Verräterisches Profil
Walther in Verbindung; eine Namensaufzählung ohne gerichtlichen Beweiswert.
»Wir haben eine ungelöste Mordserie, die wir in wenigen Tagen fälschlicherweise als erledigt zu den Akten legen müssen, wenn uns nicht irgendetwas einfällt, was den Polizeipräsidenten von unserer Einschätzung überzeugt.« Erwartungsvoll schaute sie Robert und Mark an.
»Hill hat kein Alibi, da er behauptet, im Bett gelegen zu haben. Das Ergebnis der DNA-Analyse ist das einzige Beweismittel, das ihn entlastet«, begann Mark.
»Dagegen können wir nichts ausrichten. Also bleibt als Ansatzpunkt nur seine Aussage, zu Hause gewesen zu sein. Die müssen wir widerlegen. Vielleicht ist er in der Mordnacht geblitzt worden. Eventuell hat er getankt. Wir bräuchten Kreditkartenbelege. Wir brauchen etwas, um ihn der Falschaussage zu überführen«, sagte Robert.
»Es ist einen Versuch wert.« Aus ihren Unterlagen suchte Beate das amtliche Kennzeichen von Hills Fahrzeug heraus. Sie kontaktierte telefonisch das Ordnungsamt, deren Mitarbeiterin ihr eine Antwort innerhalb einer Stunde versprach. Die Anfrage bei den verschiedenen Kreditkarteninstituten würde deutlich mehr bürokratischen Aufwand erfordern, weswegen sie das auf später verschob.
»Mir gehen zwei andere Sachen durch den Kopf«, teilte Mark mit. »Zum einen sollten wir seine Nachbarn befragen, ob sie ihn in einer der Tatnächte das Haus haben verlassen sehen. Das wird zwar nichts bringen, denn dafür liegen die Nächte zu lang zurück. Doch wenn Hill merkt, dass wir die Nachbarschaft nach ihm ausquetschen, wird er möglicherweise nervös oder frustriert reagieren. Wir müssen uns in ihn hineinversetzen. Es gibt diesen DNA-Test, außerdem hat er den Callboy eliminiert. Trotzdem steht er weiter in unserem Fokus. Das wird einen Denkprozess in ihm auslösen. Er wird sich fragen, was der Grund dafür ist. Und vielleicht wird er sich zu einer Dummheit hinreißen lassen.«
Beate nickte. »Und die zweite Sache, von der du gesprochen hast?«
»Moment. Dazu komme ich gleich. Was den Punkt anbelangt, ihn zu frustrieren, sollten wir auch andere Möglichkeiten ausschöpfen. Er hat bei den Morden sehr viel Beherrschung gezeigt. Ihm ging es darum, das Geschehen zu kontrollieren. Falls er mit den Taten das Ziel verfolgt hat, das Sorgerecht für seine Tochter zu erhalten, strebt er ebenso Dominanz an. Seine Ex-Frau hat ihm das Kind weggenommen, er holt es sich jetzt wieder. Alles, was seinen Plänen entgegenwirkt, wird ihn verärgern. Ist er ärgerlich, begeht er unter Umständen einen Fehler. Wir müssen diesen Zustand provozieren.
Der zweite Aspekt bezieht sich auf die Trennungsphase von seiner Frau. Wie wird das für ihn gewesen sein? Sie verlässt ihn und nimmt das Kind mit. Ein absoluter Schock. Bestimmt wird er traurig, frustriert, ärgerlich gewesen sein. Ihr seht, hier schließt sich der Kreis. Frustration und Ärger. Davon war sein Leben in den vergangenen Jahren geprägt.
Er hat sein Studium aufgegeben und stand plötzlich vor den Trümmern seiner Existenz. Ich kann mir vorstellen, dass er zu dieser Zeit viel getrunken hat, um seinen Kummer zu vergessen. Aber er wird auch gehörige Wut verspürt haben. Damals muss abgrundtiefer Hass in ihm entstanden sein. Sonst wäre er nicht nach so vielen Jahren aktiv geworden. Und erinnert euch, wie außerordentlich schlimm Meike Noltes Gesicht zugerichtet war.
Diese Kombination aus Alkohol und Hass kann verheerend sein. Alkohol enthemmt. Worauf ich hinauswill, ist Folgendes: Es würde mich nicht wundern, wenn er kurz nach der Trennung ein erstes Schwerverbrechen begangen hätte und durch Glück davongekommen wäre.«
»Du meinst, er könnte damals bereits zum Mörder geworden sein?«, vergewisserte sich Robert.
»Nicht unbedingt. Eine andere Straftat kommt ebenfalls infrage. Beispielsweise eine schwere Körperverletzung oder eine Vergewaltigung. Eine Tat, der eine Frau zum Opfer gefallen ist, denn sein Hass bezog sich auf Frauen.«
»Das können wir überprüfen. Wird wahrscheinlich nur etwas dauern.«
»Du kannst dich auf den Monat nach der Trennung konzentrieren.«
Beate blätterte in den Akten. »Den Monat habe ich hier nicht stehen.«
»Umso besser. Fahr zu ihm und befrage ihn dazu. Da sind wir nämlich wieder beim ersten Aspekt. Vielleicht macht ihn die Frage nach dem genauen Trennungszeitpunkt nervös.«
Beate saß allein in ihrem Büro, als das Telefon klingelte. Robert und Mark waren gerade in der Kantine. Nach dem dritten
Weitere Kostenlose Bücher