Verrat in Freistatt
richtete der Hohepriester Vashankas sich auf und rieb sich sichtlich verärgert den Arm. Etwas Winziges fiel auf den Boden. Walegrin stieß es bitter auf, als der Rankaner sich danach bückte und sowohl es wie seinen Arm betrachtete.
»Es hat mir die Haut aufgeschnitten«, erklärte er. »Abfallsplitter«, sagte der Metallmeister und nahm den Splitter aus der Hand des Priesters.
»Ziemlich scharf. Wir sollten so etwas an unsere Schwertschneiden schmieden.« Fackelhalter lachte und griff wieder nach dem Splitter, der ihn verletzt hatte. »Hm, auch kein Glas ... Arbeitet Ihr an etwas Neuem?«
»Nein ...«
Walegrin konnte den Rest von Balustrus’ Antwort nicht hören. Sein furchtbenommener Verstand hatte den Lord und seinen Namen endlich richtig eingereiht. Es war die Fackel persönlich, der Kriegsgott-Priester. Als ob es nicht schon genügte, die kaiserliche Hierarchie hinter sich herschnüffeln zu haben! Nun war da auch noch der Kriegsgott - und die Heiligen Trupps?
Walegrin war von den Hüften abwärts wie gelähmt. Er konnte weder näher an den Vorhang heranschleichen noch davonlaufen. Die verdammten S’danzo und ihr Fluch! Sein verdammter Vater! Warum hatte er Rezzel bloß umbringen müssen und sich dadurch den übernatürlichen Fluch zugezogen?
Aber Molin Fackelhalter lachte jetzt, reichte dem Metallmeister einen kleinen prallen Münzbeutel und sagte einen flüchtigen Segen für seine Arbeit. Walegrin, dessen Gedanken in seiner Panik immer schneller als sein nüchterner Verstand waren, wußte, daß er verkauft war.
Als der Priester mit seiner Leibwache aus der Tür war, stellte Walegrin sich vor den verschrumpelten, lächelnden Balustrus.
»Hat es sich gelohnt?« fragte er scharf.
»Der Palast hat das beste Gold in der Stadt. Einiges davon ist wirklich in Ranke geprägt und seither nicht schon dreimal eingeschmolzen und mit Blei oder Zinn vermischt worden.« Balustrus blickte vom Zählen hoch und studierte Walegrins Gesicht. »Also, Sohn, was immer Ihr auch getan habt, daß Ranke hinter Euch her ist, Ihr braucht nicht zu glauben, daß ich auf ihrer Seite bin. Eure Geheimnisse sind bei mir vor Ranke sicher.«
Walegrin versuchte zu lachen, aber es gelang ihm nicht. »Und ich soll glauben, daß Fackel höchstpersönlich ganz zufällig hier hereinspaziert - und daß er sich ganz zufällig mit einem Erzsplitter sticht - und daß er Euch zufällig eine Doppelhand voll Gold gibt?«
»Walegrin! Walegrin!« Balustrus schwang sich auf seinem Sitz herum und wollte sich dem zornigen Soldaten nähern, doch Walegrin wich ihm mit Leichtigkeit aus. »Molin Fackelhalter hat mir lediglich bezahlt, was er mir schuldet - für die Herstellung von Vashankas Glocke. Es mag Euch vielleicht seltsam erscheinen, daß ein Mann wie er deshalb selbst hierherkommt - aber der Hierarch hatte von Anfang an ein persönliches Interesse an dieser Arbeit. Das kann Euch jeder in der Stadt bestätigen. Außerdem, wußte ich vielleicht, daß Ihr heute morgen hierherkommen würdet? Oder ahnte ich etwa, daß ich heute enlibrisches Erz in den Händen halten dürfte? Nein!
Nun, ich nehme an, Ihr werdet das glauben, was Ihr wollt, aber es war tatsächlich alles reiner Zufall. Und Fackelhalter hat keineswegs Verdacht geschöpft, denn hätte er das, dann wäre er noch hier, das könnt Ihr mir glauben. Und seid versichert, ich kenne ihn und den Rest besser, als Ihr Euch vorstellen könnt!«
Es war nicht das erste Mal, daß Balustrus andeutete, mehr zu wissen, als er durchblicken ließ. Doch das trug nicht gerade zu Walegrins Beruhigung bei. Kilite hatte häufig genau das gleiche getan - und Kilite hatte ihn schließlich betrogen. »Also, Metallmeister, wann kann ich meine Schwerter bekommen?« fragte er mit etwas ruhigerer Stimme.
»Das weiß ich wirklich nicht, Junge. Die Glocke ist fertig. Andere Aufträge habe ich für meine Gießerei im Augenblick nicht. Ich kann demnach mit Eurem Erz anfangen, sobald der Priester seine Glocke abgeholt hat. Aber, Walegrin, selbst wenn ich sofort über die richtigen Temperaturen stolpere, wird die Arbeit ihre Zeit brauchen. Ich habe nur zwei Gesellen, die mir helfen können. Wie gesagt, ich bin damit einverstanden, als Bezahlung Erz zu nehmen - aber mit ungeschmiedeten Schwertern kann ich keine Gehilfen anstellen. Außerdem kann ich mir nicht vorstellen, daß es Euch gefallen würde, heuerte ich Tagelöhner aus den Schenken an.«
Walegrin schüttelte den Kopf. Er hatte sich etwas beruhigt, schon deshalb, weil
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