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Verrat in Freistatt

Titel: Verrat in Freistatt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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bei einem flüchtigen Blick auf den Boden etwas Weiches vor sich liegen sah. Hastig sprang er zur Seite, um nicht in diesen ehemaligen Inhalt eines Nachttopfs zu treten, den jemand auf die Straße ausgeleert hatte, wo er jetzt dampfte und stank und liegenbleiben würde, bis der Regen ihn in das unterirdische Labyrinth der Kanalisation schwemmte, von wo er mit der Flut ins Meer getragen würde. Er war einmal in dieses Abwassernetz hinuntergestiegen, aufgrund einer Wette, durch einen Geheimschacht nahe dem »Wilden Einhorn«. Er fragte sich, ob es ihn wohl noch gab ...
    Was soll das? dachte er verärgert. Wieso werde ich bei dem Gedanken an Freistatt rührselig? Er betrachtete seine Sandalensohlen, ob er nicht vielleicht doch in den Kot getreten war. Das bißchen Wein, das ich getrunken habe, muß stärker gewesen sein, als ich dachte! Er hatte gehört, daß es in Ranke ganze Armeen von Straßenkehrern gab, die alle Straßen und Gassen des Nachts von dem Unrat des Tages reinigten ...
    Er entsann sich der Schmeicheleien von Lord Raximander und dieses seltsamen Mannes, Zanderei. Und er erinnerte sich der Zeit, da sein einziger Wunsch gewesen war, Freistatt verlassen zu können. Ihm erschien jetzt sein bisheriges Leben wie eine ständige Wiederholung von Träumen der Flucht, der neuen Hoffnung in Freistatt, der Feststellung, dass diese Hoffnung unbegründet war, und dann wieder neuerlicher Träume, die Stadt verlassen zu können.
    Dieses letzte Mal, als ihm klargeworden war, daß er Enas Yorls Gabe zu einem Segen machen konnte, wenn er Phantasieszenen malte oder Bilder aus der Vergangenheit und seine Modelle sorgfältig wählte, war er sicher gewesen, daß die Zeit seiner Schwierigkeiten vorüber war. Und nun spazierte er hier dahin und beklagte wieder einmal sein Schicksal.
    Ich hätte aus meinen Fehlern lernen müssen, dachte er stumpf. Aber was kann ich schon lernen? Kann irgend etwas außer dem Tod dieses sich ständig drehende Rad anhalten oder es auf einen anderen Pfad lenken?
    Über ihm lehnten die Häuser sich nun einander entgegen und verbargen die Aussicht auf den Himmel. Hinter einigen Fenstern brannte Licht, die meisten aber hatten die Läden geschlossen, und nur durch die Spalten und Ritzen fielen vereinzelte Lichtflecken auf das abgetretene Kopfsteinpflaster. Lalo zuckte zusammen, als aus einem Stimmengemurmel plötzlich wilde Verwünschungen wurden. Ein räudiger Hund, der an etwas in der Gosse geschnüffelt hatte, blickte zu dem Geschimpfe hoch, dann wandte er sich wieder seiner Suche nach etwas Freßbarem zu.
    Lalo erschauderte. Er stellte sich den Tod als ausgehungerten Schakal vor, der auf sein Opfer lauerte. Es mußte doch einen anderen Weg geben, sagte er sich. Denn so sehr er sein Leben auch verabscheute, war seine Furcht vor dem Tod doch noch größer.
    Menschliche Schatten glitten aus den Häuserschatten hinter ihm. Er zwang sich, ruhigen Schrittes dahinzuschlendern, denn er wußte, daß es zu dieser Stunde und in diesem Viertel von Freistatt den Tod bedeuten konnte, wenn man sich seine Furcht anmerken ließ. Im Tageslicht erfreute diese Gegend sich der Quasi-Ehrbarkeit des Basars, doch des Nachts gehörte sie zum Labyrinth.
    Von weit vorne erklang der grölende Gesang einiger Betrunkener und lautes Lachen. Fackelschein fiel um die Ecke. Ihm folgten die Johlenden, ein Trupp Söldner, furchtlos durch ihre Zahl, auf dem Weg zu den Bierfässern des »Wilden Einhorns«.
    Als das Fackellicht in ihre Nähe kam, huschten jene, die Lalo verfolgt hatten, zurück in Nebengassen und Eingänge, während Lalo selbst hastig unter dem Erker eines Wohnhauses Deckung suchte, bis die Söldner vorüber waren. Er hatte die Glibbgasse und damit die Sackgasse, in der er seit zwanzig Jahren wohnte, fast erreicht.
    Nun endlich wagte Lalo zu laufen, um heimzukommen, denn in all dem Auf und Ab seines Lebens hatte es wenigstens etwas Dauerhaftes gegeben: die Gewißheit, daß er ein Zuhause hatte und Gilla dort auf ihn wartete.
    Die dritte Treppenstufe knarrte, genau wie die siebte und achte. Als Lalos Malerei in Mode gekommen war und er zum erstenmal im Leben mehr Geld gehabt hatte, als er von einem Tag zum anderen brauchte, hatten er und Gilla sich das Haus gekauft, in dem sie schon immer wohnten, und es instand gesetzt, unter anderem auch die Treppe, trotzdem knarrten diese drei Stufen nach wie vor. Gilla, die ihrem jüngsten Kind ein Wiegenlied sang, hatte bei diesem Geräusch kurz innegehalten, und so wußte er, daß sie

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