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Verrat in Freistatt

Titel: Verrat in Freistatt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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Arbeit, um sich selbst, um seine Familie, die ohne Ernährer sein würde.
    Die Leinwand hatte Feuer gefangen und begann nun fast fröhlich zu prasseln. Helle Flammen nährten sich von dem farbdurchtränkten Stoff und warfen einen gespenstisch flackernden Schein auf Zandereis Gesicht.
    »Nein!« Der Aufschrei barst von Lalos Lippen, und als Zanderei sich aufrichtete, schloß Lalos Hand sich um den Farbtopf und schleuderte ihn auf den Attentäter.
    Er traf Zandereis Schulter, und rote Farbe spritzte wie Blut auf das graue Gewand.
    Der Mann stürmte auf ihn zu. Lalo rannte verzweifelt um den Tisch, griff nach weiteren Farbtöpfen, Pinseln und allem, was sich werfen ließ. Ein Farbtopf prallte gegen Zandereis Stirn, und als die Farbe über sein Gesicht rann, zögerte er gerade so lange, um sich die Augen auszuwischen.
    In diesem Moment stieß Lalo den Tisch um und rannte.
    Lalo drückte die Hände auf die Brust, als könnte er dadurch das Hämmern seines Herzens dämpfen, und starrte um sich.
    Es war alles so schnell gegangen, daß er sich nur noch verworren erinnerte, den Korridor entlanggelaufen zu sein, der an der oberen Hälfte des Empfangssaals vorbeiführte, auf die hintere Palastseite zu, dann die Treppe beim Thronpodest hinunter und immer weiter durch einen Teil des Palasts, den er nicht kannte. Obgleich auch hier der Boden noch aus Marmor bestand, waren die Fliesen gesprungen, und der Stuck bröckelte von den Wänden ab. Er hörte Geschirr klappern und nahm an, daß er der Küche nahe sein mußte.
    Zumindest, dachte er dankbar, würde der Gesandte Zanderei hier noch auffälliger sein als er. Vorsichtig bog er in einen anderen Gang ein und lief weiter. Doch als er leise die Tür an seinem Ende öffnete, hörte er etwas hinter sich - Schritte von einem, der durch die lange Übung so leichtfüßig rannte, daß seine Ledersohlen sich auf dem polierten Steinboden kaum lauter als ein Wispern anhörten.
    Ein Stöhnen unterdrückend, barst Lalo durch die Tür, raste über den Holzboden und die Plattform, die auf den Küchenhof führte, und warf sich in das erstbeste Versteck, das er fand.
    Es hatte wie ein großer Karren ausgesehen, und nun, da Lalo in die Ladung sank, wurde ihm klar, aus was sie bestand. Glücklicherweise nicht aus den Exkrementen, wohl aber aus den Küchenabfällen und den Speiseresten der Hoftafel von mehreren Tagen. Würgend grub Lalo sich tiefer in die Massen von Kartoffel- und Rübenschalen, sauer gewordenen Nachspeisen, klebrigem Reis, Kuchenresten, Fleischanschnitten und Knochen.
    Grimmig dachte er: Solange ich würgen kann, lebe Ich zumindest noch ...
    Der Wagen bewegte sich leicht, und das Stampfen von Hufen auf Stein war zu hören. Ihm wurde bewußt, daß er nicht nur noch lebte, sondern vielleicht sogar entkommen konnte, denn wenn das Pferd eingespannt war, mußte es wohl an der Zeit sein, den Müll fortzufahren. Er wagte kaum zu atmen und wartete endlose Minuten, bis er Stimmen vernahm und der Wagen unter dem Gewicht von jemandem schwankte, der auf den Kutschbock geklettert war. Und dann setzte der Wagen sich in Bewegung.
    Schneller! Schneller! betete Lalo und sank tiefer in die nicht gerade wohlriechende Masse. Das Klappern der Holzräder auf Stein war entsetzlich. Für einen Augenblick hörte es auf, eine fremde Stimme wechselte ein paar Worte mit Honald am Außentor, dann war das Klappern erträglicher, während der Wagen über den festgestampften Lehmboden des Vashanka-Platzes rollte.
    Unerwartet hielt der Wagen an. Lalo strengte die Ohren an, um die abendlichen Geräusche von Freistatt zu vernehmen, aber statt dessen hörte er Brüllen und alarmschlagende Gongs.
    »Ist das nicht Rauch? Bei Theba, im Palast brennt es! Steig ab, Tarn! Wir können die Abfälle auch morgen noch abladen!« Wieder schwankte der Wagen, und Lalo hörte die Schritte zweier Männer, die sich in der Richtung verloren, aus der der Wagen gekommen war.
    Lalo setzte sich zurück und staunte, daß er zumindest für den Augenblick gerettet war.
    Aber was tue ich jetzt? fragte er sich. Zanderei würde allen erzählen, daß Lalo den Wächter getötet und das Feuer gelegt hatte. Wenn sie ihn erwischten, würden sie ihn ins Verlies werfen, sofern sie ihn nicht sofort töteten. Und wenn er zu seiner Verteidigung anbot, seine Fähigkeit zu beweisen, würde er sich vermutlich wünschen, es lieber doch nicht getan zu haben ...
    Er konnte nicht zum Palast zurückkehren, um den »Versorgungsbeauftragten« zu beschuldigen.

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