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Verrat in Paris

Verrat in Paris

Titel: Verrat in Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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wenn er betrunken war, und er befand sich gerade wieder auf dem besten Wege dahin. Zwei Whiskey Sour, und der Mann fing an zu jammern, wie sehr er das gute alte England vermisste, wo man das Essen kochte, wie es sich gehörte, und nicht in dieser grässlichen Butter anbriet. Wo man sich ordentlich in der Schlange anstellte, wo die Menschen nicht nach Zwiebeln und Knoblauch stanken. Er lebte jetzt schon zu lange in Paris, vielleicht sollte er seinen Job bei der Bank an den Nagel hängen und nach England zurückkehren? Er hatte so viele Jahre in der Pariser Filiale der Bank of London gearbeitet, jetzt könnte er doch eigentlich Platz machen für die vielen jungen, intelligenten Manager, die nachrücken wollten.
    Lady Helena, die von ihrem Mann offensichtlich ebenso genervt war wie Anthony, sagte einfach: »Halt den Mund, Reggie« und bestellte ihm einen dritten Whiskey Sour.
    Auch Helena interessierte Anthony nicht. Sie erinnerte ihn an ein unangenehmes Nagetier. Sie war der totale Gegensatz zu seiner Mutter! Die beiden Frauen saßen sich auf den Gangplätzen gegenüber, Helena adrett und bieder in ihrem Hahnentrittkostüm, Nina in ihrem aufregenden Hosenanzug aus weißer Seide. Nur eine Frau mit ausgeprägtem Selbstbewusstsein konnte weiße Seide tragen – so wie seine Mutter eben. Auch mit 53 war Nina noch eine aufregende Frau, ihr dunkles, frisch frisiertes Haar zeigte kaum Spuren von Grau, und ihre Figur ließ Zwanzigjährige vor Neid erblassen. Kein Wunder, dachte Anthony, sie ist meine Mutter.
    Und wie üblich stichelte sie.
    »Wenn du und Reggie Paris so sehr hasst«, fragte Nina Helena schnippisch, »warum bleibt ihr dann da? Ich finde, Menschen, die diese Stadt nicht vergöttern, verdienen es nicht, dort zu leben.«
    »
Dir
gefällt Paris natürlich«, sagte Helena.
    »Es ist eine Sache der Auffassung. Wenn man offen ist für …«
    »Dafür sind wir natürlich viel zu steif«, fiel Helena ihr ins Wort.
    »Das habe ich nicht gesagt. Aber ihr habt eben die typisch britische Denkweise. Gott ist ein Engländer, nach diesem Motto.«
    »Ist er das nicht?« fragte Reggie dazwischen.
    Helena lachte nicht. »Ich denke nur«, sagte sie, »dass die Welt ein gewisses Maß an Ordnung und Disziplin braucht, damit sie funktioniert.«
    Nina sah Reggie an, der laut schlürfend seinen Whiskey trank. »Ja, man merkt sofort, dass Disziplin euch über alles geht. Kein Wunder, dass der gestrige Abend eine Katastrophe wurde.«
    »Wir waren es nicht, die die Wahrheit hinaustrompetet haben«, erwiderte Helena unwirsch.
    »Immerhin war ich nüchtern genug, um zu wissen, was ich sage!« konterte Nina. »Sie hätten es sowieso irgendwann rausgefunden. Nachdem Reggie die Katze aus dem Sack gelassen hatte, fand ich es nur fair, ihnen endlich die Wahrheit über Bernard und Madeline zu sagen.«
    »Und was ist dabei herausgekommen?« stöhnte Helena. »Hugh sagt, dass Beryl und Jordan heute Nachmittag nach Paris fliegen. Und dann werden sie anfangen, in der Vergangenheit herumzustochern.«
    Nina zuckte die Schultern. »Das ist doch so lange her.«
    »Ich verstehe nicht, wie dir das so gleichgültig sein kann. Schließlich bist du doch diejenige, der das am ehesten schaden könnte.«
    Nina sah sie stirnrunzelnd an. »Wie meinst du das?«
    »Ach, schon gut.«
    »Nein, raus damit! Was meinst du?«
    »Nichts«, beendete Helena die Unterhaltung.
    Anthony wusste, dass seine Mutter vor Wut kochte, denn sie ballte die Hände zu Fäusten. Und sie bestellte einen zweiten Martini. Als sie aufstand, um ein bisschen im Gang auf und ab zu gehen, folgte er ihr. Sie trafen sich am hinteren Ende des Flugzeugs.
    »Alles klar, Mutter?« fragte er.
    Nina starrte wütend in Richtung erste Klasse. »Es ist verdammt noch mal Reggies Schuld«, flüsterte sie. »Aber Helena hat Recht. Ich bin diejenige, der das schaden könnte.«
    »Nach all der Zeit?«
    »Sie werden die gleichen Fragen wieder stellen. In der Vergangenheit bohren. Und was ist, wenn diese Tavistock-Gören etwas herausfinden?«
    Anthony sagte ruhig: »Das werden sie nicht.«
    Ninas Blick traf seinen. Aus diesem einen Blick sprachen zwanzig Jahre Gemeinsamkeit. »Du und ich gegen den Rest der Welt«, hatte sie ihm früher immer vorgesungen. Und so hatten sie sich auch gefühlt – zu zweit in ihrem Pariser Apartment. Natürlich hatte sie ihre Liebhaber gehabt, unbedeutende Typen, kaum erwähnenswert. Aber Mutter und Sohn – eine stärkere Liebe gab es nicht.
    Er sagte: »Du hast nichts zu

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