Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Verrat in Freistatt

Titel: Verrat in Freistatt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
Vom Netzwerk:
Lalo mit einem Blick wie ein mausernder Adler. Des Ministers alternde Haut wirkte fahl über dem grellen Prunkstaat.
    Er sollte diese Farbe nicht tragen, dachte sich Lalo.
    Es kostete ihn viel Selbstbeherrschung, sie nicht hinter den vergoldeten Säulen zu verstecken. Coricidius hatte immer diese Wirkung auf ihn, deshalb war er nahe daran gewesen, den Auftrag abzulehnen, diesen Empfangssaal für den hohen Besuch zu verschönern. Aber so verrufen der Minister in Ranke auch sein mochte, hier in Freistatt war er nach dem PrinzStatthalter der mächtigste Mann (tatsächlich munkelte man, daß sein Einfluß größer sei).
    »Bemerkenswert! Diese erfrischende Linienführung! Diese Ursprünglichkeit!« Einer der kaiserlichen Gesandten beugte sich vor, um die Pinselführung noch genauer zu betrachten. Sein Mehrfachkinn schwabbelte vor Begeisterung.
    »Ich danke Euch, Lord Raximander. Darf ich Euch den Künstler vorstellen? Meister Lalo ist ein Sohn Freistatts .«
    Lalo verbarg die farbbefleckten Hände hinter dem Rücken. Alle blickten ihn an wie ein Wundertier. Es mußte doch nur zu offensichtlich sein, daß er in dieser Stadt lebte - die schäbigen Häuser auf des Bildkönigs Fluchtweg gehörten dem Labyrinth an.
    Lord Raximander, von dem Rosenduft und Wohlwollen ausgingen, wandte sich an Lalo.
    »Ihr seid ein wahrhaft begnadeter Künstler, doch warum bleibt Ihr hier? Ihr seid wie eine Perle am Hals einer Hure!«
    Lalo starrte ihn an, dann wurde ihm bewußt, daß die Worte durchaus ernst gemeint waren. Weder der Prinz noch sein Minister hatten sich je weiter westwärts als bis zur Hauptstraße gewagt, und das Labyrinth gehörte nicht zu den Sehenswürdigkeiten, die man den Abgeordneten gezeigt hatte. Er unterdrückte ein Grinsen, als er sich vorstellte, wie hilflos diese Gecken einigen seiner alten Freunde aus dem »Wilden Einhorn« ausgeliefert wären - es erginge ihnen nicht besser als einem Kanarienvogel, den man mit Katzen allein ließe.
    Nun betrachteten auch die anderen der Abordnung das Gemälde genauer: da waren der General, der Erzpriester Arbalest und Zanderei, der Versorgungsbeauftragte, ein unbedeutender Verwandter des Kaisers. Lalo hörte Bemerkungen wie »naiver Charme« und »urtümliche Ausdruckskraft« und seufzte.
    »Wahrhaftig ...«, erklang eine weiche Stimme nahe seinem Ohr. »Welche Anerkennung könnt Ihr schon in dieser Stadt der Diebe erwarten. In Ranke wüßte man Euch zu schätzen .«
    Lalo zuckte heftig zusammen, als er seine eigenen Gedanken ausgesprochen hörte. Er sah einen schmächtigen Mann mit kurz gestutztem, ergrauendem Haar und einer von Wind und Wetter gebräunten Haut in einem taubengrauen Seidengewand. Zanderei hieß dieser Mann, wie ihm nach kurzem Nachdenken wieder einfiel. Einen Moment glaubte er belustigtes Verständnis in den Augen des Gesandten zu lesen, doch dann verbarg Milde es, und als Lalo den Mund öffnete, um zu antworten, hatte Zanderei sich bereits von ihm abgewandt.
    Eine sanftmütige Null, hatte Lalo gedacht, als der Prinz sie alle der Abordnung vorgestellt hatte, und jetzt war Zanderei wieder eine graue Maus. Stirnrunzelnd dachte Lalo darüber nach.
    Ein jugendlicher Eunuch, sich seines neuen purpurnen Satingewands mit dem Fransenbesatz allzusehr bewußt, kam mit Zinnkelchen auf einem Tablett herbei. Er bot Wein aus Caronne an, der in Schnee gekühlt war. Dieser Schnee kam, in Sägemehl verpackt, den ganzen weiten Weg aus den Bergen im Norden, um die ein solcher Streit ausgebrochen war. Die Gesandten nahmen sich neue Kelche, und Coricidius winkte dem Sklaven, sich zurückzuziehen.
    Lalo, dessen erster Kelch fast leer war, blickte ihm verlangend nach, brachte jedoch nicht den Mut auf, ihn zurückzurufen. Ich hätte mich selbst als Modell für den feigen ilsiger König nehmen können, dachte er bitter. Zu viele hier erinnern sich daran, wie ich mich fast zu Tode soff und Gilla für die Kaufmannsfrauen waschen mußte, (3) und ich habe Angst, daß sie mich auslachen ...
    Aber er hatte doch die Wände des Tempels der rankanischen Götter bemalt, er hatte diesen Saal verschönert, und der Prinz hatte ihm höchstpersönlich sein Lob ausgesprochen. Warum konnte er nicht damit zufrieden sein? Einst war mein Wunschtraum, die Wahrheit unter der Haut zu malen, dachte er. Was will ich jetzt?
    Das Gemurmel höflicher Gespräche breitete sich im ganzen Saal aus. Die reichen Kaufleute von Freistatt versuchten vorzutäuschen, daß solche Empfänge etwas Alltägliches für sie seien.

Weitere Kostenlose Bücher