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Verräterisches Profil

Verräterisches Profil

Titel: Verräterisches Profil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Hünnebeck
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waren.
    ***
    Mark ordnete seine Gedanken. Durch die Befragung der Nachbarn wussten sie inzwischen, dass Jan Uhlich monatelang bei Walther gewohnt hatte. Doch angeblich war niemandem der Fahndungsaufruf der Polizei aufgefallen. Wenigstens erinnerte sich eine ältere Dame an einen lautstarken Streit zwischen den beiden Männern, nach dem sie Uhlich nicht mehr gesehen hatte. Bloß an den Tag der Auseinandersetzung konnte sie sich nicht entsinnen. Jemand anders hatte Walthers Schreie und das Poltern am Vorabend gehört, wobei er sich allerdings nichts gedacht hatte, da er den Ermordeten als eine Person beschrieb, die gern geräuschvollen Sex praktizierte. Niemand hatte Walthers Mörder bei der Flucht aus dem Haus beobachtet.
    »Meiner Meinung nach verhält es sich wie folgt«, begann Mark. »Irgendwie lernt Uhlich Walther kennen, gewinnt sein Vertrauen. Schließlich zieht er sogar bei ihm ein. Als Paar haben sie natürlich Sex miteinander. Dabei benutzen sie Kondome. Als er den Entschluss fasst, die Konrads zu ermorden, sorgt Uhlich dafür, dass das mit Sperma gefüllte Präservativ von Walther nicht im Abfall landet. Stattdessen nimmt er es mit zu der Familie und rächt sich an ihnen. Er hinterlässt falsche Spuren, sodass ihm im Falle seiner Verhaftung keine Täterschaft nachgewiesen werden kann. Möglicherweise hat er geplant, Walther nach der Mordnacht zu verlassen. Für den Fall, dass der Callboy ins Visier der Ermittlungen geraten sollte, hätte dieser ein Problem; besonders dann, wenn er kein Alibi vorweisen kann. Doch Uhlich spekuliert wohl darauf, dass Walther für uns nie eine Rolle spielen wird, da es keine Verbindung zwischen ihm und den Konrads gibt. Zumindest solange wir nichts von dem Verhältnis der beiden erfahren.
    Aber diese erste Mordnacht löst in ihm einen Rausch aus. Er will diese intensiven Gefühle noch einmal erleben. Daher bleibt er bei Walther, tötet zuerst die Beyers, einige Wochen später die Noltes. Nun ist er jedoch erstmals nachlässig. Eileen überlebt, weil er ihr das Kissen nicht lange genug aufs Gesicht drückt. Dieser Teil der Taten fällt ihm wahrscheinlich am schwersten. Allem Anschein nach hegt er keinen Hass gegen Kinder. Er will ihnen vermutlich nur ein Leben ersparen, wie er es ertragen musste. Das würde seine Nachlässigkeit erklären.
    Es kommt zum Streit, Walther wirft Uhlich hinaus. Die Konsequenzen sind für unseren Verdächtigen gravierend, denn nun steht ihm Walthers Sperma nicht mehr zur Verfügung.« Mark erkannte Zustimmung in der Mimik seiner Zuhörer. »Ich denke, bis zum Erscheinen des Zeitungsartikels wusste Uhlich nichts von Walthers Verwicklung in einen anderen Mordfall. Als er davon liest, wird ihm klar, was für eine Chance sich ihm bietet. Er kehrt zurück und schlachtet seinen ehemaligen Geliebten bestialisch ab.«
    »In der Annahme, dass wir die Familienmorde damit als gelöst betrachten und jetzt den Mörder eines Mörders suchen«, beendete Beate die Überlegungen.
    »Womit er nicht ganz unrecht hat«, gab Robert zu bedenken. »Sobald sich eine positive Übereinstimmung des genetischen Fingerabdrucks ergibt, könnten wir eine Fortführung der Ermittlungen allenfalls bei berechtigten Zweifeln an Walthers Verantwortlichkeit für diese Verbrechen durchboxen. Wenn wir zum Beispiel nachweisen könnten, dass er ein lupenreines Alibi für mindestens eine Mordnacht hat.«
    »Viel Zeit bleibt euch dafür nicht«, warf Mark ein. »Zumal ich glaube, dass Uhlich zugeschlagen hat, während Walther zu Hause friedlich im Bett schlief.«
    Beate griff zu ihrem Telefon. Sie wählte eine Nummer, ehe sie die Freisprechfunktion aktivierte. Nach dreimaligem Klingeln meldete sich der Gerichtsmediziner Schneider.
    »Bauer. Hallo Herr Schneider. Wie lange wird es dauern, bis Sie sicher wissen, ob das an den Tatorten gefundene Sperma von dem Toten stammt?«, erkundigte sie sich.
    »Mit etwas Druck höchstens zweiundsiebzig Stunden.«
    »Können Sie das auf eine Woche ausdehnen?«
    »Normalerweise können Sie und Ihre Kollegen es doch gar nicht abwarten, bis die Ergebnisse endlich vorliegen«, entgegnete ihr Gesprächspartner überrascht.
    »Diesmal habe ich noch einige offene Fragen zu klären. Mir wäre es lieber, sie unvoreingenommen beantwortet zu bekommen.«
    »Ich kann Ihnen fünf Tage einräumen. Ich verschiebe die Obduktion auf den späten Nachmittag, dann gehen die Proben erst morgen ans Labor. Aber länger nicht, Frau Bauer. Sonst laufe ich Gefahr, dass man mir

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