Verräterisches Profil
Klingeln nahm sie das Gespräch entgegen.
»Hahn vom Ordnungsamt. Wir haben vorhin miteinander telefoniert.«
»Haben Sie etwas herausgefunden?«
»Zumindest zu einem der von Ihnen genannten Tage.« Die Frau nannte ihr das Datum der zweiten Mordnacht. »Es gibt ein schwebendes Verfahren. Und zwar hat ein gewisser Rüdiger Wohlfahrt eine Anzeige erstattet, die sich gegen den Halter des Fahrzeugs richtet, das auf Herrn Hill zugelassen ist. Herr Wohlfahrt behauptet, er habe diesen Pkw aus einem Waldgebiet am Stadtrand herausfahren sehen. An einer Stelle, an der jeglicher Kraftfahrzeugverkehr verboten ist. Der Anzeigenerstatter war an jenem Sonntagmorgen bereits früh mit seinem Hund spazieren. Laut seiner Aussage geschah das Verkehrsdelikt um fünf Uhr fünfzehn morgens. Wir haben den Fahrzeughalter diesbezüglich angeschrieben, worauf er geantwortet hat, dass es sich um eine Verwechslung handeln müsse. Weil er um diese Zeit im Bett gelegen habe. Besitzen Sie Informationen, die uns weiterhelfen könnten?«
Seit dieser Nacht fehlte von Peter Kleine jede Spur, schoss es Beate durch den Kopf.
»Das nicht«, antwortete sie ausweichend. »Aber ich möchte Sie ersuchen, das Verfahren auf keinen Fall einzustellen. Es könnte für die weiteren Ermittlungen in einer Mordsache bedeutsam sein. Geben Sie mir bitte die genaue Ortsbeschreibung.«
Sie notierte die Angaben auf einem Block und bedankte sich. In dem Moment betraten Robert und Mark das Büro.
»Ich weiß, wo wir Peter Kleines Leiche finden«, teilte sie den verdutzten Männern mit.
***
Aufgrund der fortgeschrittenen Verwesung konnte der Tote nicht ohne nähere Untersuchungen identifiziert werden, doch Beate zweifelte nicht eine Sekunde daran, um wen es sich handelte. Nach einer Stunde hatten die Leichenhunde angeschlagen, zwanzig Minuten später war das etwa einen halben Meter tiefe Grab ausgehoben. Dieser Fund stellte ein wichtiges Glied in ihrer Argumentationskette dar, mit der sie den Polizeipräsidenten überzeugen wollte, die Soko nicht aufzulösen. Nun war es an der Zeit, Marks Taktik des Frustrierens anzuwenden, um Hill aus der Reserve zu locken.
28
Am folgenden Montag fuhr Beate zu Hill. Inzwischen hatte Schneider sie darüber informiert, dass das Labor eine Übereinstimmung zwischen Walthers DNA und den Tatortspuren festgestellt hatte. Ohne Marks Zweifel wäre der Fall jetzt abgeschlossen. Stattdessen war sie bei ihrem Hauptverdächtigen zum Besuch angemeldet, um ihm einen schweren Schlag zu versetzen. Der Professor hatte ihr empfohlen, die Befragung allein vorzunehmen, damit Hills neue Frustration wiederum durch eine Frau verursacht wurde. Zu ihrer eigenen Sicherheit war sie unsichtbar verkabelt. Robert und eine Streifenwagenbesatzung warteten einen Straßenzug entfernt und würden jedes gesprochene Wort mitbekommen.
Eileens Vater bat sie lächelnd in eine penibel aufgeräumte, blitzblanke Wohnung. Er führte sie ins Wohnzimmer und bat ihr einen Kaffee an, auf den sie allerdings verzichtete.
»Ich bin aus zweierlei Gründen hier«, sagte sie. »Der eine ist eine reine Formalität. Können Sie mir für die Akten den genauen Tag sagen, an dem Ihre Ex-Frau Ihnen mitgeteilt hat, dass sie Sie verlassen wird?«
Hill wirkte überrascht, seine freundliche Miene entglitt ihm für den Bruchteil einer Sekunde, ehe er sich wieder unter Kontrolle hatte. »Oh ja, das kann ich. Es war der achte April, ein Tag nach meinem Geburtstag. Aber wieso ist das Datum für Ihre Unterlagen bedeutsam?«
Beate winkte lässig ab. Anstatt ihn anzusehen, schweifte ihr Blick durch den Raum; ein Verhalten, zu dem ihr Mark geraten hatte. »Nicht so wichtig.«
»Hm. Und der zweite Grund Ihres Besuchs?« In seiner Stimme schwang Verärgerung mit.
»Ich habe am Sonntag mit Frau Dr. Göltz und heute mit Frau Rosenkreuz vom Jugendamt geredet.« Nun fixierte sie seine Augen. »Ihrer Tochter geht es inzwischen so gut, dass Frau Dr. Göltz eine Entlassung aus dem Krankenhaus befürwortet.«
»Hey, das ist ja toll!« Seine Freude klang aufrichtig. »Ich hatte am Wochenende auch den Eindruck, dass sie Fortschritte macht.«
»Frau Rosenkreuz und ich sind übereingekommen, Eileen in den nächsten Wochen den Roths anzuvertrauen. Die übrigens einverstanden sind.«
»Was?« Die Freude wich einem wütenden Gesichtsausdruck des Unverständnisses. »Wieso zu den Roths? Sie gehört zu mir!«
»Natürlich haben Sie damit recht. Doch wegen der noch laufenden Ermittlung –«
»Was soll das
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