrscheinlich längst einen Plan ausgearbeitet, wie er uns voneinander trennen kann, ohne dass ich körperlos durch die Welt wandern muss.
Sie ritten bis spät in die Nacht hinein. Kira kam es vor, als wären sie tagelang unterwegs gewesen. Als sie sich von Pookas Rücken gleiten ließ, waren ihre Oberschenkel wund gescheuert und ihre Knie wie Pudding. Das Reiten nicht gewohnt, fühlte sie sich wie gerädert.
Vor Erschöpfung ächzend, schleppte sie sich hinter eine kleine Ansammlung von Bäumen, wo sie sich erleichtert unter einer großen Wurzel einrollte.
Pooka legte sich in Form einer kuschelweichen Decke um ihren Körper und wachte über sie, während sie sich ihren wohlverdienten Schlaf holte.
Gleich bei Sonnenaufgang ritten sie wieder los. Und es war diese Sonne, die ihr Unbehagen bereitete. Im Dunkeln der Nacht hatte sie kaum jemand beachtet, doch am helllichten Tag begannen die Dinge merkwürdig zu werden.
Ihre Illusion war perfekt, dessen war sie sich sicher, und trotzdem starrten die Leute sie merkwürdig an. Wobei »anstarren« noch untertrieben war: Sie wurden richtig emotional bei ihrem Anblick. Verzogen ängstlich die Mienen und suchten so schnell wie möglich das Weite. Andere schienen wütend zu werden. Ein kleiner Junge warf sogar Steine nach ihr. Als sie ihren Blick auf ihn richtete, begann er zu heulen und versteckte sich hinter seiner Mutter, die ihn hochhob und mit ihm weglief.
Kira war völlig am Ende mit den Nerven, als am frühen Nachmittag ein roter Jeep neben ihr hielt und der Fahrer das Fenster runterkurbelte.
Sie wusste von Anfang an, dass sie den Typ nicht mochte. Schon als er mit seiner laut dröhnenden Metal-Musik herangebraust war. Das änderte sich auch nicht, als sie sein verfilztes braunes Haar sah und die Waffe, deren Mündung auf ihr Herz zielte.
»Du hast echt Nerven, hier so einfach durch die Straßen zu galoppieren.« Der Mann lächelte dreckig.
Kira runzelte die Stirn. Nun dachten ja recht viele Menschen mit einer Pistole, sie seien unbesiegbar. Und es war auch durchaus richtig, dass eine Eisenkugel durch ihre Brust ihr Ende wäre. Aber ein Mensch könnte sie niemals treffen. Noch bevor er den Abzug vollends gezogen hätte, wäre er ein toter Mann. Die Pistole bereitete ihr also keine großen Sorgen. Was sie ärgerte, war das allgemeine Interesse an ihrer Person.
»Was willst du?«, fragte sie und stieg ab.
Der Mann sah sie einen Moment irritiert an, dann begann er lauthals zu lachen.
»Heißt das etwa, du weißt es nicht? Im Ernst?« Er verschluckte sich fast vor Lachen, dann kramte er mit der freien Hand im Ablagefach über dem Beifahrersitz herum. Hämisch grinsend holte er schließlich einen Zettel hervor und hielt ihn ihr vor die Nase.
Kiras Gesicht war darauf zu sehen. Unter ihrem Foto stand ihre Identifikationsnummer – für den Fall, dass sie ihr Aussehen verschleierte. Automatisch fuhren ihre Finger hinters rechte Ohr, wo eine sechsstellige Nummer eintätowiert war. Die Tinte war magisch und ließ sich mit keiner Illusion verdecken.
Was sie jedoch wirklich schockierte, war die riesige Summe, die für sie geboten wurde.
» 100000 Pfund, tot oder lebendig? Haben die den Verstand verloren?«
»Tja, du wirst gesucht, Schätzchen«, sagte der Mann über beide Ohren grinsend. »Und du wirst mich zu einem reichen Mann machen.«
Kira war schon vorher genervt gewesen. Doch dieser Kerl samt seinen Nachrichten gab ihr den Rest. Sie wollte ihm das dreckige Grinsen aus dem Gesicht wischen und webte bereits den passenden Zauber, als eine Bewegung in den Bäumen über ihr ihre Aufmerksamkeit erregte.
Für das normale menschliche Auge nicht erkennbar, flatterten zwei winzige Kreaturen im Blätterwerk. Sie tuschelten eifrig miteinander und blickten immer wieder neugierig in ihre Richtung. Sanft in der Sonne glitzernder Staub fiel von ihren
Weitere Kostenlose Bücher