Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verrat im Höllental

Verrat im Höllental

Titel: Verrat im Höllental Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
Vom Netzwerk:
nach Hause?“
    Der Direktor lächelte gequält. „Verzeihung,
gnädige Frau. Wenn ich richtig verstehe, hat man Sie bestohlen?“
    Emma sah Gaby an. „Ein Blitzmerker! Und
das in leitender Stellung. Gleich wird er im Namen des Hauses bedauern und auf
die Schlechtigkeit der Menschen verweisen. Im Stillen wünscht er mich natürlich
zum Teufel. Aber so leicht mache ich’s ihm nicht.“
    „Aber gnädige Frau…“, rief er — und
versuchte seine Zehn-Stunden-Tag-Nerven zur Ruhe zu bringen.
    „Ohne Schlüssel“, unterbrach sie ihn, „kann
ich nicht mal meinen Wagen benutzen.“ Ihre dezent geschminkten Runzellippen
bildeten eine energische Linie. „Ich muß telefonieren, junger Mann. Dann kann
Gaby die Diebin beschreiben. Sie hat sie nämlich gesehen. Und Gaby ist die
Tochter von Kommissar Glockner, mit dem sie sich gutstehen sollten, junger
Mann. Geben Sie her!“
    Damit schnappte sie sich einen der
Telefonhörer, und dem Direktor blieb nur, mit steinerner Miene aufs Knöpfchen
zu drücken, um eine Amtsleitung einzuklinken.
    „Wählen Sie!“ gebot Emma — und
diktierte die Nummer. „Das ist mein Sohn“, erklärte sie dabei. „Auch ein
Direktor. Aber in unserem Werk wird nicht geklaut. Günter ist zwar total
abgenabelt, aber jetzt kann er mal seine Mutterliebe beweisen und mich
heimfahren. Er besucht mich ohnehin viel zu selten. Ich... Nanu, da ist sie ja.“
    Am anderen Ende der Leitung wurde
soeben abgehoben.
    Aber das interessierte Emma nicht mehr.
Sie legte auf.
    Dann stieß sie an Gaby vorbei und
grapschte sich die Schlangenledertasche, die soeben von einer Verkäuferin
hereingebracht wurde.
    Das gibt’s nicht, dachte Gaby. Das muß
man erlebt haben. Emma, die Schreckliche. Aber ein Herz wie aus Gold. Falls ich
lachen muß, stopfe ich mir die Faust in den Mund.
    „Habt ihr die Diebin?“ fragte Emma.
    „Leider nicht, gnädige Frau“,
antwortete die Verkäuferin. „Die Tasche wurde auf der Damentoilette gefunden.
In einem Abfallkorb.“
    Der Direktor hätte sich ohrfeigen
können, daß für eine Zehntelsekunde seine Mundwinkel zuckten.
    „Grinsen Sie nicht!“ sagte Emma. „Ich
weiß, was Sie denken. Ich hätte meine fünf Sinne nicht mehr beisammen, denken
Sie, und hätte mit dem Papiertaschentuch auch die Tasche in den Abfallkorb...
Vonwegen! Sie lag auf dem Beckenrand. Als ich mich umdrehte, war sie plötzlich
weg. Mal sehen!“

    Kurzerhand kippte sie den Inhalt auf
den Schreibtisch.
    „Da!“
    Triumphierend zeigte sie auf eine
Stelle, wo nichts lag.
    „Die Puderdose fehlt. 22karätiges Gold.
Glauben Sie mir nun?“
    „Nicht eine Sekunde, gnädige Frau, habe
ich daran gezweifelt. Ihr Geld ist noch da?“
    Emma zählte ein dickes Bündel Hunderter
durch. „Sonderbar! Da fehlt nichts.“
    „Sind Sie sicher, gnädige Frau, daß Sie
die Puderdose bei sich hatten? Vielleicht liegt sie bei Ihnen zu Hause. Wie
leicht irrt man sich da! Mir geht es genauso.“
    „Wieso?“ fragte Emma. „Pudern Sie sich?“
    „Wie... Ich meine doch nur. Als
Beispiel. Bei mir war es das Zigarettenetui. Auch aus Gold. Ich dachte, ich
hätte es in meiner Handgelenktasche. Aber da war’s nicht. Verloren! dachte ich.
Schade! Und dann“, er strahlte sie an, „lag es zu Hause.“
    „Verstehe! Daß Sie Ihre fünf Sinne
nicht beisammen haben, wollen Sie mir jetzt anhängen. Kein Wunder, daß es in
Ihrem Hause so zugeht. Wieviele Zigaretten rauchen Sie pro Tag?“
    „Wie bitte? Ich bin Nichtraucher.“
    „Aha! Dann ist wohl das Zigarettenetui
auch nur ein Beispiel. Gaby, komm! Hier haben wir nichts mehr verloren. Die
Diebin ist sowieso schon verschwunden!“
    Jetzt durfte Gaby die Hundekuchen-Tüte
tragen. Emma beschäftigte sich mit ihrer Tasche. Die Rolltreppen standen still.
Im Erdgeschoß eilten die letzten Kunden zum Ausgang. Gaby hüpfte mit Emmas
Sturmschritt mit. Draußen dunkelte es angenehm. Abendluft wehte sie an.
    „Mein Wagen steht dort drüben im
Halteverbot“, sagte Emma. „Da lassen wir ihn. Der Strafzettel ist sowieso dran.
Wollen wir in die Milchbar oder ins Café? Während wir uns stärken, beschreibst
du mir die Diebin.“
    „Von der habe ich leider fast gar nicht
gesehen“, dämpfte Gaby die großen Erwartungen. „Sie überholte mich. Dabei
stießen wir zusammen. Ich kann nur die Rückfront beschreiben. Es war jedenfalls
eine ältere Dame. Ziemlich klein, zerbrechlich, heller Mantel, heller Hut — ein
modischer — und Kroko-Tasche. Mehr weiß ich nicht.“
    „Hm. Das trifft auf

Weitere Kostenlose Bücher